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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz
Autoren: David Farland
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Tages zu Eurem Ritter macht!«
    Gaborn starrte das Kind an und ihn fröstelte. Die Bitte machte ihm angst. Offenbar war die Frau mit Geschichten über die Großtaten von Erden Geboren groß geworden, daher erwartete sie viel von einem Erdkönig. Nur hatte sie keinen Begriff, wo Gaborns Grenzen lagen. »Du verstehst nicht«, versuchte er, behutsam zu erklären. »So einfach ist das nicht.
    Wenn ich dich Erwähle, bemerken meine Feinde das. Der Krieg, den ich führe, gilt weder Menschen noch Greifern, er gilt den unsichtbaren Mächten, die diese antreiben. Wenn ich dich Erwähle, bringt dich das in große Gefahr, und selbst wenn ich in der Lage sein sollte, Ritter zu deiner Hilfe zu schicken, wirst du dir in den meisten Fällen selbst helfen müssen. Meine Mittel sind viel zu beschränkt, unsere Feinde zu zahlreich. Du mußt in der Lage sein, dir selbst zu helfen und mir zu helfen, dich aus der Gefahr zu befreien. Einem – einem Kind könnte ich das niemals zumuten. Ich könnte es unmöglich in Gefahr bringen. Er kann sich doch nicht verteidigen!«
    »Aber er braucht jemanden, der ihn beschützt«, beharrte Molly. »Er hat keinen Vater.« Sie wartete einen Augenblick, ob er etwas erwidern würde, dann flehte sie: »Bitte! Bitte Erwählt ihn statt meiner!«
    Gaborn musterte ihr Gesicht, und seine Wangen brannten vor Scham. Sein Blick wanderte hin und her, von Binnesman zu seinem Days, wie ein Ferrin, den man in einer Ecke der Küche erwischt hatte und der noch zu fliehen hofft.
    »Molly, du bittest, man möge dem Kind erlauben, so
    aufzuwachsen, daß es ein Krieger in meinen Diensten werden kann…« stammelte Gaborn. »Nur glaube ich, soviel Zeit bleibt uns nicht! Uns stehen finstere Zeiten bevor, die finstersten, die diese Welt je gesehen hat: vielleicht schon in ein paar Monaten, vielleicht in einem Jahr werden sie uns ernsthaft eingeholt haben. Dein Kind wird nicht im Krieg kämpfen können.«
    »Erwählt ihn trotzdem«, beharrte Molly. »Wenigstens wißt Ihr dann, wenn er in Gefahr gerät.«
    Gaborn starrte sie entsetzt an. Eine Woche zuvor hatte er mehrere seiner Erwählten in der Schlacht um Longmot verloren: seinen Vater, Chemoises Vater, König Sylvarresta.
    Ihr Tod hatte ihn bis auf den Grund seiner Seele erschüttert. Er hatte nicht versucht, sich selbst oder einem anderen das Gefühl zu erklären, aber er kam sich vor als… besäße jeder einzelne von ihnen Wurzeln, die man ihm aus dem Leib gerissen hatte und die dunkle, klaffende Wundlöcher hinterlassen hatten, welche nie wieder zuwachsen würden. Es war, als verlöre man ein nicht zu ersetzendes Glied, und die Vorstellung, ihr Tod könnte eine Warnung vor seinem persönlichen Versagen sein, verletzte ihn zutiefst. Seine Schuld belastete ihn wie einen Vater, der seine Kinder aus Unachtsamkeit in einem Brunnen hat ertrinken lassen.
    Gaborn benetzte sich die Lippen mit der Zunge. »So stark bin ich nicht. Du ahnst nicht, was du von mir verlangst.«
    »Er hat niemanden, der ihn beschützt«, antwortete Molly.
    »Weder Vater noch Freunde. Nur mich. Seht nur, er ist noch ein Säugling!«
    Sie wickelte den schlafenden Jungen aus, hielt ihn in die Höhe und trat ganz nah an ihn heran. Das Kind war mager, schlief aber tief und fest und schien keinen Hunger zu leiden.
    Sein Atem hatte den süßen Geruch eines Neugeborenen.
    »Sei doch vernünftig«, drängte Binnesman sie. »Wenn Seine Majestät sagt, er kann das Kind nicht Erwählen, dann kann er es auch nicht.« Binnesman nahm Molly sanft beim Ellenbogen, als wollte er sie in die Stadt lotsen.
    Molly ging wütend auf Binnesman los. »Was soll ich Eurer Meinung nach denn tun? Den Kopf des kleinen Bastards gegen einen Stein am Straßenrand schmettern und fertig? Ist es das, was Ihr wollt?«
    Gaborn fühlte sich verzweifelt, dem Schicksal ausgeliefert. Er blickte zu seinem Days hinüber und fürchtete sich davor, was man über seine Entscheidung schreiben würde. Hilfesuchend sah er Binnesman an. »Was soll ich tun?«
    Der Erdwächter betrachtete das Baby und runzelte die Stirn.
    Kaum merklich schüttelte er den Kopf. »Ihr habt ganz recht. Es wäre unklug, ihn zu Erwählen. Ich hielte es auch nicht für rechtmäßig.«
    Molly fiel vor Entsetzen die Kinnlade herunter, und sie trat einen Schritt zurück, als hätte sie soeben erkannt, daß Binnesman, ein alter Freund, zum Feind geworden war.
    Binnesman versuchte zu erklären: »Molly, Gaborn hat von der Erde den Auftrag erhalten, den Samen der Menschheit zu sammeln
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