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Schattenjagd

Schattenjagd

Titel: Schattenjagd
Autoren: Ernst Vlcek
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seiner Freunde darüber gefallen lassen musste, dass Isga vor ihm Reißaus genommen hatte.
    Der Deddeth sah sie der Reihe nach mit Ganifs Augen an und erfuhr dabei gleichzeitig ihre Namen aus seinem Gedächtnis. Sie hießen Janshar, Aburd, Fanhaj und Madahim und standen in einem niedrigeren Rang als Ganif. Auch trugen sie keine Echsenrüstungen.
    »Was ist denn in dich gefahren, dass du auf einmal so ernst wirkst?« erkundigte sich Janshar.
    Der Deddeth geriet für einen Moment in Aufruhr, weil er dachte, dass der Krieger sein Spiel durchschaute. Doch dann erkannte er, dass Janshar das nur so daher sagte .
    »Wir warten noch das Eintreffen der nächsten Lichtfähre ab«, ließ er Ganif sagen. »Es kann nichts schaden, wenn wir uns noch mit einigen Legionären verstärken, bevor wir in den Kampf ziehen.«
    Seine Männer waren über diese Entscheidung verblüfft, aber keiner wagte es, sich dagegenzustellen.
    *
    Ganif hatte sich mit seinen Männern zu dem Pferch begeben, wo ihre Reitvögel untergebracht waren. Jedes der fünf Orhaken hatte eine eigene Koppel, und sie trugen zusätzlich ihre Hauben, damit sie sich nicht gegenseitig zur Raserei brachten. Daneben standen noch zwei Diromen zur Verfügung, von denen jedes gut ein Dutzend Männer tragen konnte.
    Als sich Ganif seinem Orhako Federdorn näherte, wurde es trotz der Haube unruhig und hieb mit dem mörderischen Schnabel blind in seine Richtung.
    »Du hast zu viel getrunken, Ganif, darum mag dich dein Liebling nicht«, stichelte der Vogelhüter Amharun.
    Der Deddeth zog sich tiefer in Ganif zurück, woraufhin sich das Orhako sofort wieder beruhigte. Es hatte die Nähe des Schattens gespürt und gemerkt, dass mit seinem Herrn irgend etwas nicht stimmte. Der Deddeth nahm sich vor, in Gegenwart des Laufvogels zurückhaltender zu sein und Ganifs Zügel so weit zu lockern, dass er ihn gerade noch in seiner Gewalt hatte.
    »Brav, Federdorn«, raunte Ganif seinem Orhako zu und kraulte es am hellen Halsflaum. Das Tier senkte seinen behaubten Kopf, rieb seinen grell bemalten Schnabel an Ganifs Gesicht und ließ die Zunge vorschnellen. Ganif griff lachend danach und hielt die zuckende Zunge in der Faust fest. Der Laufvogel gab einige krächzende Laute von sich und sträubte unter der Haube die Kopffedern. Das war das Zeichen für Ganif, von ihm abzulassen.
    Der Deddeth hielt sich im Hintergrund und beobachtete die Verhaltensweise des Vogelreiters, um sie später übernehmen zu können. Es war wichtig, dass Ganif sich durch nichts verriet.
    »Eine Lichtfähre kommt!«
    Ganif wandte sich um und sah den Boten in die Koppel kommen, den er zum Hafen geschickt hatte. Es war ein ärmlich gekleideter Junge, den Ganif von früher kannte und den er schon öfter mit kleineren Aufgaben betraut hatte.
    »Weißt du, um welche Lichtfähre es sich handelt?« fragte Ganif wie nebenbei.
    »Es ist die Halmash«, behauptete der Junge.
    »Woher willst du das wissen, Bengel?« erkundigte sich Madahim. »Du kannst doch nicht einmal lesen.«
    »Ich kenne alle Lichtfähren und kann sie an bestimmten Kleinigkeiten voneinander unterscheiden«, erklärte der Junge stolz. »Ich weiß, dass die Halmash in den Hafen einfährt. Der Kapitän heißt Gonned.«
    Die Halmash! Der Deddeth erschauerte in seinem Wirtskörper, als er seine unsichtbaren Schattenfühler ausstreckte und die Nähe seines Opfers fühlte. Er konnte die Ausstrahlung von Mythors Körper ganz deutlich spüren.
    »Aufsitzen!« befahl Ganif und sprang auf den Rücken seines Laufvogels. Federdorn hatte die Beine eingeknickt, so dass sein Herr mühelos aufsitzen konnte.
    Ganif schnippte dem Jungen noch eine Münze zu, dann nahm er Federdorn die Haube ab und ritt an der Spitze seiner Leute aus der Koppel. Aburd und Fanhaj führten die beiden Diromen an den Zügeln mit; die Lastenvögel mit ihren Rückentragen, auf denen je sechs Reiter bequem Platz hatten, setzten sich behäbig in Bewegung.
    Die Menge schrie auf, als die Vogelreiter herangeprescht kamen, und wich panikartig auseinander, so dass sich eine breite Gasse bildete.
    Sie erreichten den Hafen gerade, als die bauchige Lichtfähre mit ihnen auf gleicher Höhe war. Ganif lenkte Federdom bis zum Ende eines weit in das Hafenbecken reichenden Steges hinaus und zügelte ihn erst im letzten Moment.
    Die Lichtfähre war nun nur noch einen Steinwurf entfernt, so dass Ganif Einzelheiten erkennen konnte. An den Bugaufbauten stand eine hoch aufgerichtete, mantelverhüllte Gestalt – das musste der
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