Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schmerzverliebt

Schmerzverliebt

Titel: Schmerzverliebt
Autoren: Kristina Dunker
Vom Netzwerk:
er.
    »Was soll das? Wer macht so was?« Sie stemmt ärgerlich die Hände in die Hüften.
    Sebastian antwortet nicht, deutet aber mit einer Kopfbewegung auf Connys Haus.
    »Doch nicht meine Freundin!«
    »Vielleicht dein Bruder Benne. Wir sollten lieber doch nicht zusammen nach Hause gehen.«
    »Warum sollte Benne sich so blöde Streiche ausdenken? Das war er nicht! Aus dem Alter ist er ja wohl raus.«
    Pia zieht ihr Portemonnaie aus der Tasche, dreht ihm den Rücken zu und beugt sich über den Lenker. Er sieht, wie eine Maus nach der anderen kurzerhand mit einem kleinen Gegenstand abgeschnitten wird und auf den Asphalt fällt.
    Mädchen, denkt er, müsste man sein, die haben immer alles dabei: Lippenstifte, um Nachrichten auf Badezimmerspiegel zu schreiben, oder Nagelscheren, um erhängte Zuckermäuse ab zuschneiden. Außerdem sind sie viel cooler, zupackender. Ihm jedenfalls zittern die Hände.
    »So, und jetzt komm!« Sie steckt das Portemonnaie in die Hosentasche zurück, nimmt das Rad und kickt die Mäuse auf das Blumenbeet. »Aus die Maus. Los, von solchen Armleuchtern lassen wir uns nicht den Abend verderben!«

5 Pia
    Mein Lieblingsplatz ist ein Angelteich, der in einem winzigen Naturschutzgebiet nur wenige Gehminuten von Connys Haus entfernt liegt. Ich habe mich schon immer gefragt, warum man in einem Naturschutzgebiet angeln darf. Sind denn Fische nicht geschützt?
    Sebastian weiß darauf auch keine Antwort.
    »Vielleicht gibt es sonst zu viele Fische«, sagt er leichthin, aber ich merke, dass er mit seinen Gedanken ganz woanders ist und über so was nicht diskutieren will. Also schweigen wir.
    Es ist Mitte Juni und einer der wärmsten Tage bisher. Im Wald tanzen Zuckmückenschwärme über den Wegen, der rote Fingerhut blüht und irgendwo singt eine Amsel.
    »In der Natur fühle ich mich viel wohler als in Connys verrauchtem Partykeller«, sage ich. Sebastian nickt abwesend.
    »Da vorn ist es!« Ich zeige auf den kleinen See. Er ist fast quadratisch und nicht wirklich verwunschen, man hört natürlich die Autobahn und die Güterzüge, die direkt am gegenüberliegenden Ufer vorbeirumpeln, aber trotzdem ist er eine Oase, es gibt etwas Schilf und sogar Seerosen, zwischen denen Stockenten dümpeln. Das Beste aber ist ein Holzsteg, der etwa bis zur Mitte des Teichs ins Wasser ragt und an dessen Ende eine Bank steht.
    »Hier sitze ich oft«, sage ich, als wir sie erreichen. »Gefällt’s dir?«
    Sebastian lässt sich auf die Bank plumpsen.
    »Ja. Das könnte auch mein Lieblingsplatz sein.« Er lächelt erleichtert, lehnt den Kopf zurück, sieht mich an. »Ich bin noch immer ganz fertig.«
    »Ach, lass dich von solchen Dummköpfen nicht aufziehen. Jemandem Zuckermäuse ans Fahrrad hängen, das ist Kindergartenniveau! Wie kannst du nur darauf kommen, dass ausgerechnet Benne da mitgemacht hat? Das ist völlig absurd, Dicksein ist für Benne kein Grund, jemanden zu ärgern.«
    Sebastian schweigt.
    »Hey«, sage ich tröstend, lege ihm den Arm um die Schultern, rücke zu ihm heran, nicht zu dicht, aber auch nicht zu weit weg.
    »Ich bin schon wieder okay.«
    »Wirklich?« Ich kitzele ihn ein bisschen, und er schrickt zusammen, rückt ab von mir.
    »Pia«, sagt er atemlos, »ich hab noch nie ein Mädchen angesprochen, ich weiß nicht, was ich machen soll …, ich …«
    »So? Was machst du denn sonst den ganzen Tag?«
    »Ich füttere meine Fleisch fressende Pflanze mit Fliegen, ich füttere mich selbst mit Schokolade, ich schaue mir Segelzeitschriften an, ich lese, ich treffe mich mit meinen Freunden …«
    »Sind da etwa keine Mädchen dabei?«
    »Doch, aber …«
    »Aber?«
    »Nicht solche wie du.«
    Ich sehe ihn irritiert an und muss plötzlich lachen. »Das glaub ich dir gerne.«
    »Wieso?«, fragt er neugierig, und als ich weiterhin lache, gibt er es auf, bestimmt hat er eingesehen, dass es sinnlos ist, auf eine Antwort zu warten, die er sowieso nicht bekommen wird, und da vergisst er seine Scheu und seine Sorgen und lacht einfach mit.
    »Was kannst du eigentlich noch außer Wespen verjagen und Peperoni vertilgen?«, fragt er vergnügt. »Kannst du Steinchen übers Wasser hüpfen lassen?«
    »Natürlich.«
    »Wie oft?«
    »Fünf-bis siebenmal.«
    »Ich schaffe neun, wetten?«
    »Glaub ich nicht.«
    »Was glaubst du denn? Dass sie bei mir wie nasse Säcke reinplumpsen, so: platsch!« Sebastian lässt sich im Spaß halb von der Bank fallen. Für sein Gewicht ist er ganz schön gelenkig.
    »Haargenau das hab ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher