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Rosenherz-berbKopie

Titel: Rosenherz-berbKopie
Autoren: Unbekannt
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entdeckt hatte, davon
war in Faustinas Anweisungen nicht die Rede gewesen.
    Weder
würde er zurückgehen, um Karin Niebergalls Wohnung genauer zu
inspizieren, noch würde er jemanden aus der Nachbarschaft
alarmieren, er würde keinen Arzt benachrichtigen, und schon gar
nicht würde er die Polizei rufen. Er würde einfach warten, bis
seine Freunde aus dem Kino kamen, um dann gemeinsam mit ihnen zu
beratschlagen.
    Aber
mit jeder Minute, die er tatenlos verstreichen ließ, wuchs seine
Nervosität. Und obwohl er ein reines Gewissen hatte, wurde das
Gefühl, sich schuldig zu machen, immer stärker. Jetzt, da er auf
Dario und Guido wartete, schien die Zeit nur im Schneckentempo
vergehen zu wollen. Er zwang sich, nicht allzu oft auf die Uhr zu
schauen, tat es dann aber doch wieder und sah enttäuscht, dass seit
dem letzten Mal gerade zwei Minuten vergangen waren.
    Um
sich abzulenken, begann Fausto Albinelli den geplanten Brief an
seine Verlobte zu schreiben. Dreimal setzte er an, dreimal zerriss er
das Blatt wieder, bis er schließlich aufgab und stattdessen anfing,
das wenige Geschirr abzuwaschen, das noch vom Frühstück auf der
Spüle stand. Als das Radio lief, konnte er sich weder auf die Musik
noch auf die Beiträge konzentrieren. Schließlich ging er ins
Badezimmer, zog sich aus und legte sich in die Wanne.
    Er
versuchte, an Paola zu denken, er versuchte, an seine Eltern zu
denken, und er versuchte, an Mariele zu denken, aber immer wieder
schweiften seine Gedanken ab und landeten bei dem Fleck an Karin
Niebergalls Wand.
    Schließlich
traf er eine Entscheidung, die ihm so ungeheuerlich wie
unausweichlich schien. Er würde nicht warten, bis der Film, den sich
Guido und Dario anschauten, zu Ende war. Er würde zum Bahnhof gehen
und verlangen, dass man seine Freunde aus dem Kino holte.

    In
dem Kassenhäuschen saß ein älterer Mann über seiner Zeitung und
rauchte. Er blickte nicht einmal auf, als Fausto direkt vor ihm
stand und vorsichtig gegen die Scheibe pochte.
    «Film
läuft schon», sagte der Kassierer, ohne die Zigarette aus dem
Mund zu nehmen. «Nächste Vorstellung um neun.»
    «Ich
weiß», sagte der junge Mann, «aber meine Freunde sind drin. Sie
müssen ihnen Bescheid sagen, dass sie rauskommen.»
    Langsam
blätterte der Alte seine Zeitung um. «Ich muss gar nix. Ich muss
sterben», sagte er.
    «Hören
Sie, es ist wichtig. Es ist wirklich jemand gestorben, es geht
um einen Todesfall.»
    Der
Kassierer schniefte. Er ließ endlose Sekunden vergehen, dann
drückte er sorgfältig seine Zigarette aus. Endlich blickte er
Fausto an. «Nix gibt's. Hätt ich ja viel zu tun, wenn ich jedes Mal
den Film stören wollte, wenn jemand gestorben ist.»
    Dann
begriff Fausto Albinelli. Er zog sein Portemonnaie hervor, nahm ein
Zweimarkstück heraus und schob es unter der Scheibe hindurch.
    Der
Alte wackelte eine Weile mit dem Kopf, als sei er unschlüssig,
wie er auf diese neuerliche Unverschämtheit des Störenfrieds
reagieren solle, ließ dann aber die Münze mit einer raschen
Bewegung verschwinden und erhob sich umständlich von seinem
Stuhl. Als er sein Kassenhäuschen verlassen hatte, gab er dem
Jungen einen Wink, ihm zu folgen. Während Fausto vor Ungeduld
zappelte, schlurfte der Kassierer mit schwerfälligen Schritten
vor ihm her in Richtung der steilen Treppe, die zum Kinosaal führte.
Alle zwei, drei Stufen blieb er stehen, um zu verschnaufen.
    Als
er die Tür erreicht hatte, drehte er sich zu Fausto um, schaute ihn
aus feuchten Augen an und begann zu kichern: «So was Blödes»,
sagte er, «ein Todesfall. Hat man so was Blödes schon mal gehört.
Die Namen?»
    «Dario
und Guido.»
    «Was?»
    «Dario
und Guido», wiederholte Fausto. «So heißen meine Freunde.»
    Mit
offenem Mund starrte ihn der Kassierer an, dann schüttelte er wieder
den Kopf. «Itaker!», sagte er. «Glaubt man's denn. Ich störe
wegen zwei Itakern die Vorstellung.»

    Keine
halbe Stunde später standen die drei Freunde, jeder mit einer
brennenden Kerze in der Hand, im Treppenhaus der Kirchnerstraße 2
vor der dunklen Wohnung Karin Niebergalls. Sie schauten einander
unschlüssig an, bis Fausto kurz nickte und vorging.
    Während
seine Freunde in der Diele warteten, öffnete er die Tür, von der er
wusste, dass sich dahinter das Wohnzimmer der Nachbarin befand,
schaute sich kurz um, konnte aber nichts Auffälliges entdecken.
    «Leer»,
sagte er flüsternd und ging zum nächsten Raum.
    Er
hatte ihn kaum betreten, als er mit seinem rechten Fuß gegen
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