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Schattenblicke - Thriller

Schattenblicke - Thriller

Titel: Schattenblicke - Thriller
Autoren: Karen-Susan Fessel
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aus dem Schatten des Busses trete und mich noch einmal umdrehe, erkenne ich die Adomeit beim Busfahrer an der Tür, immer noch ins Gespräch vertieft. Kaum zu glauben, die haben nichts mitgekriegt!
    Und komisch  – aber mir ist nicht einen einzigen Augenblick lang eingefallen, um Hilfe zu rufen.
    Ich hole noch mal tief Luft und blicke zum Balaton hinüber. Und da, auf der anderen Straßenseite, entdeckeich den Jungen. Er ist ein ganzes Stück entfernt stehen geblieben und redet mit zwei Männern. Das heißt, sie reden eher mit ihm, jedenfalls einer von ihnen. Mit wild fuchtelnden Armen spricht er auf den Jungen ein, hält ihm etwas hin. Der Junge zögert, dann winkt er ab und setzt sich in Bewegung. Die beiden Männer folgen ihm, und kurz darauf sind sie um die Ecke verschwunden.
    Und auch die Fensterputzer von der Kreuzung sind nicht mehr da. Die Autos rollen ungehindert vorbei. Nur eine halb zerdrückte Flasche mit Spülmittel liegt am Straßenrand und läuft langsam aus.
    Komisch. Erst in diesem Moment wird mir klar, dass der Junge mit den traurigen Augen Deutsch mit mir gesprochen hat.

3 // Montagmittag
    Böhle sieht uns ungeduldig entgegen und schaut dabei auf seine Uhr. »Herrje, da seid ihr ja! Meine Güte, muss ich euch denn nun alle naselang durchzählen?« Er schüttelt den Kopf und sieht sich in der Runde um.
    »Nicht, wenn wir im Bett liegen!« Zeki gähnt vernehmlich, und Birte und die anderen kichern. Wir stehen im Foyer des Hotels: Schon auf den ersten Blick ist zu erkennen, dass wir nicht gerade das große Los mit unserer Unterkunft gezogen haben. Der Teppichfußboden ist abgewetzt, die Topfblumen neben der Eingangstür könnten schon seit Längerem einen Schluck Wasser vertragen, und der Hotelmitarbeiter, der neben Böhle steht, wirkt auch nicht so richtig vertrauenerweckend. Sein Schlips ist schief gebunden, und auf der Hose hat er einen großen Fleck, der verdächtig nach Kaffee aussieht. Aber egal – ich bin einfach nur froh, hier zu sein. Endlich mal raus aus Berlin!
    »Gutten Tag!«, sagt Schiefschlips knarrend und entblößt drei goldene Vorderzähne, als er breit in die Runde lächelt. »Härzlich willkommen in Siofók! Wir wünschen eine gute Aufenthalt!« Er nickt der Adomeit zu, die jetzt hinter mir hereingekommen ist, und wendet sich zu Böhle.
    »Auch Sie hääärzlich willkommen! Hier ist eine gute Wahl für junge Leute. Haben viel Spaß und alles ganz ungefährlich, gute Gägänd!«
    Kann ich eigentlich nicht bestätigen.
    Schiefschlips überreicht Böhle ein Blatt Papier und verschränkt die Hände hinter dem Rücken, während er vor- und zurückwippt. Birte neben mir kichert, und Daria grinst auch schon. Sie haben recht, er sieht wirklich total komisch aus, aber mir ist nicht zum Lachen.
    Mir ist irgendwie seltsam zumute.
    Ich muss an den Jungen denken. Diese Augen.
    Verdammt schöne, traurige Augen hatte er.
    Böhle nickt und studiert die Liste. »So, dann wollen wir mal die Zimmer verteilen. Zeki, Carl und Gian-Luca, ihr habt zusammen die Nummer dreiundvierzig. Dana, Ayshe und …«
    Ich hör gar nicht mehr richtig zu, aber das muss ich auch nicht. Daria, Birte und ich kommen sowieso auf ein Zimmer, das haben wir vorher schon abgeklärt.
    Ob er nachher wohl kommt?
    »He, Alex, was ist denn los mit dir?« Daria stupst mich an, und ich schrecke hoch. Die anderen sind schon dabei, ihre Taschen und Koffer zum Fahrstuhl zu schleppen.
    »Ich … Wisst ihr was? Ich bin gerade fast überfallen worden!«, sage ich, und Daria und Birte starren mich entsetzt an.
    »Was?«
    »Ja, gerade eben, am Bus.« Ich senke die Stimme, damit die anderen nicht mitkriegen, was ich erzähle. Irgendwie habe ich keine Lust auf so einen großen Aufruhr. »Da waren zwei von den Romajungs, ich glaub, die, die auf der Kreuzung Fenster geputzt haben. Die wollten mir den Rucksack klauen, aber dann kam so ein anderer Typ, der hat mir geholfen.« Ich zucke mit den Schultern. »Ist noch mal gut ausgegangen, aber trotzdem.«
    »Mensch, das ist ja krass!« Daria schüttelt den Kopf. »Willst du das nicht lieber Böhle sagen?«
    »Wozu? Ist doch nichts passiert.«
    Daria nickt zögerlich. Sie sieht nicht überzeugt aus. »Ja, da hast du auch wieder recht. Trotzdem krass.«
    »Hab ich auch schon mal erlebt, so was, letztes Jahr, als ich mit meinen Eltern in Frankreich war«, mischt Birte sich ein. »Aber kommt jetzt, lasst uns hochgehen!«
    »Packt eure Sachen aus!«, ruft Böhle uns nach, als wir zur Treppe gehen.
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