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Rywig 04 - Die Glücksleiter hat viele Sprossen

Titel: Rywig 04 - Die Glücksleiter hat viele Sprossen
Autoren: Berte Bratt
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Lehrbücher in Suaheli“, fügte ich hinzu. „Beatemutti, darf ich mich also um die Stellung als Hausgehilfin bei dir bewerben?“
    „Mit Familienanschluß?“ fragte Mutti.
    Vier Monate hatte ich jetzt im elterlichen Haushalt gearbeitet. Ich hatte das Gefühl, daß ich in dieser Zeit zentnerweise Kartoffeln geschält, Megatonnen Obst eingekocht, eine ganze Rinderherde gebraten und Wäscheberge geplättet hatte, die, aufeinandergestapelt, ein Gebilde ungefähr wie der Monte Rosa ausmachen würden.
    Heut war ich also wieder bei der Wäsche.
    Es gibt keine Hausarbeit, bei der man so gut seinen eigenen Gedanken nachgehen kann, wie grade das Plätten. Es geht ja alles vollkommen automatisch, die Hände arbeiten selbständig, und der Kopf ist frei und kann für wichtigere Dinge eingesetzt werden.
    Ich brauchte meinen Kopf auch dringend. Ich brauchte ihn für Dinge, die für mich die wichtigsten im Leben waren. Nämlich für die Fragen, die Beatemutti an dem denkwürdigen Nachmittag bei dem
    Paprikahuhn gestellt hatte.
    Ich war verliebt, verliebt bis über die Ohren. Und trotzdem hatte ich ein klein bißchen Vernunft behalten. Diese Vernunft sagte mir, daß ich den wunden Punkt durchdenken mußte, daß ich zu mir selbst erbarmungslos ehrlich sein mußte. Ich durfte nicht mein ganzes Leben auf einer Einbildung oder einer Ferienverliebtheit aufbauen. Wenn ich mein Vaterland und meine geliebte Familie verließ und mich ganz und gar von einem einzigen Menschen abhängig machte, dann mußte ich eben hundertprozentig sicher sein, daß dieser eine Mensch wirklich alles auf der Welt für mich bedeutete. Ich mußte ihn von ganzem Herzen lieben, mit seinen Fehlern und Schwächen, mit seinen Eigenarten und Ideen, mit seiner Erziehung und seinem Milieu.
    Ich hatte einen einzigen Tag in seinem Elternhaus verbracht. Den Tag, an dem wir im Frühjahr von unserer Afrikareise zurückkamen. Ich hatte meine Flugkarte Frankfurt - Hamburg einem Bekannten überlassen und fuhr selbst die Nacht durch mit der Bahn, zusammen mit Heiko. Wie gern dachte ich an diese Nacht! Zum Schlafen kamen wir kaum, dafür haben wir uns kennengelernt. Es ist erstaunlich, wieviel man in sieben Stunden fragen und erzählen kann, wenn man ganz ungestört ist. Und das waren wir. Wir waren allein im Abteil, es war still und halbdunkel um uns, nur der Schaffner kam hin und wieder mit seinem „Ist noch jemand zugestiegen?“
    Wir erzählten einander von unseren Interessen, von unseren Steckenpferden, von unseren Familien. Und dann erzählten wir einander ein paar Mal - das heißt, ein paar Mal pro Stunde - , wie lieb wir uns hatten.
    Eins muß ich sagen: Heikos Eltern nahmen es mit Fassung auf, daß plötzlich eine junge Ausländerin, von der sie nie gehört hatten, hereinschneite und als Schwiegertochter vorgestellt wurde.
    Aber da war etwas - etwas, was mir fremd und sonderbar vorkam.
    Als wir uns Hamburg näherten, sagte ich:
    „Wer kriegt nun den ersten Schock, Heiko? Wer, glaubst du, holt dich am Bahnhof ab?“
    „Abholen?“ sagte Heiko voll Staunen. „Menschenskind, warum sollte mich jemand abholen? Vati ist im Dienst, Muttchen hat zu Hause zu tun, mein Bruder ist in seiner Schule. Ich war schließlich nur vierzehn Tage weg, wir sind doch erwachsene Menschen!“
    Daran hatte ich gedacht, als ich zwei Tage später nach Hause kam. Ich stand an der Reling des Schiffes, und schon von weitem sah ich Beatemuttis und Katrins winkende Hände - und Annettchen auf Muttis Arm.
    „Hops in den Wagen“, war Katrins Willkommensgruß. „Wir müssen wie die nackten Wilden fahren, wenn ich es schaffen soll, rechtzeitig im Labor zu sein.“
    „Liebste Katrin, es wäre doch nicht nötig - “, fing ich an.
    „Bei dir piept’s wohl“, sagte Katrin und manövrierte mit Elan den Wagen aus der engen Parklücke. „Ich lasse dich doch nicht unabgeholt nach Hause kommen, wenn du auf der anderen Halbkugel gewesen bist. Aber ich muß euch einfach vor dem Gartentor rausschmeißen, dann muß ich wie ein geölter Kugelblitz zum Dienst!“
    Beatemutti hatte mein Lieblingsessen - Hammelbraten und Karameleis - vorbereitet, und in meinem Zimmer standen Blumen. Als dann die ganze Familie versammelt war - zur Feier des Tages aßen Bernt und Katrin mit uns - , ging das Erzählen los und vor allem das Verteilen der Mitbringsel. Nicht daß ich große oder teure Geschenke gekauft hatte - ja doch, das Armband aus afrikanischen Steinen für Beatemutti konnte sich schon sehen lassen - , aber die
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