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Robur der Sieger

Robur der Sieger

Titel: Robur der Sieger
Autoren: Jules Verne
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Umhertappen verboten und nur die Sicherheit des
    Blicks entscheidend war. Es galt, nach volkstümlichem Aus-
    druck, den Zirkel im Auge zu haben.
    Onkel Prudent stach seine Nadel ein und zu gleicher Zeit
    Phil Evans. Darauf wurde nachgemessen, welcher der bei-
    den Konkurrenten sich dem Mittelpunkt am meisten genä-
    hert hatte.
    Welches Wunder! Die beiden Männer hatten so vortreff-
    liches Augenmaß entwickelt, daß die Messungen keinen
    meßbaren Unterschied ergaben. War von ihnen auch nicht
    genau der mathematische Mittelpunkt getroffen worden, so
    erwies sich der Raum zwischen diesem und den beiden Na-
    deln kaum merkbar und schien bei beiden obendrein noch
    gleich groß zu sein.
    Die Versammlung befand sich nun in neuer Verlegen-
    heit.Zum Glück bestand eines der Mitglieder, Truk Milnor,
    darauf, die Messungen mit Hilfe eines mit Perreaux’ mikro-
    metischer Maschine geteilten Lineals noch einmal vorzu-
    nehmen, welche die Möglichkeit gewährt, noch ein 15/100 ei-
    nes Millimeters abzulesen. Auf dem Lineal waren in der Tat
    1.500 Abteilungen auf einem solchen kleinen Raum mittels
    Diamant eingeritzt, und bei Abmessung der Entfernung der
    Stiche von den betreffenden Mittelpunkten erhielt man fol-
    gendes Resultat:

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    — 27 —
    Onkel Prudent hatte sich dem Mittelpunkt auf weni-
    ger als 6 15/100 Millimeter genähert, Phil Evans auf nahezu
    9 15/100.
    Daher kam es, daß Phil Evans nur Schriftführer des Wel-
    don-Instituts wurde, während Onkel Prudent die Präsiden-
    tenwürde erhielt.
    Einer Entfernung von 3 15/100, mehr hatte es nicht be-
    durft, um Phil Evans mit Haß gegen Onkel Prudent zu er-
    füllen, mit einem Haß, der, wenn er ihn auch in sich ver-
    schloß, doch nicht minder grimmig war.
    Jener Zeit, und zwar seit dem letzten Viertel dieses 19.
    Jahrhunderts, hatte die Frage der lenkbaren Ballons immer-
    hin schon einige Fortschritte zu verzeichnen, die mit An-
    triebsschraube ausgerüsteten Gondeln, die Henry Giffard
    1852 an seinem verlängerten Ballon anbrachte, ferner Du-
    puy de Lôme, 1872, die Gebrüder Tissandier 1883 und die
    Kapitäne Krebs und Renard im Jahre 1884 hatten mindes-
    tens einige Ergebnisse erzielt, denen man Rechnung tragen
    mußte.
    Doch wenn diese Apparate in einem schwereren Me-
    dium als sie selbst, unter dem Druck einer Schraube manö-
    vrierend, eine schräge Richtung gegen den Wind einhielten,
    sogar gegen einen widrigen Luftzug aufkamen, um nach ih-
    rem Ausgangspunkt zurückzukehren, also wirklich gelenkt
    worden waren, so konnte das doch nur unter ganz beson-
    ders günstigen Umständen erreicht werden. In großen, ge-
    schlossenen ausgedehnten Hallen allerdings! In recht ruhi-
    ger Atmosphäre – das ging auch noch recht gut. Bei einem
    — 28 —
    leichten Wind von 5 bis 6 Meter in der Sekunde war es viel-
    leicht eben noch zu erzwingen – alles in allem hatte man
    eigentlich praktisch verwendbare Resultate aber noch nicht
    erzielt. Gegen einen Windmühlenwind von 8 Meter in der
    Sekunde würden jene Apparate nahezu stationär geblie-
    ben sein; vor einer frischen Brise von 10 Meter in der Se-
    kunde hätten sie in Gefahr geschwebt, zerrissen zu werden;
    und bei einem jener Zyklone, die 100 Meter in der Sekunde
    überschreiten, würde man von ihnen kein Stückchen wie-
    dergefunden haben.
    Selbst nach den scheinbar glänzend gelungenen Versu-
    chen der Kapitäne Krebs und Renard dürfte als bewiesen
    angesehen werden, daß die Aerostaten, wenn sie an Bewe-
    gungsfähigkeit auch ein wenig gewonnen hatten, mit dieser
    doch gerade nur gegen eine schwache Brise aufzukommen
    vermochten. Es war also nach wie vor als unmöglich zu be-
    trachten, diese Art der Fortbewegung durch die Luft prak-
    tisch zu verwenden.
    Während man sich aber so eifrig mit dem Problem der
    Lenkbarkeit der Aerostaten, das heißt mit den Mitteln be-
    schäftigte, diesen eine eigene Geschwindigkeit zu verleihen,
    hatte die Frage der Motoren unzweifelhaft weit schnellere
    Fortschritte gemacht. Anstelle der Dampfmaschinen und
    der Verwendung der bloßen Muskelkraft waren allmählich
    die elektrischen Motore getreten. Die Batterien mit doppelt-
    chromsaurem Natron, deren Elemente auf hohe Spannung
    angeordnet waren, wie sie die Gebrüder Tissandier benütz-
    ten, erzielten eine Schnelligkeit von etwa 4 Meter in der Se-
    — 29 —
    kunde. Die 12 PS entwickelnden dynamo-elektrischen Ma-
    schinen der Kapitäne Krebs und Renard gestatteten, eine
    Geschwindigkeit von im Mittel 6 Meter in
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