Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sanfte Selbstbehauptung

Titel: Sanfte Selbstbehauptung
Autoren: Barbara Berckhan
Vom Netzwerk:
mit uns – das Restaurant. Am Eingang empfing uns ein Herr im dunklen Anzug. Wie sich herausstellte, war das der neue Restaurantchef. Er steuerte direkt auf Nadine zu, begrüßte sie mit leichter Verbeugung und fragte, ob wir die Seminargruppe seien. Nadine nickte, lächelte milde und antwortete immer noch ganz Queen: »Ja, wir sind die Seminargruppe und wir sind hungrig.«
    Der Restaurantchef fragte Nadine: »Darf ich Sie zu Ihrem Tisch bringen? Wir haben hier am Fenster extra für Sie gedeckt.«
    »Ja bitte«, antwortete sie.
    Der Restaurantchef ging voraus und Nadine schritt würdevoll hinter ihm her. An einem schön gedeckten Tisch zog er für Nadine einen Stuhl hervor. Sie setzte sich in aller Ruhe hin und bat ihn um die Getränkekarte. Wir setzten uns auch um den Tisch, während der Restaurantchef Nadine die Getränkekarte überreichte. Er wartete, bis sie sich entschieden hatte und dann eilte er davon. Währenddessen verteilten zwei junge Kellner auch an die übrige Gruppe Getränkekarten.
     
    Ihre würdevolle Ausstrahlung regt
Ihre Mitmenschen dazu an, Sie auch
würdevoll zu behandeln.
     
    Nadine strahlte, als hätte sie gerade den Hauptgewinn in der Lotterie gewonnen. Sie beugte sich ganz weit zu mir herüber und flüsterte: »Das mit der Muthaltung ist ja klasse! Ich glaube, er hält mich für die Leiterin der Gruppe. Er denkt, ich wäre die Chefin hier.«
    »Ja, das glaube ich auch«, flüsterte ich zurück. »Das Chefin-Sein steht Ihnen wirklich gut.«
    Es war klar, warum der Restaurantchef ausgerechnet Nadine angesprochen hat. Als wir das Restaurant betraten, suchte er in der Gruppe nach der Person, die am ehesten nach Leitung aussah. Dabei hat er – wahrscheinlich unbewusst – kurz die Körpersprache aller Teilnehmer gescannt. Nadine hatte von uns allen die selbstsicherste Haltung und sie nahm auch sofort Blickkontakt mit ihm auf. Damit war sie die Person, die am meisten Autorität ausstrahlte. Sie schaffte das, ohne lautstark aufzutrumpfen und ohne sich aufzuplustern. Nur durch ihre Körpersprache signalisierte sie: »Ich bin wichtig«.
     
    Das Ich-bin-wichtig-Signal:
    • aufrechte Haltung
    • klarer Blickkontakt
    • ruhige Bewegungen und
    • ein freundlich-souveräner Gesichtsausdruck.
    Nadine blieb während des gesamten Trainings in ihrer Muthaltung. Für sie war das die Strategie, die ihr am meisten Selbstsicherheit gab. Sie genoss den Erfolg, den sie damit hatte, und freute sich darauf, so auch an ihrem Arbeitsplatz aufzutreten. Jetzt hatte sie einen Weg gefunden, um das alte Küken-Image loszuwerden.

Der Bambi-Blick und das Hab-mich-lieb-Lächeln
    Es gibt Menschen, die sich im Laufe ihres Lebens eine »nette« Körpersprache angewöhnt haben. Lassen Sie mich kurz erklären, was ich mit dem Wort nett meine. Ich meine diese Art von Nettigkeit, die mit einer gewissen Unterwürfigkeit einhergeht. Das ist ein Nettsein, das dem Gegenüber signalisiert, »ganz wie du willst«, und das sich schnell an den anderen anpasst. Dieses Nettsein wird oft begleitet von einem Bambi-Blick, einem Hab-mich-lieb-Lächeln und einem häufigen Kopfnicken.
     
    Eine allzu nette Körpersprache wirkt
oft auch unterwürfig und machtlos.
     
    Bitte verwechseln Sie dieses unterwürfige Nettsein nicht mit Freundlichkeit. Wenn sie freundlich sind, können Sie sich trotzdem durchsetzen oder sehr bestimmend auftreten. Freundlichkeit ist eine Ausstrahlung, mit der wir zeigen, dass wir guter Dinge sind und unser Gegenüber respektieren. Ein freundliches Lächeln kann optimistisch oder sogar siegessicher sein. Das Hab-mich-lieb-Lächeln hingegen wirkt beschwichtigend und damit auch machtlos.
    Wenn wir auf diese unterwürfige Weise nett sind, machen wir uns klein und erhöhen dadurch unser Gegenüber. Wir stellen den anderen über uns. Der wiederum kann jetzt das ganze nachfolgende Gespräch an sich reißen und beherrschen.
     
    Wer nur Nettigkeit ausstrahlt, läuft
Gefahr, in Gesprächen untergebuttert
zu werden.
     
    Am häufigsten finden wir dieses unterwürfige Nettsein bei Frauen. Früher wurden kleine Mädchen oft darauf gedrillt, einen lieben und netten Eindruck zu machen. »Guck nicht so mürrisch!«, hieß es da. »Onkel Klaus und Tante Beate kommen zu Besuch und du bist gefälligst lieb.« »Komm, sei lieb und gib dem Onkel ein Küsschen.« »Na komm, lächel doch mal. Du siehst so nett aus, wenn du lächelst.«
    Aus diesem Nett-und-lieb-sein-Programm entstand bei vielen Frauen eine Gewohnheit. Und so passiert
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher