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Schattenelf - 3 - Der Herr der Flammen

Schattenelf - 3 - Der Herr der Flammen

Titel: Schattenelf - 3 - Der Herr der Flammen
Autoren: R.A. Salvatore
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Hinter den Wolken schien der Vollmond Sheila, manchmal als blasses, volles Rund, dann wieder gänzlich hinter der düsteren, undurchdringlichen Wolkendecke verborgen.
    Brynn, das wusste Juraviel, bekam von alledem nichts mit. Ihr Blick war gleichermaßen in die Vergangenheit wie in die Ferne gerichtet; sie sah den sternenklaren Nachthimmel über einem Lager aus Rehhautzelten, die sich im Schutz mächtiger Felsen an die hoch gelegenen Hänge des Großen Gürtels schmiegten. Vielleicht hörte sie gerade das Lachen ihrer Mutter, gefolgt von den strengen, dabei liebevollen Anordnungen ihres Vaters. Sie vernahm das leise protestierende Wiehern der nahen To-gai-Ponys, die sich über die in dieser großen Höhe spärlichen Gräser beklagten und so zahm waren, dass sie nicht einmal angebunden werden mussten.
    Und das war gut so, davon war Juraviel überzeugt. Sollte sie ruhig in alten Zeiten schwelgen und sich ihr Leben vor ihrer Zeit in Andur’Blough Inninness ins Gedächtnis rufen; sollte sie sich in aller Deutlichkeit bewusst machen, welchen Verlust sie und To-gai erlitten hatten, damit die Aufforderung an ihr Volk, sein Erbe zurückzufordern, nur umso leidenschaftlicher und überzeugender klänge.
    »Ziehen sie eigentlich noch immer hinauf zu den hoch gelegenen Pässen?«, hakte Juraviel nach.
    Brynns Gesichtsausdruck veränderte sich, als sie den Blick senkte, um den Elfen anzusehen – es war, als wäre eine der dunklen Wolken vom Himmel herabgestiegen, um sich wie ein Schatten über ihre hübschen Züge zu legen. »Ich weiß es nicht«, gestand sie betrübt. »Als ich von deinem Volk mitgenommen wurde, versuchten die Chezru gerade, feste Dörfer für uns einzurichten.«
    »Die To-gai-ru müssen zusammen mit ihrem Vieh über das Land ziehen«, erklärte Juraviel. »So ist es bei ihnen Tradition.«
    »Es ist mehr als nur eine Tradition, es ist unser Wesen, unser Weg …« Sie zögerte, so als wäre sie plötzlich unsicher.
    »Euer Weg wohin?«, fragte der Elf. »Etwa in den Himmel?«
    Brynn sah ihn erst verwundert an, dann nickte sie. »In unseren Himmel«, erklärte sie. »Dort oben auf den Hochebenen, in den herbstlichen Tälern voller goldener Blumen, deren Blüte die kalten Winterwinde ankündigt. An den sommerlichen, vom Schmelzwasser angeschwollenen Bächen, wenn wir dem Hochwild auf der Spur sind.«
    »Die Chezru wissen den Wert einer solchen Lebensweise nicht zu schätzen«, sagte Juraviel. »Sie sind eben keine Nomaden.«
    »Weil ihre Wüsten für eine solche Lebensweise nicht taugen«, erwiderte Brynn. »Sie haben ihre vielen Oasen und zahlreichen Städte, aber wenn sie mit dem Wechsel der Jahreszeiten auf Wanderschaft gingen, bekämen sie außerhalb dieser eng begrenzten Enklaven nicht viel Erbauliches zu sehen. Behren ist nicht To-gai; es ist kein Land, das im Wechsel der Jahreszeiten mit einer großen Vielfalt schöner Dinge aufwarten kann. Deswegen haben sie auch kein Verständnis für unsere Lebensweise und versuchen, uns zu ändern.«
    »Vielleicht glauben sie, den To-gai-ru den Weg zu einem bequemeren Leben zu zeigen, wenn sie ihnen Dörfer bauen …«
    »Ach, Unsinn«, fiel Brynn dem Elfen ins Wort, noch bevor dieser ausreden konnte; Juraviel hatte sofort gespürt, dass er mit seiner Bemerkung heftigen Widerspruch auslösen würde das war schließlich seine Absicht gewesen. »Sie wollen nur, dass wir in Dörfern oder sogar Städten leben, damit sie uns dort besser kontrollieren können. In den Dörfern ist es für sie ein Leichtes, die Clans im Auge zu behalten; draußen auf dem flachen Land hätten wir alle Freiheiten, unsere Sitten und Gebräuche auszuleben, und brauchten kein Blatt vor den Mund zu nehmen, wenn wir über unsere Eroberer sprechen.«
    »Aber bedenk doch die Vorteile«, ereiferte sich der Elf. »Ihr hättet endlich ein gesichertes Auskommen.«
    »Der Besitz würde uns zu Gefangenen machen!«, widersprach Brynn. »Städte sind Gefängnisse, nichts weiter. Funktionieren sie reibungslos, nehmen sie einen völlig in Besitz; sie machen abhängig von den Bequemlichkeiten, die sie bieten. Sie nehmen den Menschen im Grunde etwas weg – sehr viel sogar!«
    »Und was nehmen sie den Menschen weg?« Juraviels Ton hatte eine Dringlichkeit bekommen, die er eigentlich gar nicht beabsichtigt hatte. Er spürte deutlich, dass er Brynn an einem empfindlichen Punkt getroffen hatte, dass er sie dazu brachte, aus sich herauszugehen, was exakt seiner Pflicht entsprach.
    »Sie nehmen ihnen die Hochebenen im
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