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Roman

Roman

Titel: Roman
Autoren: Shari Low
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war.
    Festgenommen. In Schwierigkeiten. Eine Nacht mit Gary verpasst. Vermutlich gegen Rosaline Harper ausgetauscht. Erniedrigt. Fertig.
    Und meine Eltern drohten damit, mich zu enterben.
    Nun, auf Regen folgt …

Lektion 14
    Manchmal erfordert das Leben eine gewisse Flexibilität
    »Hey! Da ist ja unsere Antwort auf die Kray-Zwillinge!«, lautete Tante Josies Begrüßung. »Ich habe die ganze Woche geübt, Marmorkuchen mit Nagelfeilen zu backen, falls ihr noch mal verhaftet werdet.«
    Ich verdrehte die Augen und warf meine Jeansjacke auf einen ihrer Küchenstühle. Tante Josies Haus war nur ein paar Straßen von unserem entfernt, aber in Wahrheit lagen Welten dazwischen. In unserer nagelneuen Sackgassendoppelhaushälfte herrschte perfekte Ordnung. Die Böden waren makellos, es lag kein Krümel auf der Arbeitsplatte in der Küche, und die Toiletten sahen aus, als wären sie noch nie benutzt worden. Selbst die Sofakissen mussten in einem bestimmten Winkel stehen, für den Fall, dass unser örtlicher Abgeordneter unangekündigt vorbeikommen oder das Jüngste Gericht tagen würde. Nicht auszudenken, dass die Russen auf den roten Knopf drückten, um uns auszulöschen, und unsere Polstermöbel wären unordentlich!
    In Tante Josies Haus herrschte dagegen das reinste Chaos. Die Möbel waren ein einziges Sammelsurium. Nichts passte zusammen, alles war alt, und in der Küche hatte sie Enten an der Wand. Enten! Diagonal angeordnet. Als ob die Natur vorgesehen hätte, dass sie in einer Fabrik in Taiwan gefertigt und dann an eine Trennwand genagelt werden, ohne je die Sonne gesehen zu haben. Tante Josie fand, sie passten gut zu der Keramikhenne, in der sie ihre Eier aufbewahrte, und dem chinesischen Koch auf der Fensterbank. Ein großes Naturschauspiel. Und zugleich das gemütlichste Haus, das man sich vorstellen konnte. Man zog am liebsten gleich die Schuhe aus, wenn man hereinkam, kuschelte sich in einen Sessel und tunkte Kekse in den Tee.
    Kurzum: Tante Josies Haus war eine Art Tierheim für Menschen. Immer wenn jemand heimatlos, vom Partner vor die Tür gesetzt oder von den Eltern enterbt wurde, einen Wasserrohrbruch oder die Handwerker im Haus hatte oder sich aus anderen Gründen vertrieben fühlte, fand er Zuflucht bei Tante Josie. Erst kürzlich hatten zwei Freunde von Michael eine ganze Woche auf ihren braunen Kunstledersofas verbracht, und im Gästezimmer wohnte ein Inder, der gekommen war, um Yoga zu lehren. Tante Josie bot einem immer eine Schulter zum Ausweinen an. Wann immer einer innerhalb eines Radius von zwei Meilen ein Problem, ein Dilemma oder sonst was hatte, hielt sie Trost, Getränke und was zu essen bereit. Tante Josie hatte drei Jobs, und ich bin ziemlich sicher, dass einer allein dazu da war, die wöchentlich benötigte Ration an Teebeuteln und Keksen für ihre Gäste zu zahlen.
    Der wahre Grund, weshalb so viele Leute zu ihr kamen, war der, dass Tante Josie ein Herz aus Gold hatte, witzig war und immer, immer ehrlich, auch wenn es wehtat … wie jetzt zum Beispiel.
    »Was zum Teufel habt ihr euch nur dabei gedacht? Das war echt superdämlich von euch.«
    Aber ihre Ehrlichkeit bot immer eine gewisse Zukunftsperspektive. »Ich kann gar nicht glauben, dass du in einem Pub warst, ohne einen gefälschten Ausweis dabeizuhaben.«
    Genau das ist der Grund, weshalb ich Tante Josie so liebe. Sie findet für alles eine Lösung.
    »Das Werkzeug steht schon bereit. Wasser hab ich auch schon aufgesetzt, und im Schrank sind noch Karamellwaffeln.«
    Karamellwaffeln. Das Antidepressivum der schottischen Arbeiterklasse.
    Ich nahm die Box mit den Zutaten für die Heimdauerwelle und begann sie auszuräumen. Während meiner gesamten Kindheit hatte ich zugesehen, wie sich Josie und ihre Freundinnen gegenseitig die Haare zu winzigen festen Löckchen drehten. Der Tag, an dem sie verkündet hatte, mein Samstagsjob beim Friseur qualifiziere mich, diese Arbeit ab sofort zu übernehmen, war für mich eine große Ehre gewesen. Ja, an dem Tag war ich zur Frau geworden. Zu einer, die richtig stark nach Ammoniak roch.
    Ich nahm einen Kamm, legte die winzigen Wickler zurecht und reichte Josie den Stapel Seidenpapierchen, die sie mir anreichen sollte, wenn ich gleich eine Locke nach der anderen aufdrehte. Eine Strähne abteilen. Mit Lotion tränken. Mit Papier umwickeln. Auf Wickler drehen. Mit einer Nadel feststecken. Versuchen, den ganzen Kopf fertigzukriegen, ehe die Dämpfe meine Lungen für immer schädigen würden. Je nach
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