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Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Titel: Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)
Autoren: Marcus Imbsweiler
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Herr Koller!«
    Seufzend legte ich meine Fingerspitzen auf Fischers dünne Haarpracht
und begann, seine Kopfhaut zu massieren. Ganz leicht, ohne Druck, in langsam kreisenden
Bewegungen. Der Kommissar ließ ein wohliges Schnurren hören. Ja, wirklich, er schnurrte
wie ein alter Kater! Greiner und Sorgwitz legten das Manuskript beiseite, das sie
sich brüderlich geteilt hatten, und beobachteten uns interessiert. Ich überlegte,
ob ich ihnen das Gegaffe verbieten konnte, doch an der Situation war nichts zu ändern,
da musste ich durch.
    Eine Weile herrschte Stille, unterbrochen nur von den Katzenlauten
des Kommissars. Vor dem Fenster, das auf den Innenhof des Polizeireviers Mitte ging,
strichen ab und zu Köpfe vorbei. Hoffentlich wurde niemand auf die kleine Szene
aufmerksam. Am Ende drückten sie sich noch die Nasen an der Scheibe platt, nur um
zu sehen, wie ich dem Kommissar den Hinterkopf liebkoste.
    »Dass Schallmos Handy fehlte«, beendete Fischer das Schweigen, »fiel
uns natürlich ebenfalls gleich auf. Er trug es nicht bei sich, es lag weder in seinem
Wagen noch in seiner Wohnung. Jemand musste es an sich genommen haben. Da wir von
Ihnen nichts wussten, tippten wir zunächst auf einen Ihrer beiden Freunde.«
    »Das sind nicht meine Freunde.«
    »Aber als Sie dann plötzlich auftauchten«, mischte sich Sorgwitz, der
Kampfhund, ein, »war die Sache klar. Sonnenklar!«
    Fischer nickte. »Ja, meine Mitarbeiter wollten mit mir wetten, dass
Sie es waren, der das Handy eingesteckt hatte. Und sie hätten die Wette gewonnen.«
    »Eingesteckt ist das falsche Wort«, sagte ich.
    »Und welches wäre das richtige?«
    Ich überlegte. »Nun … es fiel mir quasi in die Hand. Sehen Sie, das
war so: Ich wollte eben versuchen, ob ich Schallmo nicht wiederbeleben könnte, da
kam eine SMS.«
    »Ach!«
    »Ja. Ich beuge mich über ihn, da brummt es in seiner Jacke.«
    »So ein Zufall aber auch.«
    »So ein Schreck, meinen Sie wohl! Damit konnte doch keiner rechnen.«
    »Mit einer brummenden Jacke?«
    »Sie nehmen mich nicht ernst«, klagte ich. »Da will man Ihnen etwas
erklären, und Sie machen sich nur lustig. In Ihrem Alter!«
    »Wieso, in meinem Alter?«, fuhr er auf. »Was geht Sie mein Alter an?
Darf man mit 60 keine Witze mehr machen?«
    »Nicht über mich. Also: Ich höre das Signal von Schallmos Handy, nehme
es an mich – und vergesse es. Ehrlich, ich war so mit anderen Dingen beschäftigt,
dass ich es einfach vergessen habe!«
    »Gleich vergesse ich mich«, knurrte er. »Und dann können Sie
sich vergessen, Koller!«
    »Um diese Uhrzeit kam keine SMS mehr«, meldete sich Greiner. »Ihre
Geschichte ist erstunken und erlogen, Koller!«
    »Wie soll ich mich auch auf die Wahrheit konzentrieren, wenn ich die
ganze Zeit massieren muss? Dann habe ich das Handy eben am Morgen danach gefunden.
Und das war dann wirklich Zufall.«
    »Zufall!«, lachte Sorgwitz. Auch Kommissar Fischer brummte ungnädig.
    »Könnte sogar stimmen«, sagte Greiner. »Immerhin habe ich ihn in dem
verlotterten Garten herumstreunen sehen. Mit diesem typischen schuldbewussten Gesichtsausdruck.
Gleich danach ist er ja auch getürmt.«
    »Angeborener Fluchtreflex«, murmelte ich. Sollten sie doch glauben,
was sie wollten! Ich bereute schon lange, das Handy an mich genommen zu haben.
    »Wo steckte eigentlich Ihr beleibter Kumpel die ganze Zeit?«, wollte
Fischer wissen. »Dieser fröhliche Kindergärtner. Er ist uns im Laufe der Ermittlungen
nicht ein einziges Mal über den Weg gelaufen. Krank?«
    »Fortbildung.«
    »Ein Kindergärtner auf Fortbildung? Was es nicht alles gibt.«
    »Es heißt Erzieher, Herr Fischer. Und die haben pro Jahr mehr Fortbildungsveranstaltungen
als Sie in einem kompletten Polizistenleben.«
    Na, da protestierten sie aber, die drei. Vor allem die beiden Jungspunde.
Dauernd seien sie unterwegs, riefen sie, würden landverschickt, gecoacht, gebrieft,
geteambuilded. Jedes zweite Wochenende! Und abends, da besonders. Wenn die liebe
Seele Erholung brauchte. Auch der alte Fischer nickte und schüttelte sein Haupt
gleichzeitig, außerdem so heftig, dass ich meine Massage unterbrechen musste.
    »Überhaupt«, rief der schwarzhaarige Greiner und schwenkte mein Manuskript,
»überhaupt haben Sie, Herr Koller, ein total falsches Bild von uns Polizisten.«
    »Verkürzt und klischeehaft«, assistierte Sorgwitz.
    »Absolut klischeehaft!« Mit dem Zeigefinger trommelte Greiner auf den
Papieren herum. »Wie Sie uns hier schildern! Der Leser meint ja,
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