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Schartz, S: Elfenzeit 20: Der Atem der Unsterblichkeit

Schartz, S: Elfenzeit 20: Der Atem der Unsterblichkeit

Titel: Schartz, S: Elfenzeit 20: Der Atem der Unsterblichkeit
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Schwester, doch diese rührte sich nicht.
    »Hat es überhaupt einen Sinn, wenn ich gehe?«, fragte Rustam verzagt. Er hatte die Behandlung, ohne mit der Wimper zu zucken, über sich ergehen lassen. Das hatte ihm seine Mutter schon früh beigebracht: stets wohlerzogen den Frauen gegenüber zu sein.
    »Hm. Du willst wohl, dass ich für dich die Runen werfe? Oder die Weberinnen nach deinem Schicksal befrage?« Baba Jaga rückte von ihm ab und musterte ihn mit funkelndem Blick. »Nur du allein kannst deine Entscheidung fällen, Rustam, niemand sonst.«
    »Aber welche ist die richtige?«
    »Welche Entscheidung hast du denn schon getroffen? Damit mir auch die richtige Antwort einfällt.«
    Gegen seinen Willen musste Rustam grinsen. Die knochige alte Frau grinste zurück. Dann fuhr er ernst fort: »Ich habe mich entschieden, in den Krieg zu ziehen. Ich werde nicht tatenlos zusehen und abwarten, was geschieht, sondern will helfen, ein gutes Ende herbeizuführen.«
    »Gut, gut.« Baba Jaga nickte und wiegte sich leicht vor und zurück. »Das ist gut.«
    »Ich begegnete Yevgenji und Spyridon«, fuhr Rustam fort.
    »Den Ewigen Todfeinden? Ah!«
    »Es hat sich nichts geändert zwischen ihnen. Der eine wird zu Fanmór gehen, der andere zu Bandorchu.«
    »Und dich zerreißt es, was?«
    »Das ist mein Problem, Großmutter. Zu wem soll ich gehen? Bandorchu verspricht die Stabilisierung, und sie tut bereits alles dazu. Fanmór aber steht für die alte Ordnung. Beides ist wichtig. Wir können auf keines verzichten. Vielleicht gelingt es einem von ihnen, uns die Unsterblichkeit zurückzugeben. Aber wem? Ich will einfach nichts falsch machen.«
    »Verstehe, verstehe.« Baba Jaga tippte sich mit dem langen spitzen Fingernagel ans Kinn. »Das ist wirklich fatal. Hast du denn den Eindruck, eine Seite handele falsch?«
    »Nein. Ich glaube, beide wollen das Richtige tun, kann bisher allerdings nicht erkennen, dass sie auf dem verkehrten Weg sind.«
    »Was zählt dann wohl mehr, Mann oder Frau?«
    »Beide sind uralte Mächte.«
    »Aber Bandorchu hat sich gewandelt …«
    »… weil sie ins Schattenland verbannt wurde. Und sie hat dort nicht nur überlebt, sie kehrte zurück! Das ist von großer Bedeutung.«
    »Tja, ihr könnte es gelingen. Sie scheint alles möglich zu machen. Demnach solltest du dich ihr anschließen!«
    Rustam schüttelte den Kopf. »So einfach ist das nicht. Fanmór hat den Frieden gebracht. Er ist ein großer Herrscher und war einst mit Göttern im Bunde. Er will erhalten. Wenn es ihm gelingt, kann er alles wiederherstellen.«
    »So folge ihm!«
    Rustam sah Baba Jaga flehend an.
    Die verdrehte die Augen. »Du musst dich entscheiden, andernfalls wäre dein Wunsch an mich, dich in zwei Teile zu schneiden und diese ins Feld zu schicken. Ist es das, was du willst?«
    »Gewiss nicht!«
    »Also was? Willst du hier sitzen bleiben, bis alles vorüber ist?«
    »Bitte hilf mir. Nur du kannst es. Sag mir, wie ich die richtige Entscheidung finde.«
    Baba Jaga hob die Hand. »Dein Schicksal kann ich dir nicht sagen, und das Runenwerfen ist nur was für Scharlatane. Niemand kann lesen, was da steht, nur interpretieren! Dazu brauchst du mich nicht. Es gibt keine Weissagung, kein Orakel, einfach gar nichts – allein deine Entscheidung.« Sie seufzte tief. Dann rief sie quer durch den Raum: »Schwester, wie stehst du dazu? Was glaubst du, welche Seite tut das Richtige?«
    Keine Antwort. Baba Jaga wollte sich gerade wieder Rustam zuwenden, da drehte die Frau, die wie eine jüngere Ausgabe von Baba Jaga aussah, sich plötzlich um. Sie sah Rustam ernst an, blickte dann zu ihrer Schwester, hob schließlich einen Finger und hielt ihn an ihr weit geöffnetes Auge.
    Rustam begriff gar nichts. Die Alte dafür umso mehr.
    »Ah! Gute Idee! So machen wir es.« Baba Jaga schlug sich ans Bein. »Ja, das ist die beste Lösung.«
    »Ich soll mir ein Auge ausstechen?«
    »Törichter Knabe! Baba Jaga meint, du sollst es
sehen
. Dann weißt du es. Das ist ganz einfach, ohne Trick und Wahrsagerei.« Die Alte griff nach der Zuckerdose, schüttete sich eine Handvoll in die linke Hand. »Jetzt pass gut auf. Achte nur auf das, was du siehst.«
    »Und was ist, wenn ich nichts sehe?«, fragte Rustam vorsichtig.
    »Dann wirst du nicht gehen, denn es gibt für dich nichts zu tun. So einfach ist das, ich sagte es bereits. Die Antwort liegt vor deinen Augen, und ich mache sie dir jetzt sichtbar. Das ist alles. Pass auf!« Mit Schwung streute Baba Jaga den Zucker
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