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Röslein stach - Die Arena-Thriller

Röslein stach - Die Arena-Thriller

Titel: Röslein stach - Die Arena-Thriller
Autoren: Arena
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sie das nicht nur scherzhaft gemeint hatte.
    »Wir können uns doch in der Stadt treffen und durch die Klubs ziehen«, sagte Antonia, wohl ahnend, dass sie die drei nicht mehr oft sehen würde. Vielleicht gar nicht mehr.
    Immerhin schafften es Antonia und ihre Mutter, am Freitagmorgen versöhnt auseinanderzugehen. Antonia hatte am Abend zuvor ihr Jahreszeugnis auf dem Küchentisch liegen lassen. Daraufhin war ihre Mutter in ihr Zimmer gekommen, hatte sie für ihre guten Noten gelobt und ihr gesagt, dass sie sehr stolz auf sie wäre. Sie hatten sich umarmt und für einen kurzen Augenblick war wieder alles so gewesen wie früher. Außer, dass sie beide geweint hatten.
    Jetzt begleitete Frau Reuter ihre Tochter bis zur Bushaltestelle und half ihr, die zwei schweren Sporttaschen zu tragen.
    »Du weißt, du kannst jederzeit wiederkommen.«
    »Ich muss eh noch mein Fahrrad holen«, sagte Antonia.
    »Ich meine später. Wenn es nicht funktioniert oder wenn du nicht zurechtkommst. Versprich mir, dass du das tun wirst, Antonia!«
    Sie versprach es und dachte dabei: Niemals!
    »Was ist mit Ralph?«, fragte sie. Er würde voraussichtlich heute Abend von seinem Messebesuch zurückkommen. Wusste er eigentlich schon von ihrem Auszug, hatte ihre Mutter ihm Bescheid gesagt? Aber interessierte Antonia das eigentlich noch? Nicht wirklich. Ralph würde es bestimmt nicht bedauern, sie los zu sein, genau wie umgekehrt.
    Im Grunde war es ihr ganz recht, dass sie sich nicht von ihm verabschieden musste. Er wäre ja doch nur dagegen gewesen, hätte tausend Bedenken geäußert, und sei es nur, um sie zu schikanieren.
    Ihre Mutter war plötzlich seltsam verlegen geworden. »Das mit Ralph kläre ich schon. Ich… ich werde ihm erst einmal sagen, dass du bei meiner Mutter wohnst. Sonst…« Der Satz blieb unvollendet. Antonia sah ihre Mutter verwundert an, doch bevor sie nachfragen konnte, kam schon der Bus. Sie umarmten sich, ihre Mutter weinte und auch Antonia hatte Tränen in den Augen, als der Bus anfuhr. Durch die schmutzige Scheibe sah sie ihre Mutter, die im Wartehäuschen der Haltestelle stand und zaghaft winkte. Wie klein und zerbrechlich sie plötzlich aussah. Irgendwie verloren. Und einsam. Unsinn, sagte sich Antonia und bekämpfte den aufkommenden Trennungsschmerz mit Sarkasmus: Sie ist nicht einsam, sie hat doch ihren Ralph und er hat sie nun für sich ganz allein. Und ich werde mein neues Leben genießen.
    Katies Bilder hatten nicht getrogen. Das Haus ließ trotz seiner etwas renovierungsbedürftigen Fassade ahnen, dass es einmal eine stolze, vornehme Villa gewesen war. Efeu wucherte im Vorgarten, durch den ein mit Platten markierter Weg über drei Stufen zur Haustür führte. Eine späte Rose neigte sich anmutig über den rostigen Zaun mit den teilweise abgebrochenen Spitzen. Ein Idyll – rein optisch. Denn als Antonia mit ihren zwei Taschen vor ihrem zukünftigen Zuhause stand, wurde ihr schlagartig klar, warum die Miete hier so günstig war. Als die Villa erbaut worden war – 1892, wie eine in den Putz eingeritzte Zahl im Giebel verriet –, war der Lindener Berg eine noble, großbürgerliche Gegend gewesen. Heute sah es hier jedoch ganz anders aus, auch wenn die Villen geblieben waren – die Eleganz vergangener Zeiten war passé. Denn gleich unterhalb des Berges verlief die B6, die auf dieser Seite der Stadt Westschnellweg hieß. Nur einen Steinwurf entfernt brauste der Verkehr stadtein- und stadtauswärts, sodass ein ständiges Rauschen in der Luft lag, das nahezu alle anderen Geräusche erstickte. Daran änderte auch die hohe Böschung nichts, in die die vierspurige Fahrbahn eingebettet war.
    Unwillkürlich musste Antonia an die Worte ihrer Mutter denken, als sie gestern Nachmittag gefragt hatte, ob Antonia sich das Zimmer denn überhaupt schon mal angesehen hätte.
    »Nur Fotos«, hatte Antonia gesagt. Erleichtert darüber, dass das Eis zwischen ihnen geschmolzen war, hatte Antonia ihr die Bilder auf ihrem Laptop gezeigt.
    »Und das soll nur zweihundert Euro kosten? Da ist doch bestimmt irgendein Haken dran«, hatte ihre Mutter vermutet.
    Und das also war der sprichwörtliche Haken: der Lärm der B6. Hätte mir Katie ruhig sagen können, grollte Antonia. Aber hätte sich Antonia davon wirklich abschrecken lassen? Nein! Was ist schon ein bisschen Verkehrsrauschen, verglichen mit dem Schweinemistgestank, dem sie gerade entronnen war – und gegen Ralph! Mit diesem Gedanken stieß Antonia die Gartenpforte auf, die in den
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