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Ratgeber Aggressives Verhalten

Ratgeber Aggressives Verhalten

Titel: Ratgeber Aggressives Verhalten
Autoren: Doepfner und Schmidt Petermann
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später auch im Kindergarten oder anderen Situationen. Bei manchen Kindern vermindern sich die oppositionellen und aggressiven Verhaltensprobleme noch im Verlaufe des Kindergartenalters.
    • Bei anderen Kindern nehmen die Verhaltensprobleme durch die Einschulung und die damit verbundenen Belastungen deutlich zu. Das aggressive Verhalten differenziert sich stärker aus, das heißt in immer mehr Bereichen (Freunde, Familie, Schule) treten Probleme zu Tage. Vielfach schöpfen die Kinder aus dem negativen Verhalten (z.B. Erpressungsstrategien) kurzfristige Bestätigung und freuen sich zum Beispiel daran, über andere Macht auszuüben. Die oft schnell einsetzenden schulischen Leistungsprobleme verstärken die Verhaltensproblematik.
    • Bei manchen Kindern verstärkt sich im Jugendalter das aggressiv-dissoziale Verhalten, hauptsächlich in Form von Schuleschwänzen, ausgeprägtem Lügen und Stehlen. Bei vielen Kindern, die über Jahre die Schule als negativ erlebt haben, tritt eine extreme Abneigung gegen alles auf, was mit schulischer Leistung zu tun hat.
    • Im jungen Erwachsenenalter (mit etwa 21 Jahren) bilden sich bei ungefähr 80% aller Betroffenen die aggressiv-dissozialenVerhaltensweisen zurück. Diese Gruppe setzt sich vor allem aus den Betroffenen zusammen, die im späten Kindes- und Jugendalter – quasi vorübergehend – aggressives Verhalten entwickelt haben. Solche Kinder haben nämlich bis zu dem Zeitpunkt, zu dem sie aggressives Verhalten zeigen, über viele Jahre positives Verhalten herausgebildet, auf das sie dann erfolgreich im jungen Erwachsenenalter zurückgreifen können. Der unmittelbare Grund, auf das „alte“, positive Verhalten zurückzukommen, erfolgt in der Regel durch die soziale Einbindung der Betroffenen. Das junge Erwachsenenalter hält nämlich neue, wichtige Aufgaben bereit; zum Beispiel Aufbau und Pflege einer Partnerschaft, berufliche Ausbildung und Tätigkeit. Durch solche neuen Aufgaben und „sozialen Anreize“ normalisiert sich offensichtlich das Sozialverhalten auf „natürliche Weise“. Die restlichen 20 % der Betroffenen zeigen besonders stabiles und schwer änderbares aggressiv-dissoziales Verhalten.

6 Was sind die Ursachen?
    Die Ursachen aggressiven Verhaltens liegen sowohl im Erziehungsverhalten der Eltern und/oder anderer wichtiger Bezugspersonen als auch in den sich über Jahre herausgebildeten Defiziten des Kindes. Aber auch grundlegende Temperamentsmerkmale, mit denen Kinder schon geboren werden, scheinen bei manchen Kindern eine wichtige Rolle zu spielen. Die Tatsache, dass viele Kinder mit einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) später auch aggressives und aggressiv-dissoziales Verhalten entwickeln, weist darauf hin, dass auch biologische Merkmale eine Rolle spielen können. Man weiß nämlich mittlerweile, dass die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) vor allem durch erbliche Faktoren bedingt ist. Insgesamt spielen jedoch die Umwelteinflüsse bei der Entwicklung von aggressivem Verhalten die wichtigste Rolle.
    Wir wollen zunächst das Erziehungsverhalten durchleuchten. Zu viele Geund Verbote können Aggressionen bei Kindern und Jugendlichen fördern. So erhöhen zu viele, vor allem unbegründete Einschränkungen oder widersprüchliche Anweisungen aggressives Verhalten. Der damit verbundene massive Druck der Eltern auf aggressives Verhalten ihres Kindes senkt die Kooperationsbereitschaft des Kindes, steigert die Verhaltensproblematik und verfestigt ungünstiges Interaktionsverhalten zwischen Eltern und Kind. Die Eltern geben hierbei ein Modell für ungute „Erpresserspiele“ in Familien ab (s.u.).
    Aber auch zu wenige Ge- und Verbote können aggressives Verhalten verursachen oder begünstigen. In solchen Fällen erhält das Kind im Erziehungsprozess keine hinreichende soziale Orientierung; in der Folge davon wird aggressives Verhalten zum Ausloten der Grenzen in der Erziehung eingesetzt. Vielfach nimmt in den letzten Jahren aggressives Verhalten deshalb zu, weil Eltern und andere Erziehungspersonen sich schwer tun, begründbare Anforderungen auszusprechen und konsequent abzuverlangen oder sinnvoll Grenzen zu setzen.
    Oft erfahren aggressive Kinder und Jugendliche zudem nur negative Rückmeldungen (Strafe, Nörgeln, mangelnde Beachtung) von ihren Bezugspersonen. Auffallend ist in solchen Familien, dass
    – sich die Eltern gegenüber ihrem Kind ablehnend verhalten,
    – sie unrealistische Erwartungen und Vorstellungen an
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