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Schatten eines Gottes (German Edition)

Schatten eines Gottes (German Edition)

Titel: Schatten eines Gottes (German Edition)
Autoren: Jutta Ahrens
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ein paar Köhlerhütten halten würden, wenn sich denn je einer hierher verirrte.«
    »Eben das gefällt mir so an diesem Ort«, lächelte Nathaniel.
    »Oh, sei nur nicht so geheimnisvoll. Heraus mit der Sprache! Weshalb hast du dich in diesen verlassenen Winkel zurückgezogen und mir diese schreckliche Reise zugemutet?«
    »Erinnerst du dich an unser Vorhaben und unseren Schwur, Agathos? Jeder von uns arbeitet auf seine Weise daran, ihn zu verwirklichen. Hier in St. Marien bin ich unserer Sache einen gewaltigen Schritt nähergekommen. Und du wirst mir dabei helfen.«
    »Oh, ich verstehe. An diesem lieblichen Ort, den die Dämonen lieben, willst du eine Kathedrale von mir erbauen lassen.«
    »Wenn das einer fertigbrächte, dann du, Agathos. Aber seit wann geht von Kathedralen eine Erneuerung der Welt aus?« Nathaniel erhob sich. »Komm, ich will dir etwas zeigen.«
    Sie verließen den Kreuzgang. Über ein mit Unkraut bewachsenes Wiesenstück führte ein Trampelpfad zu einer kleinen Pforte an der rückwärtigen Mauer, hinter der sich ein dichter Wald wie eine dunkle Wand erhob.
    Eine Pforte, die nirgendwo hinführt,
sagte sich Agathos,
ist fehl am Platze. Oder existierte sie bereits, als es den Wald noch nicht gab? Schließlich sieht das verrostete Ding beinahe hundertjährig aus.
    Nathaniel öffnete sie mit einem einfachen Handgriff. Die geheimnisvolle Pforte erwies sich als unverschlossen, außerdem gaben die rostigen Angeln kein Geräusch von sich. Sie waren frisch geölt, als herrsche hier ständiger Verkehr.
    Agathos hob anerkennend die Augenbrauen. »Aha. Eine antike Tür, wahrscheinlich aus der Zeit Abrahams, und sie quietscht nicht einmal. Heißt das, du willst mich in dieses fürchterliche Gestrüpp locken?«
    »Das ist meine Absicht. Du brauchst mir nur zu folgen, aber keine Angst zu haben.«
    »Angst wurde mir zum Fremdwort, seit ich eure Teufelsseen heil überstanden habe.«
    »Du schlotterst an allen Gliedern, mein Freund, aber ich weiß, dass deine Neugier dich umbringt.«
    Wo auf den ersten Blick kein Durchkommen möglich schien, fand sich jetzt doch ein Pfad, ein Pfad allerdings, den Agathos ohne Nathaniels Hilfe niemals gefunden hätte. Sein Herz pochte erwartungsvoll. Er war nun sicher, dass Nathaniel hier etwas Kostbares verbarg. Was würde er zu sehen bekommen? Eine gute Viertelstunde tappte er seinem Freund hinterher, durch Ranken und Dornen, über bemooste Findlinge und vermodernde Baumstämme. Dann traten sie plötzlich hinaus auf einer großen Lichtung, die von einem Bach durchflossen wurde.
    »Wir sind da«, sagte Nathaniel.
    »Ach ja?« Agathos sah sich um. »Ein schönes Fleckchen Erde, etwas schwer zu erreichen, aber …«
    »Hier ist es, Agathos.« Nathaniel breitete die Arme aus. »Hier wirst du deine Stadt bauen, unsere Stadt. Es wird der Anfang sein, verstehst du?«
    »Eine Stadt?«
    »Nun ja, vom Umfang eher ein Dorf, aber dafür hast du alle Freiheiten. Du weißt, was wir damals in langen Nächten diskutiert haben. Deine Stadt, unsere Stadt! Der Traum kann wahr werden. Hier an diesem Ort.«
    Agathos begann zu begreifen. Er schritt hinaus auf die Lichtung, sah sich prüfend um und machte ausholende Armbewegungen, als teile er den Boden bereits auf in Häuserzeilen und Plätze. »Du hast recht!«, stieß er atemlos hervor. »Es ist ein idealer Platz, um die Miniatur einer zukünftigen Stadt zu bauen, das Modell aller zukünftigen Städte. Orte mit Licht und Luft, wo Kunst und Kultur ihre Heimstatt haben und frei sind von kirchlichen Dogmen. Allerdings …«
    »Einwände?«
    »Es kostet.«
    »Geld spielt keine Rolle.«
    »Hm, das dachte ich mir. Was viel wichtiger ist. Wie schaffen wir das Baumaterial hierher? Und was ist mit den Arbeitern? Wir können es nicht geheim halten.«
    »Kümmere du dich nur um die Stadt, die Organisation überlasse mir. Ich bin nicht untätig geblieben seit Antiochia. Was die Bauarbeiter angeht, wird mir Heinrich aus Fulda aushelfen.«
    »Und das Material?«
    »Es gibt eine alte, vergessene Straße, die von Süden kommt. Natürlich ist sie teilweise zugewachsen. Wir werden sie wieder befahrbar machen und das Material in der Nacht heranschaffen. Zusätzlich verbreiten wir das Gerücht, wir wollten das Kloster erweitern. Wenn die Bauarbeiten abgeschlossen sind, werden wir den Zugang zur Straße mit schnell wachsenden Büschen und Bäumen wieder schließen.«
    Agathos ließ seinen Blick noch einmal über die Lichtung schweifen, in Gedanken sah er die Stadt
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