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Roen Orm 3: Kinder des Zwielichts (German Edition)

Roen Orm 3: Kinder des Zwielichts (German Edition)

Titel: Roen Orm 3: Kinder des Zwielichts (German Edition)
Autoren: Alexandra Balzer
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letzten Absatz:
„Nun beschließe ich meine Aufgabe, ich spüre, sie ist getan.
Ein neues Zeitalter hat begonnen, und es begann mit Inani, Tochter der Shora, und Inani wird mein Leben beenden.“
„Vierhundertsiebzehn Jahre, das hat vor dir niemand erreicht. Ay, das wird ein Haufen Arbeit, dich und dein Lebenswerk zu würdigen.“ Inani weigerte sich, über die mögliche Bedeutung von Yosis Schlusswort nachzudenken. Sollte wirklich jetzt schon die Zeit gekommen sein, ihre Lebensaufgabe zu erfüllen? Selbst Maondny hätte ihr nichts dazu sagen können. Oder vielmehr, die Traumseherin könnte ihr mehr sagen, als Inani jemals hören wollte, doch sie würde es nicht tun.
Inani sang die Lieder, die Yosi so sehr geliebt hatte, während sie ihre Augen mit dem Tuch verband, das die Alte in ihren knorrigen Händen umklammert hielt. Dann griff sie nach dem Korb, in dem Yosis Werk lag: Fast unsichtbare Fäden, fein säuberlich aus Yosis eigenem Haar gesponnen. Vierhundertsiebzehn Stück, darauf konnte Inani sich blind verlassen.
„Wenn eine Schwester fühlt, dass sie gehen muss, wird sie nach uns rufen. Jene, die ihr besonders nahe ist, in Seele und Wegstunden, steht in der Pflicht zu ihr zu eilen, den Todeskuss zu geben und sie in die nächste Welt zu führen. Die Rituale müssen durchgeführt werden, und für jedes Jahr, das die Schwester gelebt hat, muss ein Mensch getötet werden. Nur so kann man sicher sein, dass die Schwester bei der Dunklen Göttin erwacht und von ihr aufgenommen wird.“
Inani erinnerte sich noch genau an den Tag, an dem Shora diese Worte gesprochen hatte. Gemeinsam waren sie damals aufgebrochen, um dem Ruf einer Schwester zu folgen.
Dies alles lag schon so lange zurück ... Mutter, wir sehen uns wieder, zu Füßen der Göttin.
Inani riss sich zusammen. Es war nicht klug, zu lange an einem Ort zu verweilen, wenn man verfolgt wurde. Ihren eigenen, nun leeren Korb ließ sie zurück und wandte sich dann dem Feuer zu. Yosis wahres Vermächtnis – die Chronik, unzählige Pergamentseiten, gebunden in schweres Leder – trug sie unter ihrem Mantel verborgen. Sie wollte nicht den Nebel rufen, gewiss überwachte der Priester das magische Zwielicht. Sie wusste, er war fähig dazu, mehr als jeder andere …
Du wirst dich wundern, mein Freund!
„Tanzt, Flammen, tanzt!“, befahl sie, und das Feuer loderte auf. Mit tiefer kehliger Stimme sang sie uralte Worte, die kein sterblicher Mensch jemals gehört hatte, bis die Flammen jeder ihrer Bewegungen folgten. Inani wiegte ihren Körper zu dieser langsamen Melodie und trat schließlich auf die brennenden Holzscheite. Die Tür flog auf, der Sonnenpriester sprang mit gezogenem Schwert in den Raum. Zu spät! Inani winkte ihm spöttisch zu, bevor die Feuersäule sie verschlang.
Sie lachte noch immer leise, als sie längst schon wieder aus dem Schatten der dunklen Gasse getreten war, zu der das Feuer sie auf ihr Geheiß getragen hatte. Kaum eine Hexe war zu diesem Flammenzauber fähig, ein Jammer, dass es zu lange dauerte, um ihn im Kampf nutzen zu können. Inani wartete ein wenig, sie hatte es nicht eilig. Das zornige Gesicht des jungen Mannes hatte keinen Raum für Zweifel gelassen, er würde niemals aufgeben sie zu suchen.
Inani freute sich schon auf dieses Duell, er sah mittlerweile nach einem fähigen Magier aus. Sie war gespannt, wie Janiel sich entwickelt hatte.
     
Im dichten Getümmel des Markttages fiel nicht auf, dass eine Frau silberglänzende Fäden auf die Umhänge der Menschen verteilte. Links und rechts, nach allen Seiten, stundenlang. Bis auch dieses Körbchen leer war.
„Nun darfst du unbeschwert mit Geshar fliegen, Yosi. Dein Lebenswerk ist vollbracht“, flüsterte Inani. Sie setzte sich auf die Randsteine eines großen Brunnens, das leere Körbchen achtlos zu Boden geworfen, das Kopftuch ruhte nun auf ihren Schultern. Die meisten Leute starrten ängstlich auf ihre leuchtenden rotblonden Locken. In den letzten Jahren hatte sich die von Garnith begründete Irrlehre, dass rote Haare Zeichen einer Hexe waren, immer weiter ausgebreitet. Gewiss Rynwolfs Werk. Der neue Erzpriester selbst war zu klug, um auf solchen Aberglauben zu verfallen, davon war Inani überzeugt, doch er wusste, wie viel Macht er damit über das einfache Volk gewinnen konnte. Leise summend spielte sie mit dem Wasser, wartete müßig, dass der Priester endlich seinen Weg zu ihr fand.
Ein Aufschrei hallte über den Marktplatz, als ein alter Mann zuckend zu Boden fiel, die Hände über
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