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Schlangen im Paradies

Schlangen im Paradies

Titel: Schlangen im Paradies
Autoren: Mary Higgins Clark
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stellte ihre Pflanzen in den Ausguß.
    Offensichtlich hatte die Frau des Hausverwalters ihr Versprechen, sie regelmäßig zu gießen, nicht gehalten. Sie entfernte die verdorrten Blätter und wandte sich dann dem Postberg auf dem Eßzimmertisch zu. Sie sah ihn flüchtig durch, sortierte Rekla-mesendungen und Gutscheine aus, trennte die Privatbriefe von den Rechnungen. Lächelnd betrachtete sie einen Umschlag mit auffallend schöner Handschrift und exaktem Absender auf der oberen Ecke: Miss Dora Samuels, Cypress Point Spa, Pebble Beach, California. Sammy. Doch bevor sie ihn las, öffnete sie zögernd den amtlichen Umschlag OFFICE OF THE DISTRICT
    ATTORNEY!
    Ein kurzes Schreiben. Es bestätigte die Vereinbarung, daß sie Staatsanwalt William Murphy nach ihrer Rückkehr am 29. August anrufen und einen Termin zwecks Überprüfung ihrer Zeugenaussage ausmachen würde.

    Auf den Schock, den ihr diese amtliche Mitteilung versetzte, war sie nicht vorbereitet, obwohl sie doch vorhin die Zeitung gelesen und dem Taxifahrer Leilas Adresse angegeben hatte. Ihr Mund wurde trocken. Sie bekam Platzangst. Die endlosen Ver-nehmungen vor der Anklagejury standen ihr wieder vor Augen.
    Der Tag, an dem sie im Zeugenstand ohnmächtig geworden war, nachdem man ihr die Fotos von Leilas Leiche gezeigt hatte.
    Mein Gott, jetzt fängt das alles noch einmal von vorn an, dachte sie …
    Das Telefon klingelte. «Hallo», flüsterte sie kaum hörbar.
    «Elizabeth», dröhnte es ihr entgegen. «Wie geht’s dir denn?
    Ich mach mir Sorgen um dich.»
    Min von Schreiber! Ausgerechnet! Elizabeth fühlte sich prompt noch erschöpfter. Min hatte Leila den ersten Job als Fotomodell verschafft, war jetzt mit einem österreichischen Baron verheiratet und Eigentümerin von Cypress Point Spa in Pebble Beach, einem mondänen Kurzentrum. Eine gute alte Freundin, aber im Augenblick fühlte sich Elizabeth ihr nicht gewachsen.
    Und trotzdem gehörte Min zu den Menschen, denen sie nie etwas abschlagen konnte.
    Elizabeth bemühte sich, munter zu klingen. «Mir geht’s prima, Min. Ein bißchen müde vielleicht. Ich bin erst vor ein paar Minuten nach Hause gekommen.»
    «Pack ja nicht aus. Morgen früh kommst du her. Am Schalter von American Airlines ist ein Ticket für dich hinterlegt. Der übliche Flug. Jason holt dich am Flugplatz ab.»
    «Ausgeschlossen, Min. Ich kann nicht.»
    «Als mein Gast.»
    Elizabeth unterdrückte ein Lachen. Leila hatte immer gesagt, dies seien die drei Worte, die auszusprechen Min am schwersten fielen. «Aber, Min …»
    «Kein Aber. Neulich in Venedig hast du einfach jämmerlich ausgesehen. Klapperdürr. Dieser verdammte Prozeß wird die Hölle. Also komm. Du brauchst Ruhe. Laß dich verwöhnen.»
    Elizabeth konnte sich Min deutlich vergegenwärtigen: das tiefschwarze Haar, das hochgekämmt den Kopf wie ein Helm umschloß, die dominierende Art, mit der sie als selbstverständlich voraussetzte, daß jeder ihrer Wünsche erfüllt wurde. Nach etlichen vergeblichen Protesten, in denen Elizabeth die Gründe aufzählte, weshalb sie nicht kommen konnte, hörte sie sich in Mins Pläne einwilligen. «Also dann morgen. Ich freue mich auf dich, Min.» Sie lächelte, als sie den Hörer auflegte.

    Viereinhalbtausend Kilometer entfernt wartete Minna von Schreiber auf das Freizeichen, wählte dann sofort eine neue Nummer. Als sich der Teilnehmer meldete, flüsterte sie: «Sie hatten recht. Es ging ganz einfach. Sie kommt. Vergessen Sie nicht, Überraschung zu mimen, wenn Sie sie sehen.»
    Ihr Mann kam herein, während sie telefonierte, und wartete das Ende des Gesprächs ab. Dann explodierte er: «Du hast sie also tatsächlich eingeladen?»
    Sie blickte trotzig auf. «Allerdings.»
    Helmut von Schreiber runzelte die Stirn. Seine porzellanblau-en Augen verfinsterten sich. «Nach all meinen Warnungen? Elizabeth könnte dieses Kartenhaus rundum zusammenfallen lassen, Minna. Bis zum Wochenende wirst du diese Einladung bereuen, wie du noch nie im Leben etwas bereut hast.»

    Elizabeth beschloß, den Anruf beim Staatsanwalt sofort hinter sich zu bringen. William Murphy freute sich offenbar, von ihr zu hören. «Ich fing gerade an, mir Ihretwegen Sorgen zu machen, Miss Lange.»
    «Ich hatte Ihnen doch gesagt, daß ich heute zurückkomme.
    Ich habe nicht damit gerechnet, Sie am Samstag anzutreffen.»

    «Massenhaft Arbeit. Der Verhandlungstermin steht jetzt fest.
    Am 8. September fangen wir an.»
    «Das hab ich gelesen.»
    «Ich muß Ihre Aussage noch mal mit
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