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Schockwelle

Schockwelle

Titel: Schockwelle
Autoren: Clive Cussler
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wildesten Sturzseen dicht an die Brust gedrückt hatte, so daß er jetzt die Position des Floßes bestimmen konnte.
    »Schon näher am Land, Käpt’n?« fragte Ramsey.
    »Leider nicht«, versetzte Scaggs mit ernstem Ton. »Der Sturm hat uns nach Nordwest abgetrieben. Wir sind weiter von Neuseeland entfernt als noch vor zwei Tagen.«
    »Ohne Süßwasser werden wir mitten im Hochsommer auf der südlichen Erdhalbkugel nicht lange durchhalten.«
    Scaggs deutete auf zwei Dreiecksflossen, die keine fünfzehn Meter vom Floß entfernt das Wasser durchschnitten. »Wenn wir nicht binnen vier Tagen ein Boot sichten, Mr. Ramsey, dann, so fürchte ich, wird es ein Festmahl für die Haie geben.«
    Die Haie mußten nicht lange warten. Am zweiten Tag nach dem Sturm wurden die Leichen derer, die ihren aufgrund der tobenden See erlittenen Verletzungen erlagen, über Bord geworfen und verschwanden binnen kürzester Zeit im aufgewühlten, blutig schäumenden Wasser. Einer der Raubfische schien besonders unersättlich zu sein. Scaggs stellte fest, daß es sich um einen großen Weißen Hai handelte, die ob ihrer Freßgier meistgefürchtete Bestie des Meeres.
    Er schätzte, daß er sechs- bis siebeneinhalb Meter lang war.
    Doch der eigentliche Schrecken stand ihnen noch bevor.
    Dorsett war der erste, der etwas von den Greueltaten ahnte, die sich die armen Hunde auf dem Floß gegenseitig zufügen sollten.
    »Die haben irgend etwas vor«, sagte er zu Betsy. »Gefällt mir ganz und gar nicht, wie sie die Frauen anstarren.«
    »Von wem redet Ihr?« preßte sie zwischen ausgetrockneten Lippen hervor. Sie hatte ihr Gesicht mit einem zerfledderten Schal geschützt, doch ihre bloßen Arme und Beine waren, soweit sie der Rock nicht bedeckte, bereits von der Sonne verbrannt und voller Blasen.
    »Von der gemeinen Schmugglerbande am Heck, die von dem mörderischen Waliser angeführt wird, diesem Jake Huggins. Der schneidet Euch die Kehle durch, eh Ihr Euch verseht. Ich wette, die planen eine Meuterei.«
    Mit leerem Blick betrachtete Betsy die auf dem Floß hingestreckten Leiber. »Wieso sollten die so was in ihre Hand bringen wollen?«
    »Ich gedenke es herauszufinden«, sagte Dorsett und bahnte sich einen Weg zwischen den Sträflingen hindurch, die auf den feuchten Planken lagen und vor lauter Durst nicht mehr wahrnahmen, was um sie herum vorging. Er bewegte sich unbeholfen, war ärgerlich darüber, wie steif seine Gliedmaßen durch Bewegungsmangel und das stundenlange Festklammern an den Tauen geworden waren.
    Kaum jemand wagte es, sich den Verschwörern zu nähern, doch er drängte sich kurzerhand durch Huggins’ Gefolgsleute.
    Sie tuschelten leise miteinander, ohne ihn zu beachten, und warfen Sheppard und seinen Soldaten wilde Blicke zu.
    »Was schnüffelst du denn hier rum, Dorsett?« knurrte Huggins.
    Der Schmuggler war klein und untersetzt, hatte einen mächtigen Brustkasten, langes, verfilztes sandfarbenes Haar, eine riesige, plattgedrückte Nase und einen breiten Mund voller Zahnlücken und schwarz verfärbter Stummel. Eine abscheuliche Fratze, zumal er so aussah, als hätte er das Gesicht ständig zu einem lüsternen Grinsen verzo gen.
    »Ich dachte, ihr könntet einen guten Mann gebrauchen, der euch dabei hilft, das Floß in eure Gewalt zu bringen.«
    »Du willst wohl an der Beute teilhaben und ein bißchen länger leben, was?«
    »Ich sehe keine Beute, mit der sich unser Elend verlängern ließe«, erwiderte Dorsett ungerührt.
    Huggins lachte und entblößte seine fauligen Zähne. »Die Weiber, du Narr.«
    »Wir sterben alle vor Durst in dieser gräßlichen Hitze, und du willst der Fleischeslust frönen?«
    »Für einen berühmten Wegelagerer bist du ganz schön blöd«, versetzte Huggins gereizt. »Wir wollen die Süßen nicht aufs Kreuz legen, wir haben uns gedacht, sie auszuweiden und ihr zartes Fleisch zu essen. Die anderen, Bully Scaggs, seine Seeleute und die Soldaten, können wir uns aufheben, bis wir richtig Hunger haben.«
    Dorsett dachte zunächst, Huggins mache einen ekelhaften Scherz, doch der lauernde Blick in seinen boshaft glitzernden Augen und das grausige Grinsen verrieten nur zu deutlich, daß es ihm todernst war. Die Vorstellung war so gräßlich, daß Dorsett von Abscheu und Entsetzen erfaßt wurde. Doch da er ein vollendeter Schauspieler war, zuckte er nur gleichgültig mit den Schultern.
    »Wozu die Eile? Morgen um diese Zeit könnten wir schon gerettet werden.«
    »In nächster Zeit wird weder ein Schiff noch eine
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