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Sanctum

Sanctum

Titel: Sanctum
Autoren: Markus Heitz
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hellgrünen Augen auf das gesuchte Dokument. »Gott sei Dank«, sagte sie erleichtert und nahm das Papier entgegen. »Sie haben mir unglaublich viel Warterei erspart.« Sie lächelte. »Einen Moment, bitte.« Sie wandte sich der Flughafenmitarbeiterin zu und verfiel ins Kroatische. In kurzer Zeit wurde alles Notwendige geregelt.
    Die Blonde drehte sich wieder zu ihm. »Nochmals vielen Dank«, sagte sie. »Wie kann ich mich erkenntlich zeigen? Sind Sie an der Wettervorhersage interessiert?«
    »Nur, wenn Sie mir sagen, dass es zu schneien aufhört«, erwiderte Eric.
    »Irgendwann sicher«, antwortete sie lakonisch, nahm eine Tasse vom Beistelltisch und schenkte sich von dem Kaffee ein.
    »Wann hört es auf?«
    »Im Radio haben sie gesagt, gegen Nachmittag.« Sie kostete und verzog das Gesicht. Dann begann sie, Eric über den Tassenrand hinweg zu mustern. Ihre Reaktion auf ihn fiel deutlich positiver aus. Er hatte ihr Interesse geweckt. »Sie sehen nicht aus wie ein Tourist.« Sie prostete mit der Tasse in seine Richtung. »Ich bin Isis Kristensen.«
    Er stieß mit ihr an. »Simon. Simon Smithmaster«, stellte er sich vor. Unter normalen Umständen wäre er auf ihre Neugier eingestiegen, hätte geflirtet und sie vielleicht sogar auf dem gemeinsamen Flug in der Toilette genommen … Aber seit er Lena kennen gelernt hatte, war sein Appetit auf andere Frauen versiegt. »Ich war zu Besuch hier. Alte Freunde von mir wollen eine Pension eröffnen, und ich habe ihnen ein bisschen beim Umbau geholfen.«
    »Dann sind Sie von Beruf … was?« Isis betrachtete seine Hände. »Maurer?«
    »Nein, ich bin einfach nur recht geschickt, was die Finger angeht.« Alte Gewohnheiten legte man offensichtlich doch nicht so leicht ab, wie er gedacht hatte. Eric unterdrückte ein Grinsen und fuhr mit einem deutlich weniger auf einen Flirt hinauslaufenden Tonfall fort: »Ich kann fast alles, was man auf dem Bau so braucht.« Er musterte sie. »Und Sie?«
    »Habe was abgeholt.«
    »Muss was Größeres sein.« Eric deutete mit der Kaffeetasse auf die kritzelnde und stempelnde Mitarbeiterin, die in dem Moment nach einem Ordner griff, ihn aufschlug und darin blätterte. »Sie sucht Ausfuhrvorschriften, nehme ich an. Wollen Sie einen der Seen mitnehmen?«
    Isis grinste. »Nein, will ich nicht. Aber bei lebenden Tieren wird es immer etwas komplizierter. Auch wenn es nur ein Fischotterpärchen ist.«
    »Verstehe.« Er steckte sein Handy ein und fuhr sich durch die halblangen schwarzen Haare, um die Strähnen aus seinem Gesicht zu wischen.
    Isis trank und blitzte ihn über den Rand der Tasse hinweg an. »Wohin geht es denn?«
    »Zuerst nach Rijeka und von dort nach … Triest.« Beinahe hätte er ihr seinen wahren Zielort genannt. Aber da es Isis nichts anging, belog er sie lieber. »Wohin bringen Sie Ihre Fischotter?«
    »Erst einmal nach Rijeka. Von dort bringt mich der Flieger nach Wien.«
    »Die Tiere sind für die Nachzucht im Zoo, nehme ich an?«
    »Nein. Sie sind für einen Zirkus bestimmt. Wir arbeiten an einer neuen Nummer mit Fischottern, und weil es im Nationalpark derzeit ein paar zu viele gibt, haben wir ihnen ein junges Pärchen abgekauft.« Sie schaute an ihm vorbei zum Fenster hinaus. Isis spürte wohl, dass sich der Mann nicht für sie interessierte, und schenkte nun ihrer Umwelt mehr Beachtung. »Es lässt nach. Sieht für unseren gemeinsamen Flug gut aus.«
    Die Mitarbeiterin sagte etwas, knallte den letzten Stempel auf das letzte Blatt, klappte die Mappe zu und stand auf, um Isis die Unterlagen zurückzureichen.
    »Ich muss raus, die Tierchen zeigen.« Isis wickelte sich wieder dick ein und folgte der Frau hinaus in den lange nicht mehr so heftigen Schneefall. Eric war allein.
    Sofort kehrten die Erinnerungen an die vergangenen Tage zurück. Der Tod seines Vaters. Lenas Entführung. Die Nachricht der Schwesternschaft, dass er nach Rom kommen sollte, wenn er sich um Lena sorgte. Der Kampf gegen die Lycaoniten. Und dann auch noch der Tod von Schwester Ignatia, den er nicht beabsichtigt hatte. Ganz zu schweigen von diesem ominösen Fauve, der ihn wie ein Phantom verfolgte und seine Geheimnisse kannte. Seine dunkelsten Geheimnisse, die Fauve auf Film gebannt hatte und mit denen er ihn erpressen würde. Oder wollte er mit ihm spielen, ihn quälen? Ihn … ausschalten? Fauve trieb ein sehr undurchsichtiges Spiel. Nur eins stand fest: Gerieten die Aufnahmen mit dem toten Mädchen und ihm der Polizei in die Finger, würde seine bisherige
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