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Sagen aus Franken

Sagen aus Franken

Titel: Sagen aus Franken
Autoren: unbekannter Verfasser
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begann dieser Schustergeselle abzumagern, daß er für alle, die ihn vorher gekannt hatten, jämmerlich anzuschauen war. Besonders des Morgens schlich er matt und mühselig in die Werkstätte zur Arbeit und bekam noch dazu Scheltworte von seinem Meister oder Stichelreden von den übrigen Gesellen zu hören.
    Als dem Burschen endlich das Gespött der andern zu arg wurde, rückte er einmal mit der Sprache heraus und erzählte, daß er bei Nacht von einer Drude, einer schlimmen Hexe, gedrückt werde und es im Haus nicht mehr länger aushalten könne. Nun meinte der Obergeselle, dem wäre abzuhelfen, er wisse ein unfehlbares Mittel, das dem geplagten Kameraden Ruhe verschaffen werde.
    Der Schustergeselle tat, was ihm der andere auftrug. Des Nachts nämlich stellte er sich schlafend und horchte, als es Zwölf geschlagen hatte, ob sich die Drude einstellen werde. Auf einmal hörte er etwas vor der Tür rauschen, als ob Papier zusammengedrückt würde; dann war es einen Augenblick still, und plötzlich vernahm er ein lautes Blasen vom Schlüsselloch her. Das war der Augenblick, in dem die Drude zu nahen und sich mit einem Plumps auf ihn zu werfen pflegte. Diesmal aber kam ihr der Schustergeselle zuvor und warf blitzschnell sein Kopfkissen auf den Boden. Sodann machte er gleich Licht, um die Hexe zu sehen, die nun, wie man ihm gesagt hatte, auf dem Kopfkissen sitzen sollte. Da lag aber nichts als ein winziges Strohhälmchen, das er sogleich zerknickte und beim Fenster hinauswarf.
    Am nächsten Morgen fand man die alte häßliche Nachbarin des Schusters, so berichtet die Sage, mit gebrochenem Bein auf der Straße liegen.

Das Gänsemännlein
    Hinter der Kirche »Unserer lieben Frauen« steht ein kleiner Brunnen. Er zeigt einen Bauern, wie man ihn auf dem Nürnberger Markt oft sehen kann. Der Bauer trägt zwei Gänse unter seinen Armen. Es sind ganz besondere Gänse; denn sie speien aus ihren Schnäbeln frisches, helles Wasser in das Becken; das unter ihnen angebracht ist. Das »Gänsemännlein« so heißt der Brunnen soll ursprünglich gar nicht für diesen Platz gegossen worden sein. Der Rat wollte eigentlich ein Bild der Heiligen Magdalis haben; aber der Meister hatte soviel anderes zu tun, dass er zu diesen kleineren Auftrag nicht kann. Endlich gab er dem Rat als Ersatz sein Gänsebauern. Es gab zwar Stimmen, die an dieser heiligen Stelle keine so einfache, gewöhnliche Figur aus dem Volk sehen wollten; aber weil der Künstler ein großer Meister – es war Pankraz Labenwolf und das Gänsemännlein ein wirklich feines Kunstwerk war, waren sie schließlich doch alle zufrieden.

Das Nassauer Haus
    Nicht weit von der Lorenzerkirche, am Rand des Lorenzerplatzes, steht ein hohes Haus, das wie ein kleines Schlößlein aussieht. Die einen sagen, König Adolf von Nassau hätte es gebaut, andere behaupten, es sei ein altes Nürnberger Patrizierhaus; wieder andere erzählen aber, daß es gar ein Castell gewesen sei, das mitten in der Stadt als wehrhafter Turm aufgerichtet worden sei.
    In Wirklichkeit war das heutige Nassauerhaus im Besitz einer alten Nürnberger Ratsfamilie, namens Ortlieb. Die Familie war reich und hatte so viel Geld, daß sie nicht nur ihr Haus innen und außen aufs feinste schmücken und einrichten konnte, sondern darüber hinaus noch Geld übrig hatte, um es in der Stadt und außerhalb auszuleihen gegen guten Zins. Sogar dem Kaiser soll sie Geld geliehen haben.
    Die kleine Balustrade oben in einem der obersten Stockwerke, an der man viele farbige Wappen sehen kann, erzählt davon, wie die Ortlieb dem König Sigismund einst 1500 rheinische Goldgulden geliehen haben, und wie der König ihnen dafür die deutsche Kaiserkrone als Pfand gegeben hat. Damals wurde für die Krone der kleine Balkon gebaut. Von dort oben soll sie dem Volk gezeigt worden sein.

Das Reierer Freßglöcklein in Würzburg
    Im Reierer Kloster versah einmal ein Sakristan die kirchlichen Geschäfte, der nie gerne gebetet hatte; doch sobald es zum Essen ging, war er immer der erste. Mittags um zwölf mußte er das »Ave Maria« läuten, aber er hat es nie ganz ausgeläutet: das letzte »Gegrüßet seist du, Maria« ließ er jedesmal weg, damit er ja bald zum Essen komme.
    Lange Jahre trieb er es so fort. Doch als er dann auf dem Totenbett lag, beichtete er diese Unterlassung. Zur Strafe dafür mußte er nach seinem Tode so lange als Geist umgehen, bis sein Nachfolger, der neue Sakristan, alle »Gegrüßet seist du, Maria« nachgeholt hatte. Deshalb
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