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Satt Sauber Sicher

Titel: Satt Sauber Sicher
Autoren: Dirk Bernemann
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don't want to be like you don't want to live like you learn by our own mistakes, thank you forcing time and pushing through you are not our heroes anymore ... you are not my mother you are not my father ...
New Model Army - Heroes
    Das Lied hat sich in den Fasern der schlecht geklebten Tapete festgesetzt und reflektiert von dort aus den miterlebten Wahnsinn von Peter und seinem Bruder Roland. Dieses Lied zieht immer noch wie ein Geist durch die Mauern und manchmal, wenn es ganz still ist, und das ist es sehr oft hier, können die beiden Eltern die musikalische Anklage vernehmen, aber leider können beide nicht gut Englisch.

... Kurz vor der ersten Straßenbahn Sind die Gedanken müde und schwer Ein Stern fällt ins Wasser und der Mond hinterher Einmal für dich Einmal für mich Wo ist der Gott, der uns liebt Ist der Mensch, der uns traut Ist die Flasche, die uns wärmt Wenn der Morgen graut ...
Element of Crime - Wenn der Morgen graut
Geliebte Schwester Hoffnung
    Deutsche Großstadt. Der Mond ist aufgegangen und grinst breit ins Land. Küsst hier und da ein Hochhaus der gute, runde, gelbe Mond. Versucht die Stadt zu romantisieren der glückliche, naive Mond. Aber die vollgefressenen und betrunkenen Großstadtleute schlafen schon oder Romantik geht sie nichts an. Der Mond macht trotzdem gelbes Licht auf die Dächer. Reflektiert doch nur Sonnenlicht, das derzeit woanders auf der Welt scheint. Zentralafrika zum Beispiel. Da krallt sich grad die Sonne die harte Wüste und trocknet die Augen der weinenden Negermamas, deren Biafrakinder den Fliegen zum Opfer fallen. Die legen Maden in die großen, dunklen Augen rein, einfach weil da Platz ist. Die Köpfe groß, die Bäuche dick, die Ernte im Arsch, die Hilfe falsch, die Ärzte inkompetent oder überfordert und der Bürgerkrieg frisst alles auf. Lecker Entwicklungsland, denkt der Bürgerkrieg und haut kräftig rein. Beißt sich durch die Wüste, kaut rum auf abgebombten Beinen und zum Nachtisch die Kinder mit den Fliegen in den Augen. Seine Verdauung kotzt der Bürgerkrieg dann über Mitteleuropa aus. In Form von Flüchtlingen mit Booten. Die schwappt an den Strand, die Kotze. Mitteleuropa hat da keinen Bock drauf, hat ja so viel eigene Verdauung. Europa, das ewig bessere, pseudoprivilegierte Dekadenzarschloch macht deswegen Mauern um sich, um sich vor dem, was der Bürgerkrieg abwirft, zu distanzieren. Da komm mal einer unblutig drüber.
    Die Stadt stinkt. Auch nachts. Besonders nachts. Da kann der Mensch alles viel besser wahrnehmen, weil es dunkel und die Nacht dumm und reizlos ist. Die stinkende Nacht liegt also über der einfältigen Stadt. Sie riecht nach Abgasen, Bratwurstresten, Verdauungsrückständen, immensen Urinausschüttungen, Tankstellennebengerüchen und gezuckertenErnährungsgegenständen zur Verfettung von Kindergesichtern. Und es riecht nach diesen Resten von Leben, die in irgendwelchen Betten liegen und schlafen und sich des Erwachens sträuben und sehr oft, wenn das Leben den Blick auf das Leben verstellt, nach Suizid und nach Fantasieleben. Da reiten sie dann auf Einhörnern, die blöden Träumer, und machen die Welt besser, pflanzen Bäume, leben Träume, trocknen Tränen und heilen einander böse Krankheiten und trauen sich sogar an partnerschaftliches Füßemassieren. Solche Gedanken befinden sich in den Köpfen von Leuten, die auf der Flucht vor ihrem Leben sind.
    4.30 Uhr. S-Bahn-Haltestelle. Da sitzt ein Mensch auf einer Bank und kramt in den Taschen seiner Strickjacke. Fummelt ein Päckchen Zigaretten hervor und ein Feuerzeug. Das Feuerzeug flackert und der Atem geht ganz bewusst nach innen. Der Mann auf der Bank raucht. Und denkt. Es ist Randor Namobi, Asylant, Afrikaner, Mensch, berechnendes Arschloch. Dann zieht er noch einen Gegenstand aus der anderen Tasche der durchgeranzten Secondhand-Strickjacke und starrt abwechselnd in die stinkende Nacht und auf sein Telekommunikation sendgerät. Handy. Kleines, dummes Handy. Blinkt, speichert, leuchtet, klingelt, foltert.
    Der bestgutintegrierte Ausländer Randor Namobi wählt eine Nummer in sein Handy. Halb auf Englisch, ein Viertel Deutsch und ein Viertel ahnungslos redet er mit einer Andersgläubigen. Er verabredet sich aus Liebe beziehungsweise aus dem Beweggrund, den er für Liebe und Sicherheit hält, und denkt an Vera. Die ist am anderen Ende der Nacht nicht so gut auf Herrn Namobi zu sprechen, denn es ist spät und die Sehnsucht hat doch Zeit bis morgen. Vera und Randor Namobi kennen sich
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