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Sandkönige - Geschichten

Sandkönige - Geschichten

Titel: Sandkönige - Geschichten
Autoren: George R. R. Martin
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damals, als kurz nach MacDonalds Festnahme sein verfaulender Körper plötzlich an der Wand gehangen hatte, halb eingelassen im Metall. Holt hatte den Gestank wahrgenommen, und die Leiche war noch deutlich als die Macs erkennbar gewesen. Jetzt ließ sie sich von anderen Skeletten nicht mehr unterscheiden, und das half Holt, die ganze Sache zu vergessen.
    Am Morgen des Tages, an dem sich die Landung der Pegasus nach Standardzeit zum erstenmal jährte, passierte Holt das Tor, ohne einen Blick nach oben zu werfen.
    Der Gang im Inneren des Walls war wie immer verlassen. Er verlief quer zum Portal. In die staubigen, weißen Wände waren in regelmäßigen Abständen blaue Türen eingelassen.
    Holt bog nach rechts ab, blieb vor der ersten Tür stehen und legte die Handfläche auf die Anmeldeplatte. Nichts. Das Büro war nicht besetzt. Er versuchte es an der nächsten Tür, wieder ohne Erfolg. Dann an der übernächsten. Holt ging methodisch vor. Er wußte, nur ein Büro hatte geöffnet, und an jedem Tag war es ein anderes.
    Die siebte Tür glitt nach Berührung der Sensorplatte auf. Hinter einem gebogenen Metallschreibtisch saß ein Dan'la. Er wirkte völlig fehl am Platz. Der Raum, die Einrichtung, ja die ganze Hafenanlage war im Zuschnitt der längst ausgestorbenen Ul-nayileith gebaut worden und paßte in den Proportionen nicht zu den kleinwüchsigen Dan-lai. Aber Holt hatte sich daran gewöhnt. Seit einem Jahr kam er tagtäglich hierher, und an jedem Tag saß ihm ein einzelner Dan'la am Schreibtisch gegenüber. Holt fragte sich, ob es der gleiche war, der nur jeden Tag sein Büro wechselte, oder stets ein anderer. Alle Dan'las hatten die gleiche lange Schnauze, lebhaft funkelnde Augen und ein rötlich schimmerndes Fell. Von Menschen wurden sie Fuchsmenschen genannt. Bis auf ein paar wenige Ausnahmen konnte Holt den einen nicht vom anderen unterscheiden. Die Dan'lai gaben ihm auch keinerlei Hilfestellung. Sie weigerten sich, Namen zu nennen. Manchmal erkannte ihn das Wesen hinterm  Schreibtisch, ein anderes Mal wieder nicht. Holt hatte sich schon lange darauf eingestellt und behandelte jeden Dan'la wie einen Fremden.
    An diesem Morgen aber erkannte ihn der Fuchsmensch sofort wieder. »Ah«, sagte er, als Holt eintrat. »Sie wünschen eine Schiffspassage ?«
»Ja«, antwortete Holt. Er nahm die abgegriffene Kappe vom Kopf, die zu seiner durchgescheuerten grauen Schiffsuniform paßte, und strich mit der Hand über das schüttere braune Haar.
    Der Fuchsmensch faltete seine schmalen, sechsfingrigen Klauen und zeigte ein dünnes Lächeln. »Kein Platz für Sie, Holt«, sagte er. »Tut mir leid. Heute ist kein Schiff da.«
»Letzte Nacht habe ich ein Schiff gehört«, sagte Holt. »Es war bis drüben in der Steinstadt zu hören. Reservieren Sie eine Koje für mich. Ich bin qualifiziert. Ich kann sowohl mit eine Standard- als auch mit einem Dan'lai-Sprungantrieb umgehen. Ich habe Zeugnisse.«
»Ja, ja.« Der Fuchsmensch grinste schnippisch. »Aber es gibt kein Schiff. Nächste Woche vielleicht. Vielleicht kommt ein Menschenschiff nächste Woche. Dann haben Sie Ihre Koje, Holt, das verspreche ich. Sie sind ein guter Sprungmann, richtig? Dann sollen Sie auch eine Koje bekommen. Aber erst nächste Woche, nächste Woche. Im Augenblick ist kein Schiff da.«
    Holt biß sich auf die Lippen und zerknüllte die Kappe in der geballten Faust. »Nächste Woche sind Sie wahrscheinlich nicht hier«, sagte er über den Schreibtisch gebeugt. »Und wenn doch, werden Sie mich nicht wiedererkennen und Ihr Versprechen vergessen haben. Reservieren Sie mir einen Platz auf dem Schiff, das letzte Nacht angekommen ist.«
»Ah«, sagte der Dan'la. »Keine Koje. Kein Menschenschiff. Keine Koje für einen Menschen.«
»Ist mir egal. Ich nehme jedes Schiff. Ich bin bereit, mit Dan'lai, Ullies, Cedranern oder sonstwem zusammenzuarbeiten. Ein Sprungantrieb ist wie der andere. Lassen Sie mich auf das Schiff, das letzte Nacht angekommen ist.«
»Aber da ist kein Schiff, Holt«, sagte der Fuchsmensch. Seine Zähne blitzten kurz auf. »Wie oft soll ich es noch sagen? Kein Schiff, kein Schiff. Kommen Sie nächste Woche wieder.« Seine Stimme machte deutlich, daß er jetzt in Ruhe gelassen werden wollte. Holt hatte das zu respektieren gelernt. Vor Monaten war er einmal hartnäckig geblieben und nicht abzuwimmeln gewesen. Der Fuchsmensch hatte darauf ein paar Rausschmeißer alarmiert. Danach waren eine Woche lang alle Türen für Holt versperrt gewesen. Jetzt
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