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Reise in die Unterwelt

Reise in die Unterwelt

Titel: Reise in die Unterwelt
Autoren: Michael Shea
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Gäste.
    »Es ist eine Karte der Kannibalenfestung, auf der ein Geheimgang ins Innere eingezeichnet ist. Dieser Geheimgang ist von außen leicht zu finden und macht ein Eindringen in die Festung völlig ungefährlich. Es ist jedoch angebracht, einen größeren Kampftrupp zusammenzustellen, damit keiner der Kannibalen eine Chance hat, zu entkommen. Aus diesem Grund sind wir bereit, aus den Reihen der Bürger von Grag neue Brüder aufzunehmen. Es ist nur eine geringe Summe als Eintrittsbeitrag erforderlich, für die der Rekrut als Schutz und zur Uniformierung ein schwarzes Ledercape erhält, ähnlich dem, das wir tragen. Packtiere und alles andere für die Expedition Erforderliche stellt die Bruderschaft. Der Aufbruch erfolgt morgen ganz früh.«
    Die Aussicht auf eine reiche Beute ließ fast alle der Anwesenden zur Einschreibung an den Tisch eilen. Mumber Sull überlegte, dann fragte er den Führer, der sich Verdulga nannte, ob sie sich als Außenstehende der Karawane anschließen dürften, da er mit seinem Lehnsmann beabsichtigte, in dieselbe Richtung zu reisen, und mit so vielen tapferen Helden wäre doch größere Sicherheit gewährleistet.
    Die Bitte wurde ihm gnädigst gestattet, und der Than erzählte Verdulga lang und breit von seiner Mission.
    Cugel hatte genug von dem Ganzen. Schweigend verließ er die Tafel, an der sich die neuen Verbündeten niedergelassen hatten, um zu feiern, und trat hinaus in den Hof. Einer der uniformierten Brüder fütterte gerade die Packtiere. Um die Zeit zu vertreiben, unterhielt Cugel sich ein wenig mit ihm, aber auch nicht ohne Hintergedanken. »Es ist nicht leicht, einem verrückten Herrn zu dienen, der einem Wunschtraum nachjagt«, seufzte er.
    »Ihr begleitet ihn nicht freiwillig?« fragte der drahtige kleine Mann, der sich als Trogl vorgestellt hatte.
    »Unsere Interessen liegen in verschiedenen Richtungen. Mein eigenes Ziel ist im Süden. Obgleich die versprochene Belohnung verlockend ist, bin ich nicht sehr erfreut, einen noch größeren Umweg machen zu müssen. Ich möchte von hier aus direkt in den Süden reisen, doch dazu benötige ich ein Reittier und Verpflegung für unterwegs.«
    Trogl ließ durchblicken, daß eventuell eines oder auch zwei der Packtiere zu haben seien, zu einem bestimmten Preis, natürlich. Cugel dachte an das Gold und die Juwelen des Thans, die mit ein wenig Geschick bald in seinen Besitz überwechseln würden, und erklärte sich zu einem Handel mit dem Bruder bereit.
    »Ich bin sicher, daß wir einander helfen können«, meinte Trogl. »Aber Ihr müßt Euch mit einer kleinen Änderung Eurer Pläne abfinden. Es gibt von Grag aus keinen Weg in den Süden. Wenn Ihr jedoch unsere Expedition bis fast an ihr Ziel begleitet, kreuzen wir die große Nord-Süd-Straße. Zu diesem Zeitpunkt werde ich zwei Packtiere mit ausreichend Proviant für Euch bereithalten. Ihr könnt Euch dann unbemerkt absetzen und von dort aus viel schneller in den Süden kommen, als es von Grag aus möglich wäre.«
    Cugel war einverstanden, um so mehr, als er dadurch ein wenig Zeit gewann und sich etwas einfallen lassen konnte, wie am besten an Sulls Wertsachen heranzukommen war.
     

 
2. Das Kannibalenfort
     
    Am nächsten Morgen verließen sie, Cugel, Sull, Verdulga mit zwölf Unterführern und dreißig Rekrutierten, die Herberge. Der Trupp war bei bester Laune, denn Verdulga und seine Mannen kannten viele unterhaltsame Lieder und Witze. Schon bald und dann in kurzen Abständen wurde eine Rast eingelegt und zur Stärkung großzügig Branntwein ausgeschenkt, und zu essen gab es ebenfalls reichlich. Für einen Beobachter mußte das Ganze eher den Eindruck eines Sonntagsausflugs denn eines Feldzugs erwecken. Lediglich die teilweise Uniformierung – die neuen Rekruten trugen alle einen schwarzen Lederumhang – verlieh vielleicht ein militärisches Aussehen. Die Umhänge hatten eine enge Kapuze und ein kompliziertes Riemenwerk, das den Rücken herunterbaumelte, und dessen Zweck den Männern zu einem späteren Zeitpunkt erklärt werden sollte. Sull und Cugel trugen diese Umhänge natürlich nicht, denn sie galten als freie Begleiter und gehörten auch jetzt nicht der Bruderschaft an.
    Der Than und sein Lehnsmann waren auch nicht betrunken wie die anderen. Mumber Sull war Abstinenzler und bedachte die johlende und grölende Gesellschaft mit Mißbilligung, doch Verdulgas Schmeicheleien hielten ihn ansonsten bei guter Laune. Cugel trank nicht, weil er die Vorahnung einer Gefahr hatte.
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