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Rosenherz-berbKopie

Titel: Rosenherz-berbKopie
Autoren: Unbekannt
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Fausto direkt auf den Heimweg. Er öffnete die Haustür, nahm im
Treppenflur immer zwei Stufen auf einmal, hielt aber schon auf dem
ersten Absatz inne und lief noch einmal nach unten, um nachzuschauen,
ob Post von seiner Verlobten gekommen war. Ein wenig enttäuscht
schloss er den leeren Briefkasten wieder und machte sich erneut an
den Aufstieg, im Kopf nun schon ein paar scherzhafte Ermahnungen an
Paola formulierend, die er aber sogleich mit zahlreichen
Liebesschwüren abmildern würde.
    Als
er im dritten Stock an der Wohnung von Karin Niebergall vorbeikam,
sah er, dass die Tür noch immer offen stand. Seine Beunruhigung vom
Morgen wich nun der Gewissheit, dass hier etwas nicht stimmen konnte.
Wieder klopfte er an, wieder rief er den Namen seiner Nachbarin,
wieder meldete sich niemand.
    Das
Innere der Wohnung war dunkel. Mit der Fußspitze schob er die Tür
ein wenig weiter auf, machte einen Schritt nach vorne und drückte
auf den Schalter für die Dielenlampe.
    Nichts.
Es blieb dunkel. Er senkte seine Stimme zu einem Flüstern: «Signora
Niebergall, sind Sie zu Hause? Geht es Ihnen gut?»
    Es
war, als habe er Angst, das Unglück, das hier geschehen sein mochte,
durch seine Stimme erst hervorzurufen.
    «Ihr
Licht ist kaputt? Soll ich nachschauen?»
    Er
ging einen Meter weiter, dann sah er den Fleck an der Wand. Sofort
war er sicher, dass es sich um Blut handelte. Auch auf dem Boden
waren dunkle Flecken zu sehen. Fausto Albinelli schloss die Augen und
wich mit pochendem Herzen zurück bis zur Wohnungstür.
    Er
wollte gerade den Hausflur wieder betreten, als er das Geräusch von
Schritten hörte. Mit angehaltenem Atem blieb er stehen. Jemand kam
die Treppe herauf, ein Schlüssel klapperte, in einer der
unteren Etagen wurde eine Tür geöffnet und gleich darauf wieder
geschlossen.
    Dann
war es still.
    Eilig
huschte der junge Mann aus Karin Niebergalls Wohnung, lief so
leise er es vermochte bis ins Dachgeschoss, vermied dabei, auf
die knarrende vorletzte Stufe zu treten, und atmete erleichtert auf,
als er endlich in seinem Zimmer saß und überlegen konnte, was zu
tun war.
    Jedenfalls
würde er nicht zur Polizei gehen. Obwohl er selbst noch keine
Erfahrungen mit deutschen Polizisten gemacht hatte, war immer wieder
zu hören, dass man als «Spaghetti» schlecht behandelt wurde.
Außerdem musste er an die Ermahnungen seiner Patentante denken,
jener legendären Faustina, einer stattlichen Frau, von der es hieß,
sie habe als Partisanin im Kampf gegen die Deutschen wahre
Wundertaten vollbracht. So wurde erzählt, dass sie noch in den
letzten Tagen des Krieges einen deutschen Offizier, der ihr auf
unschickliche Weise nahe gekommen war, zu Tode gebracht habe,
indem sie ihn zunächst betrunken gemacht und sich dann auf das
Gesicht des Soldaten gesetzt habe und so lange sitzen geblieben sei,
bis der schmächtige Unhold aufgehört habe zu zappeln und
schließlich auch zu atmen.
    Es
war eine jener Geschichten, wie sie auf allen Dorf- und
Familienfesten ein ums andere Mal erzählt und bei jeder Wiederholung
weiter ausgeschmückt wurden, bis die Heranwachsenden, die ihnen
eben noch mit heißen Ohren zugehört hatten, schließlich die
Augen verdrehten und das Weite suchten.
    Dass
er nach Frankfurt gehen würde, hatte er seiner Tante erst einen
Tag vor der Abreise gestanden. Nie vergessen würde er Faustinas Rede
über das Wesen der Deutschen, vor denen sich zu hüten er ihr hoch
und sogar heilig hatte versprechen müssen. Die «Crucchi», so
hatte sie mit erhobenem Zeigefinger gepredigt, seien ebenso
verschlagen wie kulturlos, sie könnten nicht kochen, hätten
keine Lebensart, seien mal unterwürfig wie geschlagene Hunde, würden
einem aber gleich darauf, ohne mit der Wimper zu zucken, die Kehle
durchbeißen. Ja, darin sei dem dicken Churchill zuzustimmen:
Entweder habe man die Deutschen zu Füßen oder man habe sie am Hals.
Er, Fausto, solle
zusehen, ihnen aus dem Weg zu gehen, vor allem dann, wenn sie
Uniformen trügen oder Beamte seien, er solle sich mit keiner
deutschen Frau einlassen, solle darauf achten, genug Pasta zu essen,
nach einem schweren Essen einen Amaro nicht
zu verschmähen, seine Mutter zu ehren und seine Madrina nicht
ganz zu vergessen. Dann hatte sie ihn an ihre Brust gepresst,
eine Träne verdrückt und war ohne ein weiteres Wort gegangen.
    Was
man allerdings machen sollte, wenn man als italienischer
Zimmerkellner in Frankfurt lebte und einen Blutfleck hinter der
offenen Wohnungstür seiner deutschen Nachbarin
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