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Savoir-vivre mit Hindernissen

Savoir-vivre mit Hindernissen

Titel: Savoir-vivre mit Hindernissen
Autoren: Frieda Lamberti
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ausmachen würde, wenn wir mit ihr und ihrem Mann zu viert im privaten Rahmen speisen würden. Ganz im Gegenteil. Anja erzählt von der Alten Mühle und dass auch sie vom Fach ist.
   »Dann weiß du ja, was wir hier gerade durchmachen. Außerhalb der Saison lohnt es sich nicht. Christopher und ich machen uns krumm, für einige Gäste, die man an einer Hand abzählen kann. Frühstück, Mittag, Zimmer sauber machen. Abendessen und dann das ewige Genörgel über die Preise. Südfrankreich ist nun mal nicht billig, stöhnt Nicole.
   »Und während der Saison fressen uns die Kosten auf. Allein das Personal. Kellner, Zimmermädchen, Küchenhilfen. Da bleibt am Ende nicht viel hängen«, fügt Christopher an.
   »Nee, Leute. Ihr habt keinen Grund zum Stöhnen. Ihr seid jung, kerngesund und ihr erwartet euer erstes Kind. Also freut euch und macht ein anderes Gesicht!«, sagt die Expertin Anja. Nicole verlässt weinend den Tisch und Christopher ist in Erklärungsnot. Bei einem Glas Wein erzählt er uns, dass er mit seinem Bruder vor fünf Jahren das Anwesen gekauft hat. Zusammen mit ihm wollte er das riesige Grundstück mit Ferienhäusern bebauen. Ein Club Vineyard sollte entstehen. Mit gehobener Gastronomie und erlesenen Weinen. Aber schon nach zwei Jahren ging sein Bruder mit seiner Baufirma in Bremen pleite.
   »Die ersten beiden Häuser konnten noch nicht einmal fertiggestellt werden. Jetzt droht Nicole und mir wegen ihm die Zwangsversteigerung.«
   »Welche Häuser?«, frage ich.
   »Das Clubhaus und der erste Pavillon. Die Gebäude liegen in Mitten der Weinberge. Drei Minuten Fußweg von hier.«
   »Warum verkauft ihr nicht?«
   »Weil die Baugenehmigungen abgelaufen sind und nicht erneuert werden. Der neue Gemeinderat hat entschieden, dass keine Neubauten mehr errichtet werden dürfen. Wir haben teures Geld für Bauland bezahlt. Jetzt hat es nur noch den Wert von Ackerland.« Puh. Das ist wirklich ein starkes Stück.

Statt mit Kapellmann und den Schneiders zu frühstücken, trinken Anja und ich bei Nicole in der Küche einen Kaffee. Sie entschuldigt sich für ihre Tränen vom Vorabend und ich tröste die werdende Mama.
   »Das sind die Hormone. Gib mir einfach deinen Überschuss ab. Ich kann ihn gut gebrauchen.« Aber sie lacht nicht, sondern erzählt uns im Vertrauen, dass wenn sie nicht binnen zehn Tagen eine gewaltige Summe aufbringen, Kapellmann das Anwesen ersteigert.
   »Zum Schnäppchen Preis. Er lungert hier schon seit Wochen herum und wartet nur darauf, dass er zuschlagen kann.« Ich bin entsetzt. Wie dreist, dass sich dieser übergewichtige Leichenfledderer auch noch bei den beiden netten Leuten einquartiert und sich von ihnen bedienen lässt.

Nach dem das Frühstück beendet ist, bitte ich Christopher, mir die Rohbauten zu zeigen. Wir machen uns auf einen kurzen Spaziergang über einen schmalen Weg durch die Weinberge. Nach der Biegung sehe ich schon die roten Dachziegel eines langen Gebäudes. Es ist einstöckig und hat eine ungestrichene Putzfassade. Fünf bodentiefe Rundbogenfenster mit Sprossen und Klappläden geben diesem Gebäude ein Gesicht. Es liegt auf einem prächtigen Naturgrundstück, auf dem uralte Korkeichen wachsen. Kurz vor den Weinstöcken ist ein riesiger Pool errichtet.
   »Und das ist der Pavillon. Unser Prototyp für die geplanten Ferienhäuser.« Der quadratische Baukörper von rund 60 qm ist in zwei Zimmer, Küchenzeile und Bad aufgeteilt.«
   »Warum vermietest du die beiden Häuser nicht? Dann hättet ihr wenigstens Einnahmen.«
   »Für die Endarbeiten und die Einrichtung fehlte mir das Geld, nachdem die Bank den Hahn zugedreht hat.« Ohne lange zu überlegen rufe ich aus
   »Ich kaufe es! Nenne mir einen angemessenen Preis.« Ich bin völlig aus dem Häuschen. Genau das ist der Platz, den ich gesucht habe. Anja sieht mich entgeistert an. Ob ich ohne Martin, so eine Entscheidung treffen kann, will sie wissen. Ja, ich kann. Ich habe ein gutes Bauchgefühl. Und darauf konnte ich mich immer blind verlassen. Christopher schaut mich entgeistert an. Er glaubt mir scheinbar nicht und sagt
   »Zahle noch diese Woche und es gehört dir.« Wie groß das Grundstück ist, will ich wissen und was an notwendigen Baukosten anstehen würde. Schließlich werde ich gleich zurückfliegen, um meinen Riesen zu mobilisieren.

Während ich die Koffer packe, suchen Nicole und Christopher Unterlagen für mich zusammen. 7000 qm ist das
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