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Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition)

Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition)

Titel: Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition)
Autoren: Kerstin Ruhkieck
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herablassend an.
    »Und bitte denk daran, rote Einbandrücken! Bis später!«
    Dann verließ sie zusammen mit Jonas, der Vanessa vorher noch einen Augenblick – war es skeptisch? – musterte, den Druckerraum.
    Vanessa überlegte einige Augenblicke, ob sie die Kopiervo rlage einfach in den Aktenvernichter werfen sollte. Allerdings gab ihr diese stupide Arbeit auch einen Grund, nicht in das Großraumbüro zurückkehren zu müssen. Und während Vanessa die Seiten durch den Kopierer jagte, kam ihr der Gedanke, dass sie einiges vielleicht nicht hätte sagen sollen.
     
    Es geschah kurz vor Feierabend. Vanessa war mittlerweile in das Büro zurückgekehrt, nachdem sie beinahe drei Stunden Friederikes Job erledigt hatte. Als sie damit fertig war, hatte sie die gebundenen Stapel auf den Schreibtisch von Jonas Hoffmann gelegt, der offenbar ganz vergessen hatte, dass er auf dieses ultra-wichtige Material wartete. Und dort lagen die Unterlagen auch jetzt noch, vergessen oder ignoriert, genau wie Vanessa selbst.
    Plötzlich war ein energisches Klopfen an der Tür zum Büro zu vernehmen, und Vanessa blickte wenig interessiert auf. Ein großer Mann mit kurzgeschorenen hel lbraunen Haaren und im maßgeschneiderten Anzug stand im Türrahmen und ließ einen allumfassenden Blick durch das Büro schweifen. Dabei strahlte er Dominanz und Erhabenheit aus, gleichzeitig wirkte er freundlich und kameradschaftlich. Vanessa wusste wer das war: Hartmut King, Vorstand der Leuchtschrift 4 U Werbeagentur. Obwohl sie ihn noch nie persönlich kennengelernt hatte, erkannte sie ihn sofort. Sie hatte ein Bild von ihm auf der Homepage der Werbeagentur gesehen, und schon da hatte sie sich gefragt, wie ein Mann seines Alters - vielleicht war er gerade kurz über vierzig - es geschafft hatte, bereits Vorstand einer großen Agentur zu sein.
    »Abend zusammen«, begrüßte King seine Belegschaft. O bwohl er ziemlich locker wirkte, schien sich eine allgemeine Anspannung über die Mitarbeiter gelegt zu haben. Nur Friederike strahlte über das ganze Gesicht, wie Vanessa aus dem Augenwinkel beobachtete. Vermutlich sah sie eine noch bessere Chance gekommen, in der Firma aufzusteigen, als durch einen einflusslosen Untergebenen wie Jonas Hoffmann.
    Nachdem die Büroangestellten wie eine brave Gruppe Fünftklässler dem Vorstand geantwortet hatten, begann King seine Runde zu machen und jeden einzelnen zu begrüßen.
    »Was macht der fettarme Joghurt?«
    »Ich bin dran. Nächste Woche habe ich noch einige Telefo ntermine, danach kann ich einen vollständigen Bericht abliefern«, antwortete Peter etwas steif, während King dessen Hand schüttelte. Dann wendete er sich Jonas Hoffmann zu und streckte auch ihm seine Hand entgegen.
    »Wie weit ist die Babynahrungs-Präsentation?«
    »Fertig korrigiert und in 25-facher Ausfertigung gebunden«, erklärte er gelassen und deutete auf den Stapel, den Vanessa vor einigen Stunden auf seinem Schreibtisch gelegt hatte. Dann hatte er es also doch bemerkt …
    Schließlich wendete sich King Friederike zu, und Vanessa spürte bereits eine bedrohliche Wut in sich aufkeimen. Sie war doch auch bloß eine blöde Praktikantin!
    »Und, was macht meine Kleine?«, fragte King plötzlich und nahm Friederike wortlos in den Arm. Vanessa wurde schlagartig übel. Sie spürte bereits jetzt, wie ihre Beine nachzugeben drohten.
    »Hey, Väterchen«, säuselte Friederike und ergab sich seinen starken Armen. Vanessa glaubte, ihr würde jeden Moment schwarz vor Augen werden. Mit derartigen Stresssitu ationen kam sie nur schwer klar. Dafür tauchte etwas in ihrer Erinnerung auf, von dem sie nicht wusste, dass ihr Gehirn es gespeichert hatte: Hartmut King, unverheiratet, Vater einer zwanzigjährigen Tochter. Deshalb Munter und nicht King. Und doch hatte es offenbar jeder in der Agentur gewusst. Deshalb diese übertriebene Freundlichkeit und bevorzugte Behandlung! Vanessa dagegen hatte einige nicht sehr hübsche Dinge zu ihr gesagt, und Friederike erschien ihr nicht wie jemand, der so eine Gelegenheit einfach verstreichen ließ. Und es gab nichts, was Vanessa dagegen tun konnte. Sie musste ausharren.
    »Bislang alles zu deiner Zufriedenheit verlaufen, Kleine?« Friederike und King hatten sich mittlerweile aus der Uma rmung gelöst, ohne dass Vanessa es bemerkt hätte. Ihre Panik verschleierte ihren Blick, und scheinbar wurde nur jede dritte Bewegung bis zu ihrem Gehirn durchgestellt.
    Friederike strahlte ihren Vater an und würdigte Vanessa nicht eines
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