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Samuel Carver 05 - Collapse

Samuel Carver 05 - Collapse

Titel: Samuel Carver 05 - Collapse
Autoren: Tom Cain
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einer Kongressanhörung über Praxis und Regulierung von Leerverkäufen zeigte Malachi Zorn den Mitgliedern des Finanzausschusses, die ihn als skrupellosen Profiteur hinstellen wollten, mühelos ihre Grenzen auf. Zornstellte, diesmal ungewohnt förmlich gekleidet, seinen Standpunkt dar, ohne witzige oder spöttische Pointen zu versprühen, sondern redete vielmehr mit einem Ernst, der suggerierte, dass die ihn befragenden Politiker sich einer ausbeuterischen Haltung schuldig machten und leichtfertig mit dem Thema umgingen, wohingegen er aufrichtig im öffentlichen Interesse handelte.
    Zorn wurde gefragt, ob an den jüngsten, in der Finanzwelt kursierenden Gerüchten etwas wahr sei, wonach er eine Anzahl sehr signifikanter Leerverkäufe bei führenden Energie- und Ölkonzernen getätigt habe. Zorn antwortete: »Ich gebe grundsätzlich nicht preis, welche Finanztitel ich gekauft habe, solange diese noch laufen. Dafür gibt es viele Gründe. Kaufmännische Verschwiegenheit ist der ersichtlichste. Aber ich möchte auch nichts herbeireden. Ich habe, wie Sie andeuteten, in meiner Branche einen gewissen Ruf. Ich möchte nicht übermäßig arrogant klingen, aber wenn meine Abschlüsse öffentlich bekannt würden, würden andere sie höchstwahrscheinlich nachmachen, um auf meinen Rockzipfeln zu reiten sozusagen. Das hätte zweierlei Folgen. Erstens würde das genau den Abwärtsdruck auf das fragliche Unternehmen erzeugen, den Sie, meine Herren, so eifrig verhindern wollen. Und zweitens würde das tatsächlich den Markt vernichten. Schließlich kann ich nur verkaufen, solange auch jemand kaufen will. Ich bin angewiesen auf echte und gesunde Meinungsunterschiede innerhalb des Marktes – auf eine Demokratie des Marktes, wenn Sie so wollen –, damit die Spielräume entstehen, von denen ich profitiere.
    Aber eines möchte ich zum allgemeinen Thema der Energieindustrie in allen ihren Formen noch sagen. Meine persönliche Ansicht ist, dass es viele Mitglieder extremistischer Gruppen gibt, die auf die Wirkung islamistischen Terrorsblicken und versucht sein werden, die Methoden zu übernehmen. Mit den Begriffen der Wirtschaft gesprochen: Terror ist ein Produkt, das läuft. Darum rechne ich damit, dass Umweltaktivisten das Vorgehen von Gruppen wie al-Quaida nachahmen und Ziele wie Bohrinseln, Kernkraftwerke oder Umspannwerke angreifen werden, um nur drei Beispiele zu nennen. Wenn ich durch meine Investitionen die gegenwärtige Verwundbarkeit eines bestimmten Sektors aufzeige, tue ich meiner Ansicht nach nicht nur ein gutes Werk, sondern erfülle auch meine patriotische Pflicht.«
    Mehr als einer der anwesenden Journalisten griff den Satz »Terror ist ein Produkt, das läuft« auf und kontaktierte seine Zeitung oder seinen Sender, um die Redakteure auf das Schlagzeilenpotenzial aufmerksam zu machen. Doch leider fuhr einer von Hollywoods angesagtesten Actionhelden, ein harter, aber empfindsamer Australier, der wegen seines sauberen, familiären Lebensstils beliebt war, seinen Ferrari 458 Italia auf dem Parkplatz des Hideaway Inn in Malibu zu Schrott, weil er unter starkem Drogeneinfluss stand. In seinem Wagen befanden sich außerdem eine junge Asiatin und eine kleine Lederreisetasche mit einigen Plastiktüten voll Kokain, Marihuana und diversen illegalen sowie verschreibungspflichtigen Pillen. Auf dem Polizeirevier stellte sich dann heraus, dass seine Begleiterin in Wirklichkeit eine neunzehnjährige thailändische Transfrau war. Ein Mitschnitt mit der hitzigen, kaum schlüssigen Behauptung des Stars, er habe über das wahre Geschlecht seiner Beifahrerin nicht Bescheid gewusst, stand innerhalb einer Stunde im Netz. Die Zeile »Ich dachte, sie sei eine Sheila!« war an dem Abend in sämtlichen Talkshows die Pointe.
    Niemand wollte in den darauf folgenden Nachrichtensendungen etwas über Terroristen hören.
    Zorn wiederholte seine Warnung in einem Fachblog fürHedgefondsmanager und Investoren und auch in privaten Gesprächen mit einer Reihe äußerst wohlhabender Persönlichkeiten. Doch seine Warnung drang nicht ins öffentliche Bewusstsein vor und blieb ohne Einfluss auf Politik und Wirtschaft. Es schien also, dass es Malachi Zorn zum ersten Mal in seinem Leben verwehrt war, die von ihm gewünschte Wirkung zu erzielen.

Freitag, 24. Juni

1
    Mykonos
    Samuel Carver war es völlig neu, dass Pelikane solche Schreie ausstießen. Doch vor ihm stand einer mit hellrosa Gefieder und kreischte.
    »Ich will ihn fotografieren. Kommst du mit?«
    Sie
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