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Raumstation Erde

Raumstation Erde

Titel: Raumstation Erde
Autoren: Clifford D. Simak
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Sie mich fragen, woher die Steine stammen, will ich Ihnen gleich sagen, daß ich das nicht weiß.«
    »Vielleicht hat er eine Mine.«
    »Selbst bei den mäßigen Preisen, die man ihm dafür bezahlt, müßte er ein anständiges Einkommen erzielen.«
    Lewis nickte. »Anscheinend schickt er nur eine neue Lieferung, sobald ihm das Bargeld ausgeht. Er braucht sicher nicht viel. Er lebt recht einfach, nach den Nahrungsmitteln zu schließen, die er einkauft. Aber er hat eine Menge Tageszeitungen, Nachrichtenmagazine und Dutzende von wissenschaftlichen Zeitschriften abonniert und kauft viele Bücher.«
    »Technische Werke?«
    »Zum Teil sicher, aber er unterrichtet sich vor allem über die neueste Entwicklung. Physik, Chemie, Biologie in dieser Richtung.«
    »Aber ich verstehe nicht - «
    »Klar. Ich auch nicht. Er ist kein Wissenschaftler. Zumindest hat er kein Studium hinter sich. Damals, als er noch zur Schule ging, wurde nicht sehr viel geboten - nicht im Sinn der heutigen wissenschaftlichen Ausbildung. Und was er da auch gelernt haben mag, wäre jetzt so ziemlich wertlos. Er besuchte die Volksschule - einklassig, wie es damals auf dem Land üblich war - und brachte einen Winter an einer sogenannten Akademie zu, die in Millville ein oder zwei Jahre lang bestand. Für den Fall, daß Sie nicht Bescheid wissen: das war in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts eine ganze Menge. Anscheinend war er ein recht intelligenter Bursche.«
    Hardwicke schüttelte den Kopf. »Klingt unglaublich. Sie haben alles nachgeprüft?«
    »So gut es ging. Ich mußte vorsichtig sein. Schließlich sollte niemand dahinterkommen. Übrigens, beinahe hätte ich es vergessen - er schreibt sehr viel. Er kauft große, gebundene Bücher im Dutzend und Tinte literweise.«
    Hardwicke stand auf und begann hin und her zu gehen.
    »Lewis«, sagte er, »wenn Sie mir nicht Ihre Ausweise gezeigt hätten, müßte ich das Ganze für einen schlechten Witz halten.«
    Er ging zu seinem Stuhl zurück und setzte sich. Er nahm den Bleistift und begann ihn wieder zwischen den Handflächen hin und her zu rollen.
    »Sie bearbeiten den Fall jetzt seit zwei Jahren«, meinte er. »Sie haben keine Ahnung?«
    »Nichts«, sagte Lewis. »Ich verstehe nicht das geringste. Deswegen bin ich ja hier.«
    »Erzählen Sie mir mehr von ihm. Aus der Zeit nach dem Krieg.«
    »Seine Mutter starb während seiner Abwesenheit«, berichtete Lewis. »Sein Vater und die Nachbarn begruben sie im privaten Friedhof. Das war damals so üblich. Der junge Wallace bekam Heimaturlaub, traf aber nicht rechtzeitig ein. Die Einbalsamierung war damals nicht sehr weit verbreitet, und das Reisen ging langsam. Nachher kehrte er in den Krieg zurück. Soweit ich feststellen konnte, war das sein einziger Urlaub. Der Vater lebte allein und bestellte die Farm. Soweit sich das noch klären läßt, muß er ein guter, für die damalige Zeit sogar ausgezeichneter Farmer gewesen sein. Er ließ sich Agrarzeitschriften kommen und hatte moderne Ansichten. Er befaßte sich mit Dingen wie Mehrfelderwirtschaft und Erosionsverhütung. Die Farm war nach modernen Gesichtspunkten nichts Besonderes, aber er konnte davon leben und sogar ein bißchen beiseitelegen.
    Dann kam Enoch vom Krieg zurück, und sie betrieben die Farm ungefähr ein Jahr lang gemeinsam. Der alte Mann kaufte einen Mäher - einen dieser von Pferden gezogenen Apparate mit einer Sichelschneide für Heu oder Korn. Das war sehr fortschrittlich. Eine Sense kam dagegen nicht auf.
    Eines Nachmittags fuhr der Alte hinaus, um ein Feld abzumähen. Die Pferde gingen durch. Irgend etwas muß sie erschreckt haben. Enochs Vater wurde vom Sitz geworfen, unmittelbar vor die Sichel. Kein schöner Tod.«
    Hardwicke schnitt eine Grimasse. »Scheußlich«, sagte er.
    »Enoch ging hinaus und trug die Leiche ins Haus. Dann ergriff er ein Gewehr und suchte die Pferde. Er fand sie am Feldrain, schoß sie nieder und ließ sie liegen. Buchstäblich. Jahrelang lagen ihre Skelette dort, wo er sie umgebracht hatte, an den Mäher angeschirrt, bis das Leder verrottete.
    Dann ging er ins Haus zurück und bahrte seinen Vater auf. Er wusch ihn, zog ihm den guten schwarzen Anzug an, legte den Toten auf ein Brett und schreinerte in der Scheune einen Sarg. Schließlich hob er neben dem Grab seiner Mutter ein neues Grab aus. Er wurde bei Laternenlicht fertig, ging ins Haus zurück und hielt bei seinem Vater Totenwache. Als der Morgen kam, machte er sich auf den Weg, um den nächsten Nachbarn zu
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