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Schockwelle

Schockwelle

Titel: Schockwelle
Autoren: Clive Cussler
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übertönten, waren Scaggs’ heftige Flüche und lautstarke Befehle, als er seiner Besatzung zuschrie, sie solle die aufgestapelten Vorräte mit zusätzlichen Leinen sichern. Die Seeleute mühten sich, die Kisten und Fässer festzuzurren, doch im selben Augenblick türmte sich eine gewaltige Sturzsee auf, brach über das Floß herein und drückte es tief unter Wasser. Gut eine Minute lang war jeder auf diesem erbärmlichen Floß davon überzeugt, daß sein letztes Stündlein ge schlagen hatte.
    Scaggs hielt die Luft an, schloß die Augen und fluchte mit geschlossenem Mund weiter. Die Wassermassen schlugen mit solcher Wucht auf ihn ein, daß er das Gefühl hatte, er werde zerquetscht.
    Es dauerte eine halbe Ewigkeit, so schien es, ehe das Floß wieder schwerfällig aus der kochenden Gischt auftauchte, um erneut vom Wind erfaßt zu werden. Die Schiffbrüchigen, soweit sie nicht in die See gerissen worden waren, atmeten tief durch und spien das Salzwasser aus.
    Der Kapitän sah sich auf dem Floß um und war entsetzt.
    Sämtliche Vorräte waren weggespült und auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Und was noch schrecklicher war: Die schweren Kisten und Fässer waren wie eine Lawine durch die dichtgedrängten Sträflinge gepflügt und hatten die armen Teufel, die ihnen in den Weg geraten waren, verstümmelt und über Bord gerissen. Ihre jämmerlichen Hilfeschreie verhallten ungehört, denn die tobende See verhinderte jeglichen Rettungsversuch. Die Überlebenden konnten lediglich um ihre unglücklichen Gefährten trauern.
    Die ganze Nacht hindurch waren das Floß und seine ohnmächtigen Passagiere dem Sturm und den Wellen ausgesetzt, die fortwährend über sie hinwegrollten. Am Morgen darauf beruhigte sich die See, und der Wind legte sich, bis nur mehr eine leichte Brise von Süden blies. Doch nach wie vor achteten aller Augen darauf, ob sich nicht irgendwo erneut eine trügerische Sturzsee auftürmte, um unverhofft über die halbertrunkenen Überlebenden hereinzubrechen.
    Als Scaggs endlich aufrecht stehen und das ganze Ausmaß des Schadens in Augenschein nehmen konnte, stellte er erschrocken fest, daß nicht ein einziges Faß mit Lebensmitteln oder Wasser von der tobenden See verschont geblieben war.
    Eine weitere Katastrophe.
    Von den Segeln waren nur mehr ein paar Fetzen Leinwand übriggeblieben. Er gab Ramsey und Sheppard den Befehl festzustellen, wie viele Vermißte sie zu beklagen hatten. Sie kamen auf sechzehn.
    Bekümmert schüttelte Sheppard den Kopf, als er die Überlebenden musterte. »Arme Bande. Die sehen aus wie ersäufte Ratten.«
    »Laßt jede Leinwand, die wir noch haben, auslegen und fangt damit so viel Wasser wie möglich ein, ehe der Regen aufhört«, befahl Scaggs Ramsey.
    »Wir haben keine Behältnisse mehr, in dem wir’s aufbewahren können«, sagte Ramsey mit ernster Miene. »Und womit wollen wir segeln?«
    »Sobald alle genug getrunken haben, flicken wir die Segel, so gut es geht, und steuern weiter Kurs Ost-Südost.«
    Als sich allmählich wieder Leben auf dem Floß regte, befreite sich Dorsett aus den Wanten und packte Betsy an der Schulter.
    »Seid Ihr verletzt?« fragte er.
    Sie schaute ihn durch die langen Haarsträhnen an, die an ihrem Gesicht klebten. »Zum königlichen Ball kann ich nicht gehen, solange ich ausseh’ wie ‘ne ersäufte Katze. So durchgeweicht ich auch bin, ich bin froh, daß ich noch lebe.«
    »Es war eine schlimme Nacht«, versetzte er grimmig. »Und ich fürchte, es wird nicht die letzte gewesen sein.«
    Noch während Dorsett ihr beistand, meldete sich die Sonne mit aller Macht zurück. Ohne die Persenning, die von Wind und Wogen weggerissen worden war, gab es keinerlei Schutz vor der glühenden Hitze. Bald darauf stellten sich quälender Hunger und Durst ein. Jeder Krümel Nahrung, den man zwischen den Planken fand, war binnen kürzester Zeit verzehrt, und auch das bißchen Regenwasser, das man mit den zerfetzten Segeln aufgefangen hatte, war rasch aufgebraucht.
    Als man die zerfledderten Leinwandreste wieder setzte, mußte man feststellen, daß sich das Floß mit diesen Notsegeln kaum fortbewegte. Wenn der Wind von achtern kam, ließ sich ihr schwimmender Untersatz steuern. Doch jeder Versuch aufzukreuzen führte lediglich dazu, daß sich das Floß unkontrolliert drehte und quer zum Wind liegenblieb. Dieses steuerlose Dahintreiben trug noch mehr zu Scaggs’ Verbitterung bei. Wenigstens hatte er seine Navigationsinstrumente retten können, die er mitten in den
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