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Schmeckt's noch?

Schmeckt's noch?

Titel: Schmeckt's noch?
Autoren: Werner Lampert
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unrentabel. Also kam das Vieh von den Höfen. Frohen Mutes gingen sie diese Art der Landwirtschaft an. Zudem waren sie der täglichen Last mit den Tieren entledigt, und nun war auch das zu kurz gegriffen.

    Die Natur und die rechte bäuerliche Arbeit mit der Natur sind miteinander verwoben, es ist ein unerschöpfliches Netzwerk von Informationsmaterial, das da pulsiert. Wen wundert es, dass die Bauern zum großen Teil orientierungslos wurden. Die Gesellschaft braucht große Teile von ihnen nicht mehr, und vor allem auf die Früchte ihrer Arbeit können wir gut verzichten.

    Der Sinn fürs Bauer-Sein, der Sinn für Tier und Pflanze, der Sinn für diesen Organismus, für diese Organisationsform, der Sinn für die Einheit eines Landwirtschaftswesens — dieser Sinn wurde und wird von der Politik und der Wirtschaft trivialisiert und den zukunftslosen Romantikern zugeordnet. Sie übersehen geflissentlich, dass ihr Tun und ihre Ratschläge keine Zukunft haben, weil sie sich niemals der Realität der Natur stellen.

    Aus Angst vor der Wirklichkeit, in die die politisch Verantwortlichen die Landwirtschaft führen, lassen sie uns ein bäuerliches Leben vorgaukeln — denken wir nur an die allabendliche TV-Werbung mit der glücklichen Kuh, den frohen Bauern, dem taufrischen Gemüse — , das es längst nicht mehr gibt. Schein und Wirklichkeit klaffen nirgendwo so weit auseinander wie hier. Die Bauern werden zu Karikaturen ihrer selbst. Auch die Unverfrorenheit im Umgang mit diesem Thema ist nirgends größer.

    Unter diesem Narkotikum dämmert nicht nur die Landwirtschaft dahin, sterben die Bauern weg, auch die Konsumenten werden im Dämmerschlaf gewiegt. Ihre Interessen werden mit Füßen getreten, und als Antwort auf ihre Fragen wird ihnen auf ihre Kosten — denn letztendlich bezahlt alles der Endverbraucher — eine unappetitliche Scheinwelt vorgespielt. Konsumenten wollen für ihr Geld gesunde, frische Lebensmittel, die nicht hoch subventioniert quer durch Europa gekarrt werden. Konsumenten haben vor allem das Recht auf sichere Lebensmittel. Doch dieses Recht ist zu einer risikobehafteten Wunschvorstellung verkommen.

    Die Konsumenten werden von BSE-, Nitrofen- und Dioxin-Skandalen heimgesucht, von Pestiziden, Hormon- und Antibiotika-Missbrauch bedroht, mit Hexachlorcyclohexan -Rückständen in der Milch und im Gemüse, mit Salmonellen in Huhn und Eiern, verpilztem Getreide, diversen Schwermetall-Belastungen bis hin zum Krebs erregenden Acrylamid bei Gebackenem und Frittiertem belastet.

    Das Narkotikum für die Bauern kann nicht verhindern, dass sich unter ihnen Verzweiflung, Orientierungslosigkeit und das Gefühl, alles geht, wenn es nur dem Eigennutz dient, ausbreitet. Bei vielen Bauern geht es um ihre Existenz — um ihr Überleben. Wir haben es nicht mit Schurken zu tun, es sind Verzweifelte, verzweifelt um ihr Bauer-Sein Ringende.

    Ein stolzer Berufsstand ist akut gefährdet. Haben Menschen eine falsche Wertvorstellung von ihrer Berufung — ihrem Beruf — entwickelt, kommen sie schnell in Zwangslagen, die ihrem Grund nach unmoralisch sind. Unmoralisch ihrer Aufgabe gegenüber, unmoralisch ihrer Gemeinschaft gegenüber, unmoralisch dem, was ihnen anvertraut ist, Tieren, Pflanzen, dem Boden gegenüber und unmoralisch der Gesellschaft gegenüber.

    „...und ihr Herz ist dick geworden,
    damit sie nicht mit den Augen sehen und mit den Ohren hören
    und mit dem Herzen verstehen..."
    Matthäus 13,15 f.

    Hier findet eine Verrohung und ein Verlust an Selbstwert statt, der uns alle betrifft. Und das kann weder mit dem Narkotikum noch mit der immer wieder aufs Neue inszenierten Scheinwelt aus der Welt geschaffen werden.

    „Ich habe Lust an der Liebe und nicht am Opfer“
    Hos. 6,6

    Jakob Lorbeer meint, ohne die Liebe der Menschen verlöscht die Sonne. In Abwandlung dieses Satzes meine ich, ohne die Liebe der Bauern zu ihrer Arbeit, zum Boden, zu den Pflanzen und Tieren, zu den Lebensmitteln, die sie für uns erzeugen, werden wir bei überbordenden Tischen verhungern. Da wird uns kein Ernährungswissenschafter , kein Experte und kein Politiker mehr helfen können.

    „Gott bringt aus der Erde Arzneien hervor“
    Sirach 38,4

    Die Erde ist Quelle des Lebens, sie bringt Leben hervor und die Mittel des Lebens — „Lebensmittel“ — mit bäuerlicher Hilfe. Kein noch so geniales chemisches Elaborat kann das ersetzen.

    „ Gaia , die Breitbrüstige“ nannte sie Hesiod in der Theogonie — die Erde, unsere
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