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Schlagschatten

Schlagschatten

Titel: Schlagschatten
Autoren: Paul Auster
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so leicht, mich loszuwerden, wissen Sie. Sie haben mich in die Sache reingezogen, und jetzt haben Sie mich am Hals.
    Nein, Blue, Sie irren sich. Jetzt ist alles vorbei.
    Drücken Sie sich klar aus.
    Es ist zu Ende. Das ganze Spiel ist aus. Es gibt nichts mehr zu tun.
    Seit wann?
    Seit jetzt. Seit diesem Augenblick.
    Sie sind nicht bei Sinnen.
    Nein, Blue. Ich bin bei Sinnen, nur zu sehr bei Sinnen. Es hat mich erschöpft, und nun ist nichts mehr übrig. Aber Sie wissen das, Blue, Sie wissen es besser als irgendjemand.
    Warum drücken Sie dann nicht einfach ab?
    Wenn ich so weit bin, werde ich es tun.
    Und dann gehen Sie und lassen meine Leiche hier auf dem Boden liegen? Das sind ja schöne Aussichten!
    O nein, Blue. Sie verstehen nicht. Wir beide zusammen werden es sein, so wie immer.
    Aber Sie vergessen etwas, nicht wahr?
    Was vergesse ich?
    Sie müssen mir die Geschichte erzählen. Soll es nicht so enden? Sie erzählen mir die Geschichte, und dann sagen wir Lebewohl.
    Sie kennen sie schon, Blue. Verstehen Sie das nicht? Sie kennen die Geschichte auswendig.
    Warum haben Sie sich dann überhaupt die Mühe gemacht?
    Stellen Sie keine dummen Fragen.
    Und ich – wozu war ich da? Als komische Abwechslung?
    Nein, Blue, ich habe Sie von Anfang an gebraucht. Wenn Sie nicht gewesen wären, hätte ich es nicht tun können.
    Wozu haben Sie mich gebraucht?
    Um mich an das zu erinnern, was ich zu tun hatte. Jedes Mal wenn ich aufblickte, waren Sie da, Sie beobachteten mich, Sie folgten mir, immer in Sichtweite. Sie bohrten Ihre Augen in mich. Sie waren die ganze Welt für mich, Blue, und ich verwandelte Sie in meinen Tod. Sie sind das Eine, das sich nicht ändert, das Eine, das alles von innen nach außen kehrt.
    Und jetzt ist nichts mehr übrig. Sie haben Ihren Selbstmordbrief geschrieben, und das ist das Ende.
    Richtig.
    Sie sind ein Narr, Sie sind ein gottverdammter, elender Narr.
    Das weiß ich. Aber kein größerer als sonst jemand. Wollen Sie da sitzen und mir sagen, dass Sie klüger sind als ich? Ich weiß wenigstens, was ich getan habe. Ich hatte meine Arbeit, und ich habe sie erledigt. Aber Sie sind nirgendwo, Blue. Sie waren verloren vom ersten Tag an.
    Warum drücken Sie dann nicht ab, Sie Bastard? sagt Blue. Er steht plötzlich auf und schlägt sich wütend gegen die Brust, er fordert Black heraus, ihn zu töten. Warum erschießen Sie mich nicht und bringen es hinter sich?
    Dann macht Blue einen Schritt auf Black zu, und als keine Kugel kommt, macht er noch einen Schritt und dann noch einen, und er schreit den Maskierten an, er solle doch schießen, es liege ihm nichts mehr daran, ob er lebe oder sterbe. Einen Augenblick später steht er unmittelbar vor ihm. Ohne zu zögern schlägt er Black den Revolver aus der Hand, packt ihn am Kragen und reißt ihn in die Höhe. Black versucht, Widerstand zu leisten, sich gegen Blue zu wehren, aber Blue, außer sich vor leidenschaftlicher Wut, wie in einen anderen verwandelt, ist zu stark und schlägt ihm ins Gesicht, in die Leisten, in den Magen. Black kann nichts tun, und kurz darauf liegt er bewusstlos auf dem Boden. Doch das hindert Blue nicht daran, weiterzumachen, er tritt den Ohnmächtigen mit den Füßen, hebt ihn auf und schlägt seinen Kopf auf den Boden, bearbeitet seinen Körper mit einem Fausthieb nach dem anderen. Schließlich, als Blues Wut allmählich nachlässt und er sieht, was er getan hat, ist er nicht sicher, ob Black lebt oder tot ist. Er nimmt ihm die Maske vom Gesicht, legt ein Ohr an seinen Mund und horcht auf seine Atemgeräusche. Da scheint etwas zu sein, aber er kann nicht sagen, ob es von Black oder von ihm selbst kommt. Wenn er noch am Leben ist, denkt Blue, ist er es nicht mehr lange. Und wenn er tot ist, dann soll es so sein.
    Blue steht auf, sein Anzug ist zerfetzt, und er beginnt, die Seiten von Blacks Manuskript auf dem Schreibtisch zu sammeln. Das dauert mehrere Minuten. Als er sie alle hat, schaltet er die Lampe in der Ecke aus und verlässt das Zimmer, ohne sich noch einmal nach Black umzuschauen.
    Mitternacht ist vorüber, als Blue in sein Zimmer auf der anderen Straßenseite zurückkehrt. Er legt das Manuskript auf den Tisch, geht ins Badezimmer und wäscht sich das Blut von den Händen. Dann zieht er sich um, gießt sich ein Glas Scotch ein und setzt sich mit Blacks Buch an den Tisch. Die Zeit ist knapp. Sie werden eher kommen, als er denkt, und dann wird er teuer bezahlen müssen. Aber er lässt sich dadurch nicht stören.
    Er liest die
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