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Reise in die Unterwelt

Reise in die Unterwelt

Titel: Reise in die Unterwelt
Autoren: Michael Shea
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mundfaul und wenig hilfsbereit, als Mumber Sull ihnen einige Fragen stellte. Erst in einer Herberge, wo sie sich an Speis und Trank gütlich taten, hatten sie mehr Glück. Nach dem Essen winkte Mumber Sull den Wirt herbei. »Sagt mir, guter Mann, könnt Ihr mir verraten, wo Simbilis zu finden ist?«
    Der Wirt starrte ihn erstaunt an. »Wo schon! Fragt Ihr wahrhaftig im Ernst?«
    »Ihr wundert Euch über unser Unwissen?« Sull lächelte. »Wir sind Fremde hier und kommen von weit her, um den Erzzauberer zu sprechen. In welchem Stadtteil wohnt er?«
    Der Wirt betrachtete Mumber Sull einen Augenblick nachdenklich, dann setzte er sich zu ihnen an den Tisch. »Meine Herren«, meinte er. »Ihr müßt wahrhaftig von weither kommen. Simbilis lebt schon lange nicht mehr in der Stadt. Er verließ sie vor Äonen.«
    »Welche Enttäuschung! Kennt Ihr vielleicht seinen gegenwärtigen Aufenthalt?«
    Der Wirt blickte sich vorsichtig um, dann lehnte er sich näher. »Ihr habt Glück, in mir einen Mann zu treffen, der Näheres weiß über Simbilis' Ziel, als er die Stadt verließ. Durch Zufall gelangte in einem Trödlerladen eine alte Schriftrolle in meinen Besitz. Doch meint Ihr nicht, daß für eine so wertvolle Auskunft eine gewisse Entschädigung angebracht wäre?«
    Sull nickte steif. »Ich habe zwar kein Gold, doch etwas anderes, das Euch zusagen wird.« Er zog eines der Skubbastücke heraus und blickte gen Himmel. »Der Zweck, dem ich es zuführen werde, ist nicht privat, sondern im Interesse der Öffentlichkeit Icthylls, da es dazu beitragen soll, die gegen die Stadt begangenen Frevel wiedergutzumachen.«
    Der Than bewies, daß er viel Geschick zum Feilschen hatte. Er erstand für das Juwel nicht nur die gewünschte Auskunft, sondern auch einen Beutel mit Goldmünzen.
    »Ich erfuhr aus der Schriftrolle«, begann der Wirt, »daß Simbilis in einer Abschiedsrede bekanntgab, er beabsichtige sich in das Tal des Zoos zurückzuziehen, um dort eine Verbindungsstraße zwischen Ober- und Unterwelt zu bauen, damit ein reger Handel weitere Kriege zwischen dem Reich der Menschen und dem der Dämonen abwenden möge.«
    »Und wo liegt dieses Tal des Zoos?« fragte Sull aufgeregt.
    Der Wirt zuckte die Schultern. »Irgendwo im Westen. Mehr weiß ich leider nicht. Es kommt nie jemand von dort hierher, und wenige reisen westwärts. Jene, die es doch wagen, kehren nicht zurück. Fest steht nur, daß die Berge westlich von Grag ungemein gefährlich sind.«
    Nachdem der Wirt sich zurückgezogen hatte, nahmen Sull und sein Lehnsherr in der Stadt ein Bad und ließen sich mit frischer Kleidung versorgen. Am Abend kehrten sie zum Essen in die Herberge zurück. Sie hatten ihre Mahlzeit noch nicht beendet, als eine Gruppe rotuniformierter Männer in schwarzen Stiefeln und mit schwarzen Lederumhängen eintrat. Ihr Führer, ein rotgesichtiger kräftiger Mann, verhandelte mit dem Wirt, dann schob die Gruppe mehrere Tische zusammen und setzte sich an eine Seite davon. Nur ihr Führer, genau in der Mitte, blieb stehen. Abschätzend ließ er seine Augen über alle Anwesenden schweifen und begann eine laute Ansprache zu halten, deren Thema eine Kannibalenfestung in den Bergen westlich von Grag war.
    »Paßt auf«, flüsterte Sull seinem Lehnsmann zu. »Er spricht von der Richtung, in die wir reisen müssen.«
    »Ihr habt alle von den Kannibalen gehört, die der Hauptgrund sind, daß keiner zurückkehrt, der sich in den Westen wagt. Mit der Menge an Menschenfleisch, die diese Ungeheuer vertilgt haben, wuchs ihr Reichtum, den sie ihren Opfern abnahmen. Das Gold, die Juwelen und andere Kostbarkeiten häufen sich in ihrem stinkigen Fort.« Er hielt inne, und ein Murmeln ging durch die Zuhörer.
    Mit dramatischer Geste schwang er eine vergilbte Schriftrolle und rief: »Seht her. Diese Karte gibt uns sowohl eine Möglichkeit, mit diesen Anthropophagen aufzuräumen, als auch zu ihrer Beute zu kommen. Wie ihr vielleicht bereits erkannt habt, sind wir die Bruderschaft der Befreier, deren Ziel es ist, die un- und nichtmenschlichen Wesen auszurotten, die eine Gefahr für die Menschheit darstellen. Durch einen glücklichen Zufall gelangten wir in den Besitz dieser Karte, und wir kamen hierher, damit die ehrenwerten Bürger Grags die ersten sein mögen, die von ihr profitieren, da gerade aus ihren Reihen die meisten Opfer kamen. Wer sonst hätte einen größeren Anspruch auf Rache und auf einen Anteil der Beute?«
    »Welche Art von Karte ist denn das?« rief einer der
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