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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib
Autoren: Claudia Weiss
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auf ihre Ehre gab und Angst verachtete, zögerte nicht, sich mit ihnen zu prügeln. Von einem Faustschlag auf ihr rechtes Auge trug sie eine Narbe davon, die ihre dunklen Brauen verstärkte und ihr zusammen mit den zusammengebissenen Lippen einen abweisenden Ausdruck verlieh. Mit ihrer eher hohen Stimme hörte man sie aus jeglichem Getümmel heraus, und oft schlug sie mit der Faust auf den Tisch, um ihrer Rede Nachdruck zu verleihen. Nie trug sie eine Haube über ihrem blonden Haar, das lediglich nachlässig zu einem Zopf gebunden war.
    Im Frühjahr 1690 wurde Ilsabe konfirmiert, und im selben Jahr heiratete ihre Schwester John Dittmer, einen Bauern aus der Umgebung. Er war eine sehr gute Partie für Magda, und sie gab alles, um den Widerstand der Schwiegereltern zu überwinden. Keine Arbeit war der ehrgeizigen Schwester zu schwer, keine Portion zu klein, kein Rat der Schwiegermutter zu viel. Als Magda ihrem Mann nach einem Jahr einen Hoferben gebar, hatte sie ihren Platz als Jungbäuerin fest erobert und auch die Zuneigung der Alten auf ihrer Seite.
    Im Sommer des folgenden Jahres wurde Ilsabes Vater in den Reichskrieg gegen Frankreich kommandiert, und schon kurze Zeit später fiel er bei Höchstädt. Mit fünfzehn Jahren war das Mädchen zur Waise geworden. Es musste die kleine Garnisonswohnung verlassen und mit ihr auch jenes Leben, das ihm, wenn auch keine Liebe, so doch Sicherheit und ein Zuhause gegeben hatte.
    Als Schwester der Jungbäuerin hatte Ilsabe das Recht, auf dem Hof ihres Schwagers zu leben, doch musste sie sich dafür in die häusliche Ordnung fügen, die neben den Schwiegereltern von ihrem Schwager und dessen jüngeren Bruder bestimmt wurde. Die Arbeit auf dem Hof ging Ilsabe schwer von der Hand. Die Tätigkeiten im Haus verrichtete sie zu grob, Handarbeit beherrschte sie kaum, mit ihrem kleinen Neffen wusste sie nicht recht umzugehen. Auch vom Kochen verstand sie nichts. Ständig stritt sie sich mit John und stellte so die Ordnung in Frage. Magda versuchte zu vermitteln, doch stand sie letztlich immer auf der Seite ihres Mannes.
    »Mädchen, du musst erwachsen werden und lernen, dich zu fügen. Was soll sonst aus dir werden? Wie willst du einen Mannfinden, wenn du dich gibst wie ein Streithahn und herumläufst wie eine Vogelscheuche? Sollen wir dich durchfüttern bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag?«
    Die Ermahnungen der Schwester wären wohl für Ilsabe noch zu ertragen gewesen. Immerhin klangen sie ihr schon seit Kindertagen im Ohr. Unerträglich hingegen wurde Johns jüngerer Bruder. Er stellte ihr nach, wo er konnte. Hatte er auf dem Hof auch sonst als jüngerer Bruder kaum etwas zu melden, so hatte wenigstens dieses dürre Ding ihm zu gehorchen und den Rock für ihn zu heben. Er lauerte ihr auf, wenn sie morgens zum Brunnen ging, um Wasser zu holen. War sie beladen mit den schweren Eimern, packte er im Vorbeigehen ihren Hintern. Befand sie sich beim Melken im Stall, schlich er sich manchmal leise von hinten an sie heran, griff ihre Brüste und ließ sie wie die Zitzen des Kuheuters fest durch seine großen Pranken gleiten.
    »Ausstreichen musst du sie, Mädel, damit’s ordentlich spritzt.«
    Bevor Ilsabe sich befreien und ihn packen konnte, war er schon wieder weg. Ein-, zweimal stieß sie dabei den Eimer mit der Milch um, erschreckte die Kuh und musste sich von der alten Schwiegermutter maßregeln lassen, dass sie so bockig sei, sich noch nicht einmal helfen zu lassen.
    Als sie eines kalten Morgens im Februar im Backhaus den Ofen feuerte und tief nach vorn gebeugt die Flammen schürte, kam er von hinten an sie heran, riss ihr den Rock hoch, warf sie auf die Seite und drückte mit seinem schweren, stinkenden Leib ihre Beine auseinander. Ihr Kopf pochte wie wild vom Aufprall gegen den Holzstoß, auf den er sie geworfen hatte. Mit dem Ellenbogen drückte er ihr Kinn nach hinten, die zweite Hand gierte unter ihrem Leibchen nach den Brüsten.
    »So, du kleines Miststück, heute wirst du mir geben, was mir zusteht!«
    Da spürte Ilsabe den Schürhaken in ihrer Hand. Sie packte ihn fester und schlug ihn dem kräftigen Mann mit einem heiseren Aufschrei auf den Kopf. Wie ein schwerer Sack brach er in sich zusammen und ließ sein ganzes Gewicht auf das Mädchen fallen. Ilsabe bekam kaum noch Luft, ihre linke Schulter brannte wie Feuer. Trotz des Schmerzes spürte sie eine Art wilder Befriedigung und hätte mit dem Schürhaken am liebsten weiter auf den Mann eingeschlagen. Stattdessen nahm sie alle Kraft
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