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Rotzig & Rotzig

Rotzig & Rotzig

Titel: Rotzig & Rotzig
Autoren: Jörg Juretzka
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kugelstoße den räudigen kleinen Stinker aus dem offenen Fenster.“
    „Wenn er dich lässt“, sagte ich, hängte ein und griff mir Lappen und Verdünner. Ich hatte das Wir von Wir machen dich tot mühsam zu einem lilaschwarzen Schmier verrieben und dachte daran, das Krisinski eventuell stehen zu lassen, als die Tür des Apartments zur Rechten aufging.
    „Na, Herr Kryszinski, bereiten Sie die Übergabe vor? Bin mal gespannt, wen man als Nächstes hier einquartiert.“
    „Frau Mohr, ich ziehe nur für ein paar Tage in eine andere Wohnung. Aus beruflichen Gründen. Dann komme ich wieder zurück.“
    Edna Mohr ist eine dieser rundlichen, kittelbeschürzten alten Damen, die jede einzelne Äußerung wie einen Vorwurf klingen lassen können. Sie mag mich, warum auch immer, und hatte sich in den Kopf gesetzt, ich sei im Begriff, die Wohnung aufzugeben. „Wenigstens die Katze hätten Sie mir hierlassen können.“
    „Sie wissen so gut wie ich, dass das nicht geht.“ Was habe ich nicht schon alles versucht, das verdammte Mistvieh zu Edna Mohr überzusiedeln - Katzenkorb, Katzenhaus, Kratz- und Kletterbaum, Spielmäuse, Gourmetfutter und was nicht noch angeschafft und bei Frau Mohr deponiert, doch alles vergeblich. Das Aas besteht darauf, bei mir zu wohnen, und wenn ich länger als drei Tage nicht zu Hause übernachte, fängt sie an, mir alles vollzupissen. Und sperre ich sie aus auf den Balkon, macht in den Nächten in der halben Innenstadt kein Mensch ein Auge zu. Sie hat diese Stimme, muss man wissen.
    „Außer der Katze habe ich ja sonst niemanden zum Reden“, fuhr Frau Mohr ungeachtet meiner Einwände fort.
    So, dachte ich, genau so werde ich auch mal. „Da waren wieder diese beiden Türken.“
    „Kurden“, sagte ich.
    „Also, diese Ausländer. Einer hat mich mit einem Messer bedroht. Er sagte, Sie hätten seine Ehre beschmutzt.“ Einfache Leute. Mit starken Traditionen. Man muss sie nur ein bisschen näher kennenlernen, um tiefes Vertrauen in die Integrationsvisionen der Politiker zu entwickeln.
    „Sie haben hoffentlich gesagt, ich sei auf Wangerooge?“
    Edna Mohr schnalzte gereizt mit der Zunge. „Jetzt hören Sie mal damit auf“, meinte sie. „Das kann ich schon lange keinem mehr erzählen. Nein, ich hab denen gesagt, die Polizei hätte Sie abgeholt.“
    „Was?“
    „In Handschellen.“
    „Was?“ Selbst der misstrauischste Mensch der Welt käme kaum auf die Idee, diese reizende alte Dame könne je etwas anderes von sich geben als die reine, lautere Wahrheit. Und die Geschichte mit einem Detail wie den Handschellen zu untermauern war ... kunstvoll. Ein wenig baff und im wachsenden Bewusstsein, dass man aus dem Gewahrsam heraus nur schlecht Graffiti von seiner Wohnungstür rubbeln kann, ließ ich den Lappen sinken.
    „Ich habe ja überhaupt nicht gewusst, was für ein durchtriebenes Luder Sie sind, Frau Mohr.“ Edna lächelte ein bübisches Lächeln, das stillvergnügt all die Dinge implizierte, die ich nicht von ihr wusste. Eigentlich war ich ja wegen meiner Matratze hergekommen, also ging ich rein, zerrte sie vom Bett, raus in den Flur und dann weiter Richtung Treppenhaus, wo ich mich noch mal kurz umdrehte und winkte. „Schreiben Sie wenigstens ab und zu mal!“
    Sie waren zu fünft und hatten es offenbar gern warm um die Omme. Ich meine: Mützen und Kapuzen. Sich in der ach so gefährlichen Welt des Straßengangstertums die Ohren und auch noch das periphere Sehvermögen dermaßen zu verhängen, erscheint mir leichtsinnig, wenn nicht fahrlässig dämlich. Hast du mit einem von diesen Heinis ein Hühnchen zu rupfen, brauchst du dich noch nicht mal anzuschleichen. Du trittst einfach hinter ihn und schlägst ihm seelenruhig eins über den Schädel, und bis er endlich begriffen hat, was passiert ist, bist du schon wieder zu Hause. Da fragt man sich doch, warum sie sich nicht gleich auch noch die Augen verbinden.
    „Gib ma 'ne Zippe“, forderte der eine. Der mit dem Gebammel von Goldketten. Und stellte sich mir in den Weg. Groß, für sein Alter. Massig. Ob nur fleischig oder auch muskulös, war nicht zu sagen, unter der viel zu weit geschnittenen Jacke.
    Jetzt ist das Schleppen einer nur schwer zu greifenden Matratze keine Beschäftigung, die meiner Laune förderlich wäre. Und daran weiter gehindert zu werden, erst recht nicht. Fleischig oder muskulös? Ich beschloss, es darauf ankommen zu lassen.
    „Kauf dir selber welche“, ranzte ich. „Und jetzt verpiss dich.“
    „Ey, ey, bisschen
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