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Schattenjagd

Schattenjagd

Titel: Schattenjagd
Autoren: Ernst Vlcek
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Aber da mischte sich auf einmal wieder eine fremde Kraft von außen ein, die ihm die Beute entriss und an unbekannte und unerreichbare Gestade spülte. Noch immer fühlte sich der Deddeth durch die unsichtbaren Bande mit Mythor verbunden, doch konnte er ihm nicht zu der Insel folgen, weil dort eine Macht herrschte, die ihm den Weg versperrte.
    Der Deddeth lauerte in der Ferne, enttäuscht und verbittert; voll Zorn und Hass musste er zusehen, wie die Inselmacht Mythor in ihr Netz verstrickte. Er wurde von wechselnden Empfindungen hin und her gerissen, war einmal nahe daran, einen anderen Menschenkörper als Sitz zu erwählen, und wäre dann wiederum beinahe in das Schattenreich zurückgekehrt, aus dem er stammte. Aber er war unfähig, sich zu irgendeiner Entscheidung durchzuringen.
    Und dann geschah das Unglaubliche: Mythor kam aus eigener Kraft wieder frei, besiegte die Inselmacht und glitt auf einer der Strömungen erneut hinaus in die Strudelsee.
    Das Warten hatte sich gelohnt. Der Deddeth durfte wieder hoffen, seine Bestimmung zu finden und in dem begehrten Körper ein Jemand zu werden. Diese dritte Chance wollte sich der Deddeth nicht entgehen lassen, denn vielleicht war es die letzte.
    Die Schatten der Wasserlebewesen nutzend, eilte er den Weg voraus, den auch sein Opfer nehmen musste, und erreichte schließlich wieder festes Land. Dieses neue, fremde Land war ein Ort des pulsierenden Lebens. Hier sprudelte der Quell der Lebenskraft in solchem Übermaß, dass der Deddeth förmlich davon berauscht wurde. Er musste stark an sich halten, um nicht wahllos hineinzugreifen in die Lebensflut. Er konnte aber seine Begierde zügeln und fand allmählich seine innere Ruhe wieder.
    Nun hielt er erst einmal Umschau, damit er seinen Standort bestimmen konnte.
    Zu diesem Zweck drang er in den Schatten eines menschlichen Lebensträgers ein und schlich sich in dessen Geist. Was für ein herrliches Gefühl das war, die Lichtwelt durch die Augen eines ihrer Bewohner zu betrachten. Es war immer aufs neue ein unbeschreibliches Erlebnis, diese Fülle von Farben und Formen zu schauen, anstatt sie durch die Deutung von Schattenbildern zu erahnen. Die Erbärmlichkeit seines Daseins wurde ihm auf diese Weise deutlich, und er musste an sich halten, um nicht tiefer in den Geist seines Wirtes einzudringen und sich nicht in seinem Körper niederzulassen.
    Deine Bestimmung ist es, Mythors Körper in Besitz zu nehmen! Er brauchte sich dies nur fest genug einzuhämmern, dann fiel es ihm leichter, von diesem Körper abzulassen und zu seinem Wirt auf Abstand zu bleiben.
    Er hieß Behlem und war ein hellhäutiger Basakoter von mittelgroßer Gestalt. Die dunkelhäutigen Menschen dieses Landes, das Moro-Basako hieß, waren die Moronen. Früher, bis vor einem halben Menschenalter, hatten diese beiden Völker gegeneinander um die Vorherrschaft gekämpft. Aber dann hatte Shallad Rhiad sie dazu gezwungen, Frieden zu schließen, und hatte gleichzeitig ihr Land in sein großes Reich eingegliedert.
    Behlem war nun schon über einen Mond in dieser Stadt, die Tambuk hieß. Tambuk war die Hauptstadt von Moro-Basako, lag in einer Bucht der Strudelsee und wurde von den vier Armen des Stromes Ghalin umschlossen.
    Dieses Wissen holte sich der Deddeth aus Behlems Geist, während dieser dem bunten Treiben im Hafen zusah, wo die Galeeren ankerten. Es waren fast durchwegs Händlerschiffe, die die Strudelsee befuhren und hier ihre Ladungen löschten, die sie aus dem Norden mitgebracht hatten. Zwei Schiffe liefen gerade aus, ein anderes fuhr in das Hafenbecken ein. Ein viertes Schiff fuhr weit draußen stromaufwärts. An den seltsamen Decksaufbauten und dem bauchigen Rumpf war es als Lichtfähre zu erkennen, die Legionäre für Logghard brachte.
    Behlem dachte kurz daran, dass die Lichtfähre den Ghalin bis zum See Nehred hinauffahren würde, um in der Stadt Nebruk die Legionäre an die Yarl-Führer zu übergeben. Aber diese Dinge beschäftigten ihn eigentlich nicht. Er hatte kein Auge für das hektische Hafenleben, er nahm die wogenden Menschenmassen, den Lärm und die Gerüche kaum wahr. Ihm stand der Sinn nach etwas ganz anderem, seine Augen suchten in der Menge etwas ganz Bestimmtes.
    Es zog ihn wieder hinaus ins weite Land, zu den Bergen von Rafhers Rücken, wo sein Stamm seine Zelte aufgeschlagen hatte. Behlem war mit drei jungen Orhaken nach Tambuk gekommen, die wild eingefangen worden und noch nicht gezähmt waren. Er hatte sie zu einem guten Preis verkaufen
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