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Richard Castle

Richard Castle

Titel: Richard Castle
Autoren: Frozen Heat
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„Solange sie sich in diesem gefrorenen Zustand befindet, kann ich dir keine meiner üblichen vorläufigen Einschätzungen geben. Ich kann nicht einmal ihre Gliedmaßen bewegen, um herauszufinden, ob es noch andere Wunden, Verletzungen, Abwehrmale, Leichenflecke und so weiter gibt. Natürlich kann ich das später alles tun, aber jetzt eben noch nicht.“
    Nikki hielt den Blick starr auf die Stichwunde gerichtet und sagte: „Ich vermute, selbst die Einschätzung des Todeszeitpunkts stellt eine Herausforderung dar.“
    „Oh, sicher, aber keine Sorge. Wir dürften immer noch eine recht genaue Schätzung hinbekommen, sobald wir sie im Labor haben und mit den Untersuchungen beginnen können“, sagte die Gerichtsmedizinerin. Und dann fügte sie hinzu: „Vorausgesetzt, dass dort nach dem Erdbeben kein heilloses Durcheinander herrscht.“
    „Soweit ich gehört habe, halten sich die Verletzungen in Grenzen, und bisher war nichts Ernstes dabei.“
    „Das ist gut.“ Lauren betrachtete sie eingehend. „Bist du in Ordnung?“
    „Ja. Ich wusste nur nicht, dass ich heute einen Pullover brauchen würde.“
    „Ich schätze, ich bin eher an die Kälte gewöhnt, was?“ Sie zog die Kappe von ihrem Stift. „Ich gehe einfach mal ein Stück zur Seite und mache mir ein paar Notizen, während du dein übliches Ritual durchführst.“ Parry und Heat hatten schon oft genug zusammengearbeitet, um die Vorgehensweisen und Bedürfnisse der anderen zu kennen. So wusste Lauren zum Beispiel, dass sich Nikki an jedem Tatort zuallererst immer einen Gesamteindruck der Situation verschaffte, indem sie alles absolut unvoreingenommen aus jedem möglichen Blickwinkel betrachtete. Selbst die besten erfahrenen Ermittler hatten Heats Meinung nach oft das Problem, dass sie nach der jahrelangen Arbeit an zahllosen Mordfällen durch die Gewohnheit abstumpften. Erfahrung überlagerte Intuition, wodurch ihre Fähigkeit der unvoreingenommenen Beobachtung beeinträchtigt wurde. Wenn man einen Raffineriearbeiter fragen würde, wie er mit dem Gestank klarkomme, würde er antworten: „Welcher Gestank?“ Doch Detective Heat erinnerte sich immer noch daran, wie sich ihre ersten Mordfälle angefühlt hatten. Wie sie alles gesehen und dann nach mehr gesucht hatte. Wie jede noch so unscheinbare Kleinigkeit eine potenzielle Bedeutung haben konnte. Nichts durfte übersehen werden. Genauso wie die Erfahrung des Mordes an ihrer Mutter für ihre einfühlsame Herangehensweise an die Untersuchung eines Tatorts sorgte, half ihr der Glaube daran, stets unvoreingenommen zu bleiben, dabei, nicht in eine Routine abzurutschen und möglicherweise etwas Wichtiges zu übersehen. Sie erinnerte ihr Team oft daran, dass es stets darum ging, im richtigen Augenblick aufmerksam zu sein und die Dinge, die man bemerkte, auch richtig wahrzunehmen.
    Detective Heats Augen verrieten ihr, dass dieser Lieferwagen vermutlich nicht der Tatort des Mordes war. Sie lief durch den beengten Bereich des Frachtraums, leuchtete mit ihrer kleinen Taschenlampe auf den Boden und die Wände zwischen den Kisten und entdeckte keinerlei Blutspritzer. Später, nachdem die Leiche weggebracht worden war, würde die Beweissicherungseinheit sämtliche Kartons ausladen und sie einer gründlichen Untersuchung unterziehen, doch Nikki war sich ziemlich sicher, dass der Koffer mit dem vermutlich bereits toten Opfer darin in den Lieferwagen gebracht worden war. Der Zeitpunkt des Todes und eine Zeitlinie der Be- und Entladung des Fahrzeugs würden helfen, diese Theorie zu bestätigen. Sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf das Opfer.
    Parrys Einschätzung des Alters auf Anfang sechzig schien zu stimmen. Ihr Haar war recht kurz, und die geschäftsmäßige Frisur passte zu einer Frau dieses Alters. An den Haarwurzeln zeigte sich ein wenig Grau und Dunkelbraun, während der Rest honigblond gefärbt war und von leichten karamellfarbenen Strähnen durchzogen wurde. Das deutete auf zwei Dinge hin. Zum einen war sie offenbar eine wohlhabende Frau, der ihr Haar wichtig genug war, um sich einen teuren Schnitt und einen fähigen Koloristen zu leisten. Und zum anderen war sie trotz dieser Tatsache länger nicht beim Frisör gewesen. „Was hat sie davon abgehalten?“, schrieb Nikki auf ihren Notizblock. Die Kleidung war ähnlich geschmackvoll. Eine kleine Größe. Zwar von der Stange, aber eindeutig aus einer der gehobeneren Abteilungen des Kaufhauses. Die Bluse stammte aus einer aktuellen Kollektion, und der graue Anzug bestand
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