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Schattenjagd

Schattenjagd

Titel: Schattenjagd
Autoren: Ernst Vlcek
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Seemagier sein. Etwas dahinter, vor dem verwinkelten Gestell mit den Schlafsäcken für die Mannschaft, lehnte ein dunkelhäutiger Mann in einer Echsenrüstung an der Reling und blickte herüber.
    Ganif winkte ihm und rief: »Im Namen Shallads, legt an!«
    Der Mann, ohne Zweifel Kapitän Gonned, hob die Hände zu einem Trichter an den Mund und rief zurück: »Wir haben Legionäre für Logghard an Bord und fahren bis zum See Nehred durch. Was wollt ihr von uns?«
    »Im Namen Shallads!« rief Ganif wieder und gab seinen Männern ein Zeichen.
    Janshar und Madahim waren von ihren Orhaken gestiegen. Jeder von ihnen schwang eine der Fahnen mit der roten Sonne. Damit signalisierten sie dem Kapitän der Lichtfähre, dass Ganif eine Sondervollmacht des Shallad Hadamur habe, die es ihm erlaube, eine beliebige Zahl von Legionären und Kriegern unter sein Kommando zu stellen.
    »Zu den Dämonen mit euch!« rief Gonned wütend herüber. »Wir legen an!«
    Gleich darauf hallten Befehle von der Lichtfähre herüber. Die Ruder wurden aus dem Wasser gehoben und hochgestellt, das Steuerruder hart an Backbord geschwenkt – und die Halmash drehte in scharfem Winkel bei. Es dauerte noch seine Zeit, bis sie längsseits der Anlegestelle stand und die Haltetaue herüberflogen. Kaum waren die Planken ausgelegt, da kam der Kapitän wütend über sie getrampelt.
    Er schimpfte und fluchte und verstummte auch nicht, als Ganif ihm wortlos die Vollmacht mit dem Siegel des Shallads überreichte. Gonned überflog das Pergament, dann blickte er zu Ganif auf und sagte: »Was kümmert mich dein Feldzug gegen ungläubige Bergstämme? Bei mir kannst du dich nicht verstärken, ich habe fast nur Dämonenfutter an Bord. Außerdem habe ich mich verspätet, weil ich fünf Schiffbrüchige aufgelesen habe.«
    »Vielleicht wären das Kämpfer für mich«, sagte Ganif. »Ich möchte sie sehen.«
    »Komm an Bord!«
    Ganif folgte dem Kapitän über die Planken aufs Schiff. Überall zwischen den Aufbauten kauerten ausgemergelte Gestalten, in der Mehrzahl Frauen und betagte Männer. Aber auch die Ruderer auf den Galeerenbänken befanden sich in keinem viel besseren körperlichen Zustand.
    »In Logghard findet jeder Verwendung«, erklärte Gonned fast entschuldigend. »Und wenn er nicht kämpfen kann, dann ist er immer noch als Dämonenfutter gut.«
    Eine hohlwangige Frau, die seine Worte gehört hatte, blickte ängstlich auf und presste sich zitternd an ihren Nebenmann. Aber sie fand nicht viel Trost bei ihm, denn er war selbst völlig verängstigt und schluchzte trocken auf.
    »Elendes Pack! Wie sollen wir mit euch gegen die Dunklen Mächte aus der Schattenzone siegen?« schimpfte Gonned. An Ganif gewandt fügte er hinzu: »Nimm dir so viele Männer, wie du brauchst. Aber mach schnell. In spätestens vier Tagen muss ich am See Nehred sein.«
    Ganif schritt durch die Reihen der Legionäre, und wo er einen halbwegs kräftigen Mann entdeckte, deutete er auf ihn und ließ ihn von seinen Begleitern von Bord schaffen. Er war nicht besonders wählerisch, denn er suchte nach einem ganz bestimmten Opfer… Und der Deddeth wies ihm den Weg zu Mythor, dessen immer stärker werdende Ausstrahlung ihn leitete.
    Endlich stand Ganif vor ihm. Der Deddeth in ihm verfiel bei seinem Anblick beinahe in Raserei. Mythor war zerschunden, seine Lippen waren gesprungen, sein Gesicht noch leicht aufgequollen. Er saß auf einer Ruderbank, die er mit einem alten Mann und einem Halbwüchsigen teilte.
    »Der hier und der!« sagte Ganif, während er bestimmend auf Mythor und dann ungewiss irgendwohin deutete. Dann wandte er sich abrupt ab – der Deddeth nötigte ihn dazu, denn er fürchtete, dass das Zucken in Ganifs Gesicht Mythor misstrauisch machen könnte.
    Ganif wartete nicht erst, bis Mythor von der Ruderbank geholt wurde, sondern ging schnell von Bord und schwang sich auf Federdorn. Vom Rücken seines Reitvogels aus beobachtete er die weiteren Geschehnisse, um sich davon zu überzeugen, dass Mythor wirklich unter den Legionären war, die er zu seiner Kampftruppe abkommandiert hatte. Alle anderen waren ihm egal – der Deddeth in seinem Körper fieberte danach, endlich Mythors Körper zu übernehmen. Aber er gemahnte sich zur Vorsicht. Dies war nicht der richtige Ort, es gab zu viele Zeugen. Es würde sich später noch eine bessere Gelegenheit bieten. Der Deddeth hatte Zeit; jetzt, da sich Mythor in seiner Gewalt befand, brauchte er nichts mehr zu überstürzen. Keine Macht dieser Welt
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