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Scharfe Pranken

Scharfe Pranken

Titel: Scharfe Pranken
Autoren: G. A. Aiken
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in Kombination mit seinen hohen Wangenknochen, seiner prallen Unterlippe und seiner platten Nasenspitze, die entfernt an eine Katzenschnauze erinnerte, verriet dennoch seine mongolische Abstammung.
    Blayne hätte es zwar nie laut zugegeben, aber es war schon ziemlich cool, dass er von sich behaupten konnte, sein Rudel stamme direkt von einer Blutlinie von Löwenwandlern ab, die sich bis in die Zeit von Dschingis Khan zurückverfolgen ließ. Novikovs Vorfahren waren Khans Armeen vorangestürmt, hatten vernichtet – und gefressen –, was immer sich ihnen in den Weg gestellt hatte, und dem barbarischen Anführer so dabei geholfen, sein Territorium immer weiter auszudehnen, bis sich die Katzen schließlich gelangweilt hatten und weitergezogen waren. Natürlich bestand Novikovs Familie auch väterlicherseits nicht gerade aus friedliebenden Zeitgenossen. Ganz und gar nicht. Die Novikovs stammten von einer Sippe mächtiger sibirischer Kosaken-Eisbären ab, die sich bis ins frühe siebzehnte Jahrhundert zurückverfolgen ließen und in einigen Städten in der Nähe des Polarkreises noch immer mit brutaler Härte regierten.
    Nachdem sie sich scheinbar endlos lange angestarrt hatten, glitt Novikov schließlich doch ein Stück von Blayne weg, warf ihr einen letzten durchdringenden Blick zu und skatete zu seinem Team zurück.
    Sobald er weg war, sackte Blayne auf ihrem Platz zusammen.
    »Du keuchst ja nicht schlecht, Süße.«
    »Ich keuche nicht «, gab sie Gwen zurück. »Ich versuche, nicht vor Angst zu ersticken. Ich hab echt gedacht, er würde mir das Gesicht zerfetzen.«
    Gwen hielt ihr die Tüte mit dem Popcorn hin. »Ich weiß wirklich nicht, warum er dir solche Angst macht.«
    Blayne starrte ihre beste Freundin an. »Gott, ich habe selbst keine Ahnung. Vielleicht liegt es ja daran, dass er immer aussieht, als wollte er mir die Kehle rausreißen und zusehen, wie das Leben langsam aus meinem Körper entweicht, damit er meine Leiche vögeln kann, ohne ständig von meinem lästigen Geschrei und Gezappel abgelenkt zu werden, während ich mich gegen ihn wehre!«
    Blayne schüttelte sich und ignorierte die bebenden Schultern ihrer Freundin, die von einem leisen, aber hysterischen Lachanfall erfasst wurde. Sie drehte sich um und lächelte die sechsköpfige Familie an, die hinter ihnen saß. Der Jüngste war ungefähr fünf. »Entschuldigung«, krächzte sie. »Tut mir wirklich leid.«
    Der Vater, ein Schakal, kläffte sie missbilligend an.
    Blayne drehte sich wieder zurück. Zum wiederholten Mal musste sie sich daran erinnern, dass nur beim Roller-Derby Zuschauer erst ab einundzwanzig eingelassen wurden. Alle anderen Sportarten, ganz gleich, wie blutrünstig sie auch waren, galten als familienfreundlich. Weil auch ein fünfjähriger Welpe schon wissen sollte, wie er einen unglückseligen Geparden ausweiden muss, der sich seinen Ball geschnappt oder ihm seinen Puck weggenommen hat.
    »Popcorn?«, bot Gwen ihr an.
    Ohne ihre Freundin eines Blickes zu würdigen, griff Blayne in die Tüte und nahm sich eine Handvoll. »Ich hasse dich«, versicherte sie Gwen.
    »Ich weiß, Schätzchen. Ich weiß.«
    Bo ließ sich auf der Bank nieder, während die zweite Garde aufs Eis ging. Er zog einen seiner Handschuhe aus, fasste unter seinen Helm und kratzte sich durch sein verschwitztes Haar am Kopf. Als er fertig war, streifte er sich den Handschuh wieder über und beobachtete das Spiel.
    Sie war hier. In diesem Stadion. Saß auf einem lächerlich teuren Platz neben demselben Mädchen, mit dem sie schon in der Highschool befreundet gewesen war. Sie hatte sich kaum verändert, seit er ihr zum ersten Mal begegnet war – seit sie vor ihm weggerannt war. Schreiend. Ihre Reaktion hatte seinem recht empfindlichen Ego damals einen ziemlichen Schlag verpasst. Er hatte sich jedoch nichts anmerken lassen, und außerdem war er ohnehin viel zu sehr damit beschäftigt gewesen, die muskulösen Beine unter ihrer katholischen Schuluniform zu betrachten, als sie davongestürmt war. Schnurr.
    Aber auch jetzt sah sie ihn mit diesem Ausdruck an, oder nicht? So, als sei sie zwischen ein Grizzlyweibchen und dessen Nachwuchs gestolpert. Schon komisch, die meisten weiblichen Wesen sahen ihn nicht so an. Allerdings waren die meisten weiblichen Raubtiere auch sehr direkt und ließen sich nur selten verjagen, wenn sie etwas wollten. Bo wusste, dass einige von ihnen eher an seinem Geld interessiert waren oder hofften, den nächsten großen Eishockeystar zur Welt zu
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