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Runlandsaga - Wolfzeit

Runlandsaga - Wolfzeit

Titel: Runlandsaga - Wolfzeit
Autoren: Robin Gates
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fürchteten sie sich nicht vor dem Fremden. Sie versuchten, von ihm, der ihrer Sprache nicht mächtig war, etwas über seine Herkunft zu erfahren. Wenn Navoor auch kein reiner Serephin mehr war, der seine Gestalt nach Belieben verändern konnte, so war ihm nichtsdestotrotz die Fähigkeit dieser Alten Rasse noch immer zu eigen, die Sprache eines anderen Volkes innerhalb kürzester Zeit verstehen und nachahmen zu können. So erfuhren die Zwerge von seinem Volk und seiner rituellen Reise.
    Navoor blieb noch lange bei den Mahar Meran. Er wurde der erste Endarin, den die Zwerge in die Kunst des Schmiedehandwerkes nach der Art ihres Volkes unterwiesen. Einige der gewaltigsten Waffen der Alten Tage, wie Tecárinan, die Sturmklinge, wurden von ihm geschaffen.
    Für lange Zeit hielten die beiden Völker Frieden. Ein reger geistiger Austausch erblühte zwischen Meridon und den Reichen der Mahar Meran in den Eisenbergen und den Meran Ewlen. Weitere Endarin wie Navoor gingen zu den Zwergen, um von ihren handwerklichen Künsten zu lernen. Es gab sogar Zwerge, die Meridon aufsuchten, um dort Handel zu treiben. Doch diese Zeit des Friedens, in der sich die verbannten Serephin eine neue Heimat aufgebaut hatten, konnte nicht lange andauern. Die Erfüllung der Prophezeiung, die Oláran in Carn Wyryn erhalten hatte, nahte, und das Rad des Lebens begann sich erneut zu drehen, von Frieden und Glück hin zu Streit und Unheil.

1
    Pándaros wischte sich mit dem Ärmel seiner Robe den Schweiß von der Stirn. Er blinzelte in die Sonne und trat schnell einen Schritt zurück in die Schatten der weißen Steinsäulen vor dem Tempel des Sommerkönigs.
    Bei allen Geistern, war das ein heißer Frühling! Das Vellardinfest hatte noch nicht einmal angefangen, und es herrschte bereits jetzt ein Wetter wie zur Sommersonnwende! Wenn es mit der Hitze so weiterging, würde noch vor dem Erntebeginn das Wasser knapp werden.
    Mit kleinen, schnellen Schritten eilte er den Säulengang entlang. Es war ein Umweg, in dessen Schatten bis zum Ausgang der Schriftensammlung zu gehen, aber immer noch besser, als über den Innenhof zu laufen, in dem die mittägliche Hitze wie in einem Backofen stand.
    Eigentlich hatte Pándaros nicht geplant, vor Sonnenuntergang noch einmal ins Freie zu gehen. Er mochte zwar die Wärme, denn er hatte seine ersten Lebensjahre in Nilan verbracht, und so hoch im Norden dankte man den Göttern für jeden Tag, an dem man nicht frieren musste. Aber die pralle Sonne hatte er noch nie vertragen. Sie bereitete ihm Kopfschmerzen. Wenn er es vermeiden konnte, blieb er während der sommerlichen Monate tagsüber im Inneren der Ordensgebäude. Und da alle Häuser des Tempelbezirks von Sol miteinander verbunden waren, hatte er es für gewöhnlich auch nicht nötig, sich draußen aufzuhalten. Aber nun musste er noch einmal auf den Markt. Diese Besorgung duldete keinen Aufschub.
    Der Säulengang war verlassen. Jetzt, um die Mittagszeit, befanden sich die meisten Priester für gewöhnlich im Speiseraum des Hauptgebäudes. Von einer der Köchinnen hatte Pándaros erfahren, dass heute Fleisch auf den Tisch kommen sollte.
    »Schließlich ist heute die Nacht der Heiligen Vereinigung«, hatte sie gesagt und ihn vielsagend angelächelt. »Da wollen die Oberen doch, dass es etwas Besonderes zu essen gibt.«
    Pándaros hatte zurückgelächelt und sich schnell davongemacht. Es war nicht die Scham, die ihm Beine machte. Die Priester des Sommerkönigs heirateten zwar für gewöhnlich nicht – wenn sie es dennoch taten, wurde ihnen nahegelegt, den T´lar-Orden zu verlassen. Aber niemand untersagte es ihnen, ihre Nächte in Gesellschaft von Frauen zu verbringen, oder auch in der von anderen Männern, wenn es sie danach verlangte. Schließlich war der Sommerkönig der Gott der Lust, der Fruchtbarkeit und der guten Ernte. In Sol gab es nicht wenige Frauen, die zu den hohen Festen den Orden aufsuchten, um von einem Priester des Sommerkönigs ein Kind zu empfangen.
    Doch Pándaros hatte andere Dinge im Kopf, als die Vellardinnacht mit einer Köchin zu verbringen, die so stark nach Zwiebeln und altem Fett stank, dass selbst ein Zuber voll Seifenlauge ihren Geruch nicht hätte vertreiben können. Heute wäre es sogar einer fleischgewordenen Liebesgöttin schwergefallen, ihn zu verführen. Er war nicht mehr der Jüngste und schwer damit beschäftigt, in Gedanken alle Einzelheiten durchzugehen, die für das nächtliche Ritual beachtet werden mussten und die ihm so
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