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Schampanninger

Titel: Schampanninger
Autoren: Max Bronski
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wahrscheinlich? Ich würde es herausbekommen.

5
    Der Fahrer setzte mich ab.
    – Wer zahlt, fragte ich.
    Er deutete wortlos auf eines der vor dem Weißbräu aufgestellten Plakate. Der Nikolaus auf Dienstfahrt wurde freigehalten. Von der Eventagentur Bossert offenbar, die, wie zu lesen war, solchen Veranstaltungen die organisatorische Geschmeidigkeit gab. Außerdem machte mir der Aushang sofort klar, was heute Abend gespielt wurde: Zu Nikolaus wurden vierhundert Hendl an vierhundert bedürftige Münchner ausgegeben. Eingeladen hatte der Verein Lux in tenebris , der Charityveranstaltungen organisierte und bei Promis Geld baggerte. Eine fesche junge Bedienung nahm mich in Empfang.
    – Ich bringe Sie zum Chef.
    Sie führte mich in die Küche. Dort war eine ziemliche Brüllerei im Gange, genau genommen brüllte nur einer: der Chef. Er hielt eine letzte Ansprache an seinen versammelten Küchentrupp, so folkloristisch-frontal, als hätte er seine Murnauer Jägertruppe in die Schlacht zu schicken. Er wies ihnen einen fertig konfektionierten Teller.
    – Hendl, Kartoffelsalat, ein bissel Radieserl zwischenrein und Petersil drüber. Eins nach dem anderen, jeder muss Vollgas geben, sonst kommen wir nie durch mit den vierhundert Leuten. Zack zack auf die Teller! Und dann nix wie raus, aber im Schweinsgalopp.
    Er schaute noch einmal in die Gesichter seiner Männer.
    – Alles klar, oder?
    Er drehte sich um, und nun stand ich vor Berni Berghammer.
    – Ja Suserl, wen bringst uns denn da?
    – Den Nikolo, sagte Susi auf gut Bayerisch.
    So unkundig konnte sich niemand geben und behaupten, er habe noch nie Notiz von Berni Berghammer genommen. Praktisch jede Woche stand etwas über ihn in einem der Münchner Blätter zu lesen. Berni, den großen BB, dessen Initialen auf dem Revers seiner Kochkittel eingestickt waren, konnte man weder überhören noch übersehen. Er kochte in Funk und Fernsehen, verfasste Bücher, dirigierte ein halbes Dutzend Lokale in München, war Wiesnwirt, flog im Hubschrauber zu Abendveranstaltungen solventer Kundschaft, für die er gebucht worden war, oder organisierte kulinarische Events drinnen, draußen oder droben, aber nie drunten in Österreich, weil die ihre eigenen Köche haben. Zwischendrin erfand er Marzipanstollen-Gefrorenes mit Zimtschaumhäubchen und Feigenkompott und ließ sich im Naturaltausch für eine zünftige bayerische Wurstkesselparty beim Schönheitschirurgen Pfandler von demselben die vom vielen Zwiebelschneiden angeschwollenen Tränensäcke entfernen.
    Im Spätsommer hatte ich ihn sogar selbst erlebt, als man ihm auf dem Viktualienmarkt ein Zelt aus leuchtend weißen Planen aufgebaut hatte, um eine große Werbeaktion zu starten, durch die Schampanninger mit Ingwerwürferl zum neuen bayerischen Volksgetränk gemacht werden sollte. Berni krallte sich aus dem Publikum einen rundlichen, grauhaarigen Anzugträger mit Hornbrille und Aktentasche. Dieser hatte Anstalten gemacht, sich durch die umstehende Menge nach hinten zu verdrücken. Berni erwischte ihn noch am Kragen, zog ihn zu sich her und legte seinen Arm um ihn.
    – Pass auf, Vati, sagte Berni. Beim Schampanninger kannst sogar du als Behördenhengst loslassen. Da wirst du innerlich vollkommen heiter und gelassen. Und der Ingwer dazu macht dich absolut klar. Der zündet auch im dümmsten Schädel ein Lichtlein an! Und für die Leber ist der sowieso gut, da haut es dir das ganze Gift und die Schlacken raus. Die Mischung ist der absolute Kracher, das musst du probieren!
    Unter Johlen und Beifall überreichte er ihm ein Glas.
    – Der Nikolo!
    Berni klopfte mir patschend auf die Schulter.
    – Alles klar, oder?
    Menschen, die gewohnt sind, dass sich ihr Wille drahtlos auf andere überträgt, wollen darauf keine Antwort. Auch bei Berni handelte es sich um eine Feststellung. Ich sah ihn an. Er war ein großes, massiges Mannsbild mit langen, schon schütteren schwarzen Haaren, die er hinten mit einem Gummi zusammengebunden trug.
    – Magst auch ein Hendl?
    Ich nickte.
    – Dann setzt du dich einfach zu mir in die Stube rüber. Die Susi bringt es dir.
    Kurz darauf hockte ich in dem Stube genannten Büro von Berghammer am Tisch und hatte ein Hendl mit Kartoffelsalat und eine Halbe Bier vor mir. Offenbar war heute Abend auch maßvoller Alkoholausschank an Bedürftige vorgesehen.
    Berni kam herein, wischte sich die Hände an seiner Schürze ab und ordnete seinen verklebten Haarpuschel. Vielleicht konnte er sich da hinten von Dr. Pfandler
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