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Schnappschuss

Schnappschuss

Titel: Schnappschuss
Autoren: Garry Disher
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… die Zeit verging. Manche blieben stehen, schlenderten in eine andere Spielecke oder schlossen sich ihnen an. »Gefällt dir das?«, fragten sie, »oder das?«
    »Hier oder da?«
    »Was ist dir lieber?«
    »Darf ich das hier machen?«
    »Was macht dich an?« Gegen Mitternacht hatte Janine mit drei Männern geschlafen.
    Ihre persönliche Erweckung erlebte sie, anders als Robert beabsichtigt hatte, als sie vor ein paar Wochen Liebe und Erregung in den Armen eines Mannes fand, der nicht zudieser Swingerszene gehörte.
    Janine schlug sich die Gedanken daran aus dem Kopf und konzentrierte sich auf die Straße. Jetzt, da sie auf der Penzance Beach Road war, fühlte sie sich etwas sicherer. Sie fuhr durch eine Gegend mit asphaltierten Straßen, von denen Schotterwege abzweigten, und kam an Weingütern, Beerenfarmen, Kunsthandwerksgalerien vorbei und begegnete dabei mehr Autos, als ihr eigentlich lieb war. Von Westernport aus hatte sich dichter Nebel über die Halbinsel gesenkt. Sie versuchte, sich im Geiste die Fahrtroute vorzustellen, aber sie war noch nie hier entlanggefahren. Robert war der Fahrer in der Familie.
    Robert mit seinem Blödsinn von wegen höherer Form sexueller Freiheit. Von Anfang an hatte Janine gewusst, dass Robert und die anderen die ganze Angelegenheit nur ins rechte Licht rücken wollten, damit sie sich wegen dessen, was sie da in Wahrheit taten, besser fühlten. »Die Aufhebung der Eifersucht« nannten sie das, »wahrhaftiges Teilen« und eben »die höchste Form sexueller Freiheit«. Janine hatte auf ein paar Websites noch mehr solcher Sprüche gefunden: »Spaß und Erotik für alle gemeinsam«, verkündete ein Anbieter, der auch Kleinanzeigen schaltete, die darauf abzielten, gleichgesinnte Pärchen zusammenzubringen.
    Auch in den Verhaltensregeln kam dieser Ton durch. Natürlich nannte sie niemand Verhaltensregeln, sondern »Umgangsformen«: vorher duschen, Safer Sex, kein Analverkehr, die Wünsche des anderen respektieren. Nein heißt Nein, erst fragen und den passenden Augenblick abwarten, zuschauen erlaubt. In den Spielbereichen nur erotische Kleidung, einen Drink zur Auflockerung gern, aber niemand will mit einem Betrunkenen zusammen sein.
    Trotz all des Unsinns drumherum war es beim ersten Mal durchaus erregend gewesen, und so blieb es auch eine Weile. Manchmal passten die Bestandteile – die Gerüche, Geräusche, Eindrücke – so gut zusammen, dass Janine ganz geil wurde. Frei, lebendig oder leicht verrucht, um nur einiges von dem Blödsinn zu nennen, den die anderen ab und zu von sich gaben, kam sie sich allerdings nicht vor. Und ihre Beziehung zu Robert hatte sich auch nicht gebessert – nicht, dass sie das damals gewollt hätte und heute, wo sie einen echten Mann, die echte Liebe gefunden hatte, erst recht nicht. Janine empfand das alles eher als harte Arbeit, und sie verachtete das ganze Drumherum. Alle waren so nett, bemühten sich so sehr darum, dass alle Gelegenheit hatten, in dieses einzudringen, jenes zu berühren, dieses zu lutschen, jenes zu streicheln, tu dies, bitte, tu das noch mal, bitte. Sie war Psychologin von Beruf, aber man brauchte keinen Universitätsabschluss, um zu erkennen, dass diese ganze Sexpartyszene auf die Bedürfnisse des Mannes zugeschnitten war, nicht auf die der Frau, und ganz symptomatisch war für fundamentale Ängste, für das verzweifelte Klammern an die Jugend, für die Suche nach Selbstachtung und für den jämmerlichen, illusorischen Wunsch, begehrt und geliebt zu werden.
    Robert und seine Kumpel brauchten mal eine gehörige Portion Wirklichkeit. Die Möglichkeit dazu war Janine in den Schoß gefallen. Vor genau einer Woche hatte der Waterloo Progress ,eine kleine Wochenzeitung, einen langen Artikel über die Swingerszene veröffentlicht. Die Herausgeberin hatte offenbar an einer Party irgendwo auf der Halbinsel teilgenommen und mit Einverständnis der Veranstalter und Teilnehmer darüber geschrieben. Der Artikel hatte bei den braven, anständigen Bürgern, die insgeheim nach etwas Würze in ihrem Leben gierten, für ziemlichen Wirbel gesorgt. Keine Fotos, keine echten Namen – und genau das hatte Janine auf die Idee gebracht. Gestern dürften Robert und drei seiner Kumpel ihre Post geöffnet und Fotos von sich in all ihrer natürlichen Schönheit gefunden haben, wie sie es vor einem Haufen anderer Nackter mit Frauen trieben, die nicht ihre Ehefrauen waren.
    Mit einem normalen Fotoapparat oder einer kleinen Spionkamera hätte sie die Aufnahmen
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