Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schmutzige Kriege

Schmutzige Kriege

Titel: Schmutzige Kriege
Autoren: Jeremy Scahill
Vom Netzwerk:
11. September. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis wurde er weiter schikaniert und beschloss deshalb, die jemenitische Hauptstadt Sanaa zu verlassen und in einer kleinen Stadt im Südjemen zu leben. Wieder tauchten viele Monate lang amerikanische Spionageflugzeuge über der Stadt auf, und als er erfuhr, dass er verfolgt wurde, um ihn erneut ins Gefängnis zu stecken, zog er sich in die Bergregion im Gouvernement Schabwa zurück, in das Land seiner Vorfahren.
    Am Mittwoch, dem 27. Januar 2010, veröffentlichte die
Washington Post
einen Artikel von Dana Priest, in dem es hieß, Sie hätten den Luftschlag vom 24. Dezember angeordnet, als »sich Anwar angeblich mit al-Qaida-Führern traf«.
    Weiter berichtete die
Washington Post,
CIA und JSOC hätten Anwar auf eine Liste sogenannter »hochrangiger Ziele« gesetzt, deren Gefangennahme oder Tötung sie beabsichtigen in der Annahme, Anwar Al-Aulaqi sei »ein al-Qaida-Führer«. Sie wissen so gut wie ich, dass Anwar Al-Aulaqi niemals ein Mitglied dieser Organisation war, und ich hoffe, er wird es auch niemals werden. Er ist einfach nur ein Prediger, der das Recht hat, die Botschaft des Islam zu verbreiten, wo auch immer, das ist absolut legal und von der amerikanischen Verfassung geschützt. Deshalb hoffe ich, dass Sie Ihren Befehl überdenken, meinen Sohn in der irrigen Annahme gefangen zu nehmen oder zu töten, er sei ein Mitglied von al-Qaida. Mr. President, ich möchte noch einmal wiederholen, dass mein Sohn unschuldig ist, dass er nichts mit Gewalttätigkeiten im Sinn hat und lediglich ein Islamgelehrter ist, und das hat, glaube ich, nichts mit Terrorismus zu tun. Deshalb bitte ich Sie noch einmal, das amerikanische Gesetz zu respektieren, und wenn Anwar irgendetwas Falsches getan hat, sollte er gemäß dem amerikanischen Gesetz belangt werden.
    Hochachtungsvoll
    Nasser A. Al-Aulaqi
    Professor der Agrarwissenschaft
    Universität Sanaa
    Republik Jemen

  37   „Wir sind hergekommen, um Märtyrer zu werden, mein Bruder.“
Jemen, 2009–2010
    Kaum im Jemen angekommen, verlor Samir Khan sein Mobiltelefon. So etwas passiert Touristen und Studenten auf der ganzen Welt. Aber für Khan war dieser Verlust dramatisch. Sein Mobiltelefon war die einzige Möglichkeit, mit den Leuten in Verbindung zu treten, die er im Jemen finden wollte: die Mudschahedin. Khan hatte die Mobilfunknummer eines Mannes, der ihn angeblich mit AQAP in Kontakt bringen konnte. Die beiden hatten SMS-Nachrichten ausgetauscht und geplant, sich zu treffen, als Khans Telefon verschwand. Der junge Amerikaner mit pakistanischen Wurzeln geriet in Panik. »Er war wie am Boden zerstört, weil das seine einzige Verbindungsmöglichkeit zu den Mudschahedin war«, erzählte sein Freund Abu Jazid, ein bekennender Dschihadist. »Trotzdem dachte er nie daran, zurückzufliegen.« 1 Khan blieb nichts übrig, als in die Moscheen zu gehen und zu hoffen, dort jemandem zu begegnen, der ihm den Kontakt vermitteln konnte. Eines Abends, mitten im Gebet, tippte ihm ein Mann auf die Schulter. »Bist du Samir?«, fragte er. Khan nickte. »Ich bin der Bruder des Mannes, dem du die SMS geschickt hast«, erklärte der Unbekannte. Bald darauf packte Khan seine Habseligkeiten, verließ Sanaa und unternahm von da an keinen Versuch mehr, so zu tun, als wäre er in den Jemen gereist, um an einer der Universitäten Englisch zu unterrichten oder Arabisch zu lernen. Er war auf dem Weg, bei den Mudschahedin den Dschihad zu studieren, die ihn als einen ihrer Muhadschirin (Emigranten) willkommen heißen würden.
    Unterdessen tauchten in Khans Haus in North Carolina FBI-Agenten auf. »Sie hatten erfahren, dass Samir in den Jemen gereist war«, berichtete seine Mutter Sarah Khan. »Und sie fragten, wie er dorthin gekommen sei und so weiter und ob wir Verbindung zu ihm hätten.« 2 Die Agenten wollten wissen, »mit wem er dort in Kontakt stand und Ähnliches.Wir hatten schon verschiedentlich in den Nachrichten, im Internet und in den Zeitungen gesehen, dass das FBI Muslime überprüfte, deshalb dachten wir, dass es sich jetzt auch um so etwas handelte.« Sarah Khan hatte die Meldungen über den Einsatz von amerikanischen Cruise Missiles im Jemen und über den »Unterhosenbomber« verfolgt. Als Mutter eines Sohns, der, wie sie glaubte, an einer jemenitischen Universität studierte, war sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher