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Schiffsdiebe

Schiffsdiebe

Titel: Schiffsdiebe
Autoren: Paolo Hannes; Bacigalupi Riffel
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Stromleitungen herum, dazwischen die funkelnden Rollen von Kupfer, die sie gesammelt, sorgsam aufeinandergestapelt und mit dem Symbol von Bapis Leichter Kolonne versehen hatten, demselben Zeichen, das sie alle auf ihren Wangen trugen.
    Im Nu waren alle damit beschäftigt, Nailers frische Beute Stück für Stück abzurollen und aufzuteilen. Sie arbeiteten schnell, denn sie waren geübt darin und aufeinander eingespielt: Pima, die Vorarbeiterin, größer als sie alle und fast schon eine Frau, schwarz wie Öl und hart wie Eisen. Sloth, hager und blass, mit knochigen Knien und schmutzig blondem Haar, die nächste Kandidatin für die Arbeit in den Schächten, sobald Nailer dafür zu groß wurde, von einem fortwährenden Sonnenbrand geplagt. Moon Girl, mit einer Haut wie brauner Reis, deren Mutter im Nagelschuppen gearbeitet hatte und bei der letzten Malariawelle gestorben war. Sie arbeitete härter als alle anderen, weil sie die Alternative kannte; Ohren und Lippen und Nase hatte sie mit Stahldraht durchbohrt, damit niemand sie je auf die Weise begehren würde, wie ihre Mutter begehrt worden war. Tick-tock, der kurzsichtig war und seine Umgebung stets mit zusammengekniffenen Augen betrachtete, war fast so schwarz wie Pima, aber bei Weitem nicht so schlau, mit geschickten, unermüdlichen Händen, solange jemand ihm sagte, was er tun sollte. Pearly, der Hindu, der ihnen Geschichten über Shiva und Kali und Krishna erzählte und der das Glück hatte, eine Mutter und einen Vater zu haben, die beide hier am Strand arbeiteten; er hatte schwarze Haare und dunkle tropische Haut, und an einer Hand fehlten ihm drei Finger, die er bei einem Unfall mit der Wickeltrommel verloren hatte.
    Und schließlich Nailer. Manche Leute – wie Pearly – wussten, wer sie waren und woher sie stammten. Pima wusste, dass ihre Mutter von einer der letzten Inseln auf der anderen Seite des Golfs herübergekommen war. Pearly erzählte jedem, der ihm zuhörte, dass er ein hundertprozentiger Inder war – Hindu Marwari durch und durch. Sogar Sloth behauptete, ihre Familie würde aus Irland stammen. Nailer hatte dem nichts entgegenzusetzen. Er hatte nicht die geringste Ahnung, was er war. Halb dies, ein Viertel etwas anderes, braune Haut und schwarze Haare wie seine verstorbene Mutter, aber mit merkwürdig blassblauen Augen wie sein Vater.
    Als Pearly diese Augen zum ersten Mal gesehen hatte, hatte sie sofort behauptet, er müsse von Dämonen abstammen. Allerdings dachte sich Pearly andauernd irgendwelche Dinge aus. Er behauptete, Pima sei eine Reinkarnation von Kali – deshalb sei ihre Haut auch so schwarz, und deshalb sei sie auch so gemein, wenn die Kolonne hinter der Quote zurücklag. Dennoch, Nailer hatte wirklich die gleichen Augen wie sein Vater, und er war auch genauso drahtig gebaut, und Richard Lopez war ganz bestimmt ein Dämon. Das konnte niemand bestreiten. Nüchtern war er furchterregend. Betrunken war er ein Dämon.
    Nailer wickelte ein Stück Kabel ab und hockte sich auf das glühend heiße Deck. Er quetschte das Kabel mit seiner Zange an und entfernte ein paar Zentimeter Isolierung. Zum Vorschein kam der nackte, glänzende Kupferkern.
    Und noch mal. Und noch mal.
    Pima kauerte neben ihm; auch sie hatte ein Stück Kabel in der Hand. » Hat lang genug gedauert, bis du was gefunden hast.«
    Nailer zuckte mit den Achseln. » Weiter vorne ist nichts mehr. Ich musste ganz schön tief rein.«
    » Das sagst du immer.«
    » Wenn du da reinkriechen willst, von mir aus.«
    » Ich mach das sofort«, meldete sich Sloth.
    Nailer warf ihr einen bösen Blick zu. Pearly stieß ein abschätziges Prusten aus. » Du hast ja nicht mal so viel Verstand wie ein Halbmensch. Du würdest dich da drin verirren wie der kleine Jackson, und dann gehen wir völlig leer aus.
    Sloth machte eine wegwerfende Handbewegung. » Halt den Rand, Pearly. Ich verirre mich nie.«
    » Selbst im Dunkeln? Wenn alle Schächte gleich aussehen?« Pearly spuckte über die Reling. » Die Kolonnen auf der Deep Blue III haben Jackson noch Tage später rufen hören. Finden konnten sie ihn trotzdem nicht. Der kleine Lausfresser ist irgendwann einfach verdurstet.«
    » Ein schlimmer Tod«, warf Tick-tock dazwischen. » So allein in der Finsternis.«
    » Haltet die Klappe, ihr beiden«, sagte Moon Girl. » Wollt ihr, dass die Toten euch hören?«
    Pearly hob die Schultern. » Ich mein ja nur – Nailer sorgt immer für eine gute Quote.«
    » Kacke.« Sloth strich sich mit der Hand durch das
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