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Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix
Autoren: Bruce Sterling
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lautlosen hinteren Antrieb.
    Knubblige Zylindertubusse ragten aus dem Roboterrumpf. Die beiden auf Lindsay gerichteten Tubusse konnten Telekameras sein. Oder Röntgen-Laser. Bei der Einstellung auf die passende Frequenz konnten solche X-R-Strahlen-Laser einen Menschen innerlich carbonisieren, ohne daß auf seiner Haut die geringsten Spuren sichtbar gewesen wären. Und - diese X-Strahlen waren unsichtbar.
    Die Vorstellung machte ihm Angst und bewirkte zugleich, daß ein Gefühl abgründigen Ekels in ihm aufstieg. Menschenwelten waren zerbrechliche, hochgefährdete Orte, denn sie besaßen und enthielten die kostbare Luft und die kostbare Wärme als Schutz gegen das feindliche Nichts des Weltraums. Die Sicherung und Sicherheit der Welten war das allgemein akzeptierte Grundprinzip jeglicher Ethik und Moral. Und Waffen waren gefährlich, und somit waren sie niederträchtig und abscheulich. In dieser »Sonnenköter«-Welt, das war ihm als Outlaw klar, ließ sich nur mittels Waffen eine Ordnung aufrechterhalten, aber trotzdem empfand er eine tiefverwurzelte instinktive Empörung gegen diese Tatsache.
    Dann flog Lindsay in den gelblichen Nebel, der sich dickblasig um die Zaibatsu-Zentralachse wölkte. Als er wieder heraustauchte, war die andere Flugmaschine verschwunden.
    Er würde wohl nie herausfinden, wenn und wann sie ihn beobachteten. In jeder Sekunde konnten unsichtbare Finger einen Schalter kippen - und er würde abstürzen.
    Die wilde Heftigkeit seiner Gefühle kam überraschend für ihn. Seine Diplomatentechnik hatte sich irgendwohin verflüchtigt. Im Hintergrund seiner direkten optischen Wahrnehmung blinkte, willentlich nicht zu beeinflussen, das Bild von Vera Kelland- und wie sie im Sturzflug abwärts geschossen kam, wie sie auf dem Boden aufprallte und wie die leuchtenden Schwingen ihres Luftpedalos dabei wie Papier zerknittert waren ... Er drehte nach
    Süden ab. Jenseits der verwüsteten Paneele sah er einen breiten Ring aus reinstem Weiß wie einen Gürtel um die Welt liegen. Er umringte die Südwand des Zaibatsu.
    Er warf einen Blick zurück. Die Nordwand war konkav und vollgestopft mit verlassenen Fabriken und Warenspeichern. Die Südwand war kahl, glatt und vertikal. Sie schien aus Backsteinen zu bestehen.
    Der Boden darunter war ein breiter Ring von blitzsauber geharktem weißen Kies. Da und dort erhoben sich in diesem Meer von Steinchen rätselhaft geformte Felsblöcke wie dunkle Inseln.
    Lindsay ging tiefer, um sich das genauer anzusehen. Eine flache Batterie von Waffenbunkern begann zu kreisen, dünne bläuliche Geschützrohre richteten sich auf ihn. Er befand sich über der Sterilisierten Zone.
    Hastig stieg er wieder höher.
    In der Mitte der Südwand öffnete sich drohend ein Loch. Überwachungsflugzeuge schwärmten wie Hornissen aus und ein und darum herum. Um den Rand ein Gestrüpp von Mikrowellenantennen, die verkleidete Kabel hinter sich herzogen.
    Er konnte nicht durch das Loch blicken. Hinter jener Wand lag eine halbe andere Welt, aber Sonnenhunden war es nicht erlaubt, auch nur einen Blick von ihr zu erhaschen.
    Lindsay glitt wieder nach unten. Die Drahtverspannungen des Ultraleichtfliegers sangen straff.
    Im Norden, auf dem zweiten der drei Landpaneele des Zaibatsu, entdeckte er, welche Arbeit die Sundogs, die Sonnenhunde, leisteten. Dort hatten die Flüchtlinge breite Streifen im Industriesektor saniert und begradigt und aus dem Altmaterial plumpe luftdichte Kuppeln errichtet.
    Diese Kuppeln waren teils kleine aufgepumpte Plastikblasen, teils vielfarbige abgedichtete geodätische Konstrukte, und es gab auch eine einzelstehende riesengroße hermetische Bucky-Fuller-Kuppel.
    Lindsay umkreiste diese größte Kuppel in ziemlicher Nähe. Die Außenfläche war von schwarzem Isolierschaum überzogen. Buntgesprenkeltes Mondgestein bedeckte den unteren Rand der Kuppel, und im Gegensatz zu den übrigen Geodätkonstrukten gab es hier weder Antennen noch Masten.
    Er erkannte es sogleich. Er hatte gewußt, daß es sich hier befinden würde.
    Lindsay war mulmig zumute. Er schloß die Augen und beschwor sein Shapertraining herauf, die in ihm eingebettete Stärke, die Ernte aus einer zehnjährigen harten psychotechnischen Ausbildung.
    Er spürte, wie sein Denken geschmeidig in den anderen, den zweiten Bewußtseinsmodus hinüberglitt. Seine Körperhaltung wandelte sich, seine Bewegungen wurden glatter, die Herzfrequenz erhöhte sich. Zuversicht und Selbstvertrauen durchtränkten ihn, und er lächelte. Sein
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