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Schmutzige Kriege

Schmutzige Kriege

Titel: Schmutzige Kriege
Autoren: Jeremy Scahill
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»natürlich sehr erschrocken. Es war eine sehr beängstigende Situation für uns.« Aber »Samir war ja an einer Universität, und so dachten wir nicht, dass er in Gefahr sei«. Samir war jedoch nicht mehr in der Universität. Er steuerte geradewegs ins Zentrum eines sich ausweitenden Kriegs der USA gegen AQAP.
    In einem al-Qaida-Lager im Jemen taucht man nicht einfach so auf und wird mit offenen Armen empfangen. Es gibt ein Überprüfungsverfahren. Aber durch seine Blogs und seine Online-Magazin war Khan bereits eine bekannte Größe, und die AQAP-Führung war sehr angetan von der Vorstellung, einen amerikanischen Dschihadisten in ihren Reihen zu haben. Nach seiner Ausbildung konnte es Khan kaum erwarten, am bewaffneten Kampf teilzunehmen. »Samirs Sehnsucht, im Namen Allahs zum Märtyrer zu werden, war außergewöhnlich«, berichtete sein Freund Abu Jazid. Einmal schickte ihm Khan eine SMS, in der stand: »Wir sind hergekommen, um Märtyrer zu werden, mein Bruder. Wir werden nicht wieder gehen, bevor erreicht ist, wofür wir hier sind.« AQAP veröffentlichte schließlich Fotos, auf denen Khan Waffen schwingend und im Nahkampf zu sehen war, aber nach Ansicht der Mudschahedin lag Khans größtmöglicher Beitrag in seiner Rolle als Propagandist. Als er schließlich zu einem AQAP-Stützpunkt kam, lauschten die jemenitischen und saudischen Dschihadisten, denen er begegnete, seinen Geschichten von der Überwachung durch das FBI und den Schikanen der US-Regierung. Und sie studierten eifrig seine Artikel und früheren Arbeiten in seinen Online-Magazinen.
    Â»Ich erfuhr, dass er einen sehr weiten Weg unter sehr schwierigen Umständen gegangen war, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass er steckbrieflich gesucht wurde und die CIA ihn jagte«, schrieb Abu Jazid. »Seine Waffen zur Verteidigung des Islam waren sehr simpel – ein Laptop und eine Kamera. Doch er hatte Munition in Überfülle. Diese Munition war der Glaube an den Dschihad in Allahs Fußstapfen.« Khans neue Freunde fanden sein breites Grinsen ansteckend und baten ihn oft, »auf Englisch« zu lachen. Sie »fühlten sich von ihm motiviertund inspiriert, da er um der Sache des Islam willen den Ozean überquert hatte«.
    Obwohl Khan von der Ausbildung an den Waffen ganz begeistert war, teilte ihn die AQAP-Führung ihrer Medienabteilung zu. Er sollte beim Aufbau einer englischsprachigen Publikation zur Verbreitung ihrer Botschaft in der muslimischen Diaspora helfen. Geplant war eine professionell gemachte, hochqualitative Online-Zeitschrift mit dem Titel
Inspire.
Auf der Volkshochschule in North Carolina hatte Khan sich mit Webdesign befasst und bereits mehrere eigene Websites sowie ein Online-Magazin kreiert ähnlich dem, das AQAP vorschwebte. 3 Während sich Khan in das Leben bei AQAP eingewöhnte, bestand seine Hauptaufgabe darin, »im Internet verstreute Einzelpersonen miteinander in Verbindung zu bringen und ihnen Hilfestellung zu leisten«, sagte der ausgewiesene AQAP-Experte Aaron Zelin. »Er war ein [derart] wichtiges Verbindungsglied, dass ohne ihn die Rekrutierung viel schwieriger gewesen wäre, vor allem nachdem Awlakis Website aus dem Netz genommen worden war. Khan verstand es, die Jugend im Westen anzusprechen, ohne überheblich zu wirken. Seine Methode sah ungefähr so aus: ›Schaut her, ich bin nur ein Durchschnittstyp, nicht mal ein Religionsschüler, und trotzdem habe ich es geschafft, mich dem Dschihad anzuschließen, um die Abtrünnigen und die zionistischen Kreuzzügler zu bekämpfen. Also könnt ihr es auch.‹« 4
    Bei der ersten Ausgabe von
Inspire
übernahm Khan des grafische Design, die Redaktion und einige Übersetzungen. Dafür legte er sich mehrere Noms de Guerre zu, darunter al-Qaqa al-Amiriki und Abu Shidah, Vater der Erbarmungslosigkeit. »Meiner Ansicht nach wählte er einen möglichst drastischen Kampfnamen, um die Feinde des Islam einzuschüchtern«, erklärte Abu Jazid. Khan stürzte sich geradezu in die Arbeit für
Inspire
und lernte leidenschaftlich Arabisch. Wenn seine Kameraden versuchten, bei ihm ihr Englisch zu üben, antwortete Khan auf Arabisch. »Ich kann mich nicht erinnern, dass wir uns einmal zusammengesetzt haben, außer wenn er mich etwas zum arabischen Vokabular fragen wollte«, berichtete sein Freund. »Jedes Mal, wenn ich ihn traf, stellte ich
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