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Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)

Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)

Titel: Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)
Autoren: Hunter S. Thompson
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nach Leben, und ich war gut darin. Ich machte ein paar interessante Bekanntschaften, hatte ausreichend
Geld, um herumzukommen, und lernte einiges über die Welt, das einem nirgendwo sonst beigebracht wird.
    Wie die meisten war ich ein Suchender, unzufrieden und immer auf Achse, dann wieder ein kopfloser Draufgänger. Nie hatte ich genug Muße, großartig darüber nachzudenken, aber ich spürte, daß ich instinktiv richtig lag. Ich hielt es mit dem Optimismus der Heimatlosen, der besagte: wir waren auf dem richtigen Weg, einige kamen unglaublich gut voran, und die Besten von uns würden es irgendwann wie von selbst über den Berg schaffen.
    Gleichzeitig wurde ich den dunklen Verdacht nicht los, daß unser Leben eine verlorene Sache war und wir wie Schauspieler in einer sinnlosen Odyssee herumirrten und uns selbst in die Tasche logen. Es war die Spannung zwischen diesen beiden Polen – einem ungebrochenen Idealismus auf der einen und einer Ahnung vom drohenden Untergang auf der anderen Seite –, die mich auf den Beinen hielt.

1
    MEIN APARTMENT IN NEW YORK lag in der Perry Street, fünf Minuten vom White Horse entfernt. Ich ging dort öfters was trinken, wurde aber nicht akzeptiert, da ich eine Krawatte trug. Die Leute aus der Szene wollten mit mir nichts zu tun haben.
    Ich war dort auch in jener Nacht, in der ich nach San Juan aufbrach. Phil Rollins, mit dem ich zusammengearbeitet hatte, zahlte das Bier, und ich kippte es in mich hinein und versuchte betrunken genug zu werden, um im Flugzeug schlafen zu können. Mit dabei waren Art Millick, der fieseste Taxifahrer New Yorks, sowie Duke Peterson, der gerade von den Virgin Islands zurückgekommen war. Ich weiß noch, daß mir Peterson eine Liste von Leuten gab, mit denen ich mich in Verbindung setzen sollte, sobald ich nach St. Thomas käme. Aber ich verlor die Liste und habe keinen von ihnen je getroffen.
    Es war eine miese Nacht Mitte Januar, trotzdem hatte ich nur ein leichtes Cordjackett an. Alle anderen trugen dicke Jacken oder Flanellanzüge. Als letztes erinnere ich mich, daß ich auf dem verdreckten Gehsteig in der Hudson Street stand, Rollins die Hand schüttelte und den eiskalten Wind verfluchte, der vom Fluß herüberwehte. Dann stieg ich in Millicks Taxi und schlief den ganzen Weg bis zum Flughafen.
    Ich war spät dran, und vor dem Reservierungsschalter hatte sich eine Schlange gebildet. Ich stellte mich in die
Reihe hinter vielleicht fünfzehn Puertoricaner, und ein Stück vor mir stand ein kleines blondes Mädchen. Ich hielt sie für eine Touristin – eine junge wilde Sekretärin, die zwei Wochen lang in der Karibik einen draufmachen wollte. Sie hatte einen hübschen kleinen Körper und stand ungeduldig herum, als hätte sie jede Menge aufgestauter Energie. Ich sah sie intensiv an, lächelte, spürte das Bier in meinen Adern und wartete darauf, daß sie sich für einen kurzen Blickkontakt umdrehen würde.
    Sie bekam ihr Ticket und spazierte Richtung Flugzeug. Noch drei Puertoricaner waren vor mir. Zwei davon wurden abgefertigt und gingen weiter. Der dritte wurde von dem Mann hinter dem Schalter gestoppt, sein riesiger Pappkarton war als Handgepäck nicht zulässig. Die beiden redeten aufeinander ein, und ich knirschte mit den Zähnen.
    »Hey!« rief ich. »Zum Teufel, was soll das? Ich muß in dieses Flugzeug!«
    Der Schalterbeamte sah mich an, das Geschrei des kleinen Mannes vor mir ignorierend. »Wie heißen Sie?«
    Ich sagte ihm meinen Namen, bekam mein Ticket und flitzte zum Gate. Als ich das Flugzeug erreichte, mußte ich mich an fünf oder sechs Leuten vorbeidrängeln, die darauf warteten, an Bord zu gehen. Ich zeigte der murrenden Stewardeß mein Ticket, stieg ein und suchte die Sitzreihen auf beiden Seiten des Mittelgangs ab.
    Nirgends ein Blondschopf. Ich ging rasch nach vorn und dachte, sie wäre vielleicht so klein, daß ihr Kopf hinter den Sitzen verschwand. Doch sie war definitiv nicht im Flugzeug, und inzwischen waren nur noch zwei Doppelsitze frei. Ich nahm den Platz am Gang und stellte meine Schreibmaschine auf den Fensterplatz. Die Motoren liefen gerade warm, als ich nach draußen schaute und das Mädchen
über die Rollbahn laufen und der Stewardeß zuwinken sah – die gerade die Türe schließen wollte.
    »Moment!« rief ich. »Ein Passagier!« Ich sah, wie sie die Gangway erreichte. Dann drehte ich mich, damit ich ihr zulächeln konnte, sobald sie den Gang herunterkam. Ich wollte gerade nach meiner Schreibmaschine greifen, um sie
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