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Schmeckt's noch?

Schmeckt's noch?

Titel: Schmeckt's noch?
Autoren: Werner Lampert
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richten, vertraut uns nur.“ Die Bauern wurden zu Lemmingen gemacht, und ihr Zug nähert sich unaufhaltsam dem Abgrund.

    „Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“, meinte Ingeborg Bachmann — aber nur den Menschen, die man ernst nimmt, vor denen man Respekt hat, deren Arbeit geschätzt wird, und nur dann, wenn man sie als tragende Säule der Gesellschaft anerkennt. Sie, die Bauern, tragen für unser Wohlergehen, für unser Essen und für unsere Kulturlandschaft — Erholungslandschaft — die Verantwortung. Das gehört zu den Aufgaben des Bauern.

    Bauern, wacht auf! Nehmt euer Schicksal in die Hände! Niemand wird es für euch richten. Es liegt allein in eurer Hand, ob ihr eine Zukunft habt.

    Wir brauchen eine neue Qualität von landwirtschaftlicher Arbeit und einen neuen Qualitätsbegriff für Lebensmittel. Die, von denen wir unsere Lebensmittel beziehen, die Bauern, brauchen eine Zukunftsperspektive — keine Zukunftsillusion — und eine realitätskonforme Orientierung.

    Können Sie sich noch erinnern, was mein Freund über die wesentliche Aufgabe des Bauern sagte? „Wir stellen Lebensmittel her für den Körper, den Geist und die Seele.“ Ein Großteil der Landwirte wird dieser Aufgabenstellung nicht mehr gerecht. Die Bauern produzieren (auf Teufel komm raus) Mengen und Massen. Sie produzieren Milchmengen, die in Tankwagen durch halb Europa gekarrt werden müssen, um irgendwo einen Abnehmer zu finden. Die Kühlhäuser sind angefüllt mit Butter- und Fleischbergen, die Lager voll mit Getreide, das wieder mit Subventionen gestützt werden muss. Hektar um Hektar Salate müssen eingeackert werden. Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen, und im selben Maße, wie die Produktion angeheizt wird, verfallen die Preise. So lagen 2004 die Bauernpreise für konventionelle Erdäpfel bei 6 Cent/kg. Bei Zwiebel betrug der Jahresdurchschnittspreis, den der Bauer erhielt, etwa 1 Cent/kg. Bei diesen Preisen ist es müßig, über Qualität zu reden. Ein Teufelskreis ohne Ende.

    Der Druck auf die Erzeugerpreise wird in den nächsten Jahren noch zunehmen. Große Teile unserer Bauern produzieren eine anonyme Masse und eine beliebige, zu jeder Zeit austauschbare Qualität. Sie schufen in den letzten Jahren mit viel Aufwand und Mühe einen Angebotsmarkt, aber keinen Nachfragemarkt. Ihre Unverzichtbarkeit als Nahversorger, als Qualitätsproduzent unserer Lebensmittel, konnten sie nicht darstellen. Das, was sie produzieren, wird nicht wirklich gebraucht, man könnte es auch anderswo — womöglich noch billiger — beziehen.
    Stellen Sie sich vor, Ihre Arbeit ist nicht gefragt und man könnte zu jeder Zeit auf Sie verzichten. Genauso fühlen sich große Teile der Bauernschaft. Welche Auswirkung das auf das Selbstwertgefühl hat, und dass der Preis dafür Orientierungslosigkeit ist, ist leicht nachzuvollziehen.

    In den Gunstlagen — den Ackerbaugebieten — sehen viele die Morgenröte aufziehen. Ein Hoffnungsstreifen. Ein Tor öffnet sich zu einer neuen Sackgasse, wie ich meine.

    „Seine Zuversicht ist ein dünner Faden,
    und ein Spinngewebe ist das, worauf er vertraut.“
    Hiob 8,14

    Zum großen Befreiungsschlag setzen sie an. So wie der Großteil der Landwirtschaft betrieben wird, ist sie zu einem Moloch geworden, zu einem gewaltigen Energieverschleisser . Es muss mehr an Energie eingesetzt werden als erwirtschaftet wird.

    Manpower, Düngemittel, Pestizide, Herbizide, Fungizide, Lagerschutzmittel, Hemmstoffe, Leistungssteigerer , Arzneimittel, zugekaufte Futtermittel, technologischer Einsatz, Lagerkapazitäten, Transportaufwände usw.

    Das ist eine der Miseren der Landwirtschaft. Das, was an Energie in die Landwirtschaft hineingesteckt wird, kann nicht als Ertrag lukriert werden. Die Energiebilanz in dieser Art von Landwirtschaft kann nur negativ sein.

    So scheint es doch das Beste zu sein, alles zu Energie zu machen. Diese Herren sind in Wirklichkeit nichts anderes als verkappte Alchemisten — sie versuchen den Traum der Alchemisten, die totale Umwandlung der Natur, die Transformation der Natur in Energie. Mircea Eliade nennt es die säkulare Version des Traums der Alchemisten.

    Am Ende dieses Tuns steht die Vision der Ratlosen, die in ihrer Hilflosigkeit nur noch Anleihen im Magischen nehmen können, von einer Landwirtschaft als eines Teiles des Perpetuum mobile. Auch hier wird sich die Idee des Perpetuum mobile einmal mehr als eine Wahnidee erweisen. Die wiederum die Misere im ländlichen Raum mehren und
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