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Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition)

Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition)

Titel: Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition)
Autoren: Kerstin Ruhkieck
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Blickes. Vielleicht würde sie ja nichts sagen …
    »Es gefällt mir super hier, Väterchen. Es sind aber auch alle schrecklich nett zu mir.«
    Vanessa war überrascht, als Friederike es dabei beließ und ein abschließendes Lächeln ihres Vaters diesen D ialog zu beenden schien.
    Doch dann geschah etwas noch viel Schlimmeres, als Vane ssa befürchtet hatte.
    King drehte sich von Friederike weg und ließ seinen suche nden Blick durch das Büro schweifen, bis er schließlich an ihr hängen blieb.
    »Und Sie müssen die andere Praktikantin sein, habe ich recht?« Als Vanessa nur nickte, kam King auf sie zu und hielt ihr seinen ausgestreckten Arm hin.
    »Herzlich Willkommen bei Leuchtschrift 4 U . Ich hoffe sehr, dass es Ihnen gefällt und Sie einiges bei uns lernen können, Frau …«
    »… Seebusch«, half ihm Vanessa mit trockener Kehle auf die Sprünge. Scheinbar hatte sie seine Hand genommen, obwohl sie sich nicht daran erinnern konnte. Doch das warme Gefühl an ihrer Handwurzel ließ keinen Zweifel zu.
    »Frau Seebusch, richtig. Ich hoffe, Sie stehen nicht zu sehr im Schatten meiner Tochter, doch Sie müssen wissen, Friederikes Ruf eilt ihr voraus.«
    Vanessa schüttelte nur schwach den Kopf und kam sich dabei wie eine Greisin vor, die bald das Zeitliche segnen würde. Schließlich ließ King ihre Hand los, und erst jetzt bemerkte Vanessa, dass Friederike ihrem Vater gefolgt war. Und da war es, ihr zuckersüßes Lächeln, das Unheil ankündigte wie eine Unwetterwarnung.
    »Ganz so weit scheint mein Ruf aber nicht geeilt zu sein. Jedenfalls soll ich dir von ihr ausrichten, dass du mich häufiger hättest übers Knie legen sollen, weil du bei meiner Erziehung ins Klo gegriffen hättest.«
    Ein beengender Druck legte sich auf Vanessas Brust, und sie verspürte einen drängenden Impuls, dem sie im Auge nblick noch nicht nachgehen konnte. Nur kurz sah sie King an und erkannte, dass die Freundlichkeit aus seinem Gesicht verschwunden war. Er wirkte nicht wütend, nicht bedrohlich, doch sein Gesicht hatte sich vor ihr verschlossen. Erst jetzt nahm Vanessa ein leises Zischen um sich herum wahr und vermutete, dass einige der Anwesenden schockiert miteinander wisperten.
    Friederike legte beschwichtigend eine Hand auf den Arm i hres Vaters.
    »Aber wir können ihr nichts vorwerfen, Väterchen. Ich bin mir sicher, hätte sie gewusst, wer mein Vater ist, hätte sie das nicht gesagt. Hab ich recht, Vanessa?«
    Vanessa war nicht in der Lage, darauf zu reagieren. Sie hörte nur das Blut in ihren Ohren rauschen, während es ihr in den Kopf schoss. Beschämt senkte sie den Blick. Sie wollte nicht sehen, wie die anderen sie betrachteten und über sie urteilten. Möglicherweise empfanden alle anderen gegenüber Friederike ebenso, doch sie waren nicht so dumm gewesen, es ihr ins Gesicht zu sagen. So dumm war nur Vanessa.
    »Aber so ist sie eben, unsere Vanessa«, fuhr Friederike z ufrieden fort. »Sie ist ehrlich und scheut sich nicht, mit Unwissenheit zu glänzen. Und niemand kopiert so talentiert wie sie. Das zeugt doch von den Ambitionen, die in ihr schlummern. Immerhin würde sie hier mit jedem ins Bett gehen, um möglichst schnell aufzusteigen.«
    Vanessas Kopf flog hoch und sie blickte Friederike fassung slos an. Das hatte sie nicht gesagt, und Friederike wusste das! Als habe sie Vanessas Gedanken gehört, zuckte diese nur unschuldig mit den Schultern. Das Zischen um Vanessa wurde lauter, und sie hörte King seine Tochter maßregeln, doch das alles drang nicht mehr vollständig zu ihr durch. Die Demütigung hatte sie taub gemacht und sie hatte nur noch einen Gedanken: Raus! Sie musste etwas tun, um der Demütigung zu entkommen und ihr quälendes Bedürfnis zu befriedigen.
     
    Vanessa fand sich in der Damentoilette wieder. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wie sie hierhergekommen war, und nun war sie damit beschäftigt, die Kabinen nach möglichen Zeugen zu durchsuchen. Doch sie war alleine.
    Sofort schlug sie mit ihrem Kopf gegen die nächstgelegene Wand zwischen den Kabinen. Einmal, zweimal, bis der dumpfe Schmerz von ihrer Stirn in den Schädel kroch. Sie bekam eine Gänsehaut, die Haare auf ihren Armen stellten sich auf, und ihre Fingerspitzen begannen, wohlig zu kri bbeln. Wohlig? Nein, verdammt, nein! Es war eine Qual, der einzige Weg, sie zurück in die Realität zu holen. Diese Reaktion, diese Wut, das war es, was die Demütigung mit ihr machte. Sie hatte sich nicht mehr unter Kontrolle. Der erste innere Druck war
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