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Sagen aus Franken

Sagen aus Franken

Titel: Sagen aus Franken
Autoren: unbekannter Verfasser
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Der Fuhrmann hielt das betrunkene Pfeiferlein, das wie leblos auf der Straße lag, für einen, den die Pest umgebracht hatte, nahen ihn auf und schob ihn ohne langes Besinnen zu den andern Toten auf seinen Wagen.
    Damals waren die Straßen in Nürnberg noch nicht so gut gepflastert wie heute. Da waren Rinnen und Löcher. Und als der Wagen nun so dahinholperte, wachte der Pfeifer auf. Da sah er sich unter lauter Pesttoten auf den Wagen, vor dem alle Menschen davon liefen, damit sie nicht angesteckt würden! Er rief, aber niemand hörte ihn. Er wollte abspringen, aber die große Last der Toten, die nach ihm aufgeladen waren, lag über ihm und er konnte sie nicht abwerfen. Da kam ihm das Mundstück von seinem Dudelsack ins Gesicht. Er faßte es mit dem Mund und fing zu blasen an: ein lustiges Stückelten nach dem andern. Der Kutscher vorn auf seinem Bock hörte die Töne hinter sich. Er fragte bei sich: »Seit wann blasen die Toten den Dudelsack?« Er schlug auf seine Tiere ein und in rasender Fahrt kam er draußen an' Massengrab an. Als er die Toten in die Grube warf, hörte er noch immer die lustigen Töne, die gar nicht passen wollten zu seinem traurigen Geschäft. Da stand das Pfeiferlein auf und jagte damit dem Kutscher noch einmal einen Schrecken ein.
    Der Fuhrmann und der Pfeifer dachten, dass es nicht länger als ein paar Tage dauern werde, bis die Pest das Pfeiferlein doch ins Massengrab hole. Der Dudelsackpfeifer ging aber wieder ins Wirtshaus und wartete dort bei lustigen Tönen und bei manchen Tänzeln, was kommen sollte. Doch es kam nichts. Der Dudelsackpfeifer blieb frisch und gesund und war einer von den Wenigen, die noch am Leben waren, als die Pest erlosch. Dort, wo der Platz vor der Heilig-Geist-Kirche eine kleine Ausbuchtung macht zum Eingang des Heugässleins und der Ebnersgasse, da steht ein Brünnlein. Auf dem aus Erz gegossen der lustige Dudelsackpfeifer steht.

Der Friedensschuß
    Wir wissen heut' wie die Menschen sich nach langen Kriegen nach dem Frieden sehnen können. Das war nach dem dreißigjährigen Krieg vor über 300 Jahren nicht anders.
    Endlich war der Vertrag in Münster und Osnabrück zustande gekommen. Der Krieg sollte in Deutschland gänzlich aufhören. Da freute sich alles. Ein Fest nach dem andern wurde gefeiert. Das schönste, prächtigste und berühmteste aber war das große Friedensfest in Nürnberg. Das gab der schwedische Obergeneral Pfalzgraf Karl Gustav von Zweibrücken im großen Rathaussaal am 16. September 1649.
    Mit Lorbeer und Palmen war der Saal geschmückt. Der Boden war mit Binsen bestreut, 200 Wachskerzen leuchteten ringsum. Bald nach Mittag versammelten sich droben die Fürsten und Herren. Aber auch das Volk in den Straßen sollte etwas abbekommen. Ein großer hölzerner Löwe wurde ins Saalfenster gestellt. Der spie aus seinem Rachen roten und weißen Wein zur gleichen Zeit, eine gute Stunde lang. Das gab drunten ein Stoßen und Drängen, ein Rufen und Schimpfen und ein Gelächter, daß die großen Herrn an den Saalfenstern eine gute Unterhaltung hatten. Danach saß man schön nach Rang und Würden geordnet im Saal und ließ sich sechs Gänge der Festmahlzeit aus 600 Schüsseln, die aufgetragen wurden, gut schmecken. Die besten Früchte, feines Zuckerwerk und Marzipan bildeten den Nachtisch. Liebliche Düfte wurden im Saal verbreitet. Springbrunnen von Rosenwasser sprangen. Dazu gab es guten Wein, soviel und von welcher Sorte man wollte. Trompeten und Pauken begleiteten die Trinksprüche und draußen auf der Burg brummten die Feldschlangen und Kanonen einen kräftigen Baß dazu.
    Als unter Lachen und fröhlichen Scherzen die Nacht gekommen war, da kam das Ende des Festes heran. Auf einmal klang eine tiefe Kommandostimme durch den Saal: »Morgen, ihr Kriegsgenossen und Kameraden, sind wir in alle Welt verstreut und begegnen uns nie wieder! Wollen wir doch vor unserer Trennung noch einen Umzug halten durch den Saal als unser letztes kriegerisches Manöver!«
    Die alten Krieger stellten sich mit Freuden noch einmal auf, ehemalige Feinde und Freunde in einer Reihe, die Generäle und Obersten aller Länder, die am Krieg beteiligt waren. Dann begannen sie mit heller Musik ihren letzten Kriegsmarsch zwischen den Tische und Bänken des Saales. Und als ein donnerndes Halt das Ganze zum Stehen brachte, da riß der schwedische Oberst Wrangel seine Pistole von der Seite und rief mit dröhnender Stimme über die Versammlung: »Der Friede ist geschlossen; so hab ich ferner
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