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Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Autoren: Klaus Erfmeyer
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liefern. Er hatte es gerade zugegeben. Er blieb stoisch dabei, den Rentner Gossmann nicht getötet zu haben. Wendel sagte nicht mehr und nicht weniger als das, was er gebetsmühlenartig immer wieder im Prozess behauptet und zuletzt den Richtern entgegengeschrien hatte. All dies hatte er auch Stephan geschrieben. Es war die Wiederholung des längst Bekannten. Stephan verzichtete darauf, Wendel darüber zu belehren, dass unter diesen Voraussetzungen ein Wiederaufnahmeverfahren sinnlos sei.
    »Sie fragen sich, warum ich Sie überhaupt herbestellt habe«, vermutete Wendel und sah Stephan aufmerksam und seltsam provozierend ins Gesicht. »Wir müssen ganz von vorn anfangen«, sagte er weich, doch es klang, als habe er diesen Satz für das Gespräch einstudiert, um ihn an passender Stelle zu platzieren.
    Stephan dachte an ihre gemeinsame Zeit zurück, in der er Wendel als durchgehend sturen und uneinsichtigen Menschen kennengelernt hatte, der wenig Bereitschaft zeigte, einen Perspektivwechsel zu wagen.
    »Wenn es einen Anwalt gibt, der sich in die Sache richtig – und zwar von Anfang an – einarbeiten und die Wahrheit finden kann, dann sind Sie das, Herr Knobel«, fuhr er fort. »Ich weiß, dass Sie nie Strafverteidiger waren. Aber Sie werden die Wahrheit finden können, und wenn Ihnen das gelingt, werden die prozessualen Finessen nicht so schwer sein. Notfalls lassen Sie sich von einem Fachmann helfen.«
    »Sie wurden im Mordprozess von Dr. Gereon Trost verteidigt«, entgegnete Stephan. »Er gilt als ausgewiesener Strafrechtsexperte. National anerkannt und renommierter Referent auf allen möglichen Tagungen.«
    Wendel nickte.
    »Sicher«, meinte er. »Und ich sage nichts gegen Dr. Trost. Aber er will keine Wiederaufnahme beantragen, weil er sie für aussichtslos hält. Das sage ich Ihnen ganz ehrlich. Ich hatte ihn bereits darum gebeten, als der Bundesgerichtshof meine Revision verworfen hatte. Über Monate, nein, über Jahre habe ich ihn immer wieder gedrängt, für mich tätig zu werden oder mir zumindest einen anderen Anwalt zu nennen, der mich vertreten könnte. Tatsächlich hat er mir vier oder fünf Anwälte vermittelt. Aber der eine interessierte sich nur halbherzig für den Fall und winkte ab, als ich ihm gestehen musste, dass ich ihn nicht würde bezahlen können. Zwei oder drei hielten mein Ansinnen schon nach bloßem Lesen des Urteils für chancenlos, und einer meinte sogar, dass ich darüber froh sein sollte, dass mir eine anschließende Sicherungsverwahrung erspart geblieben sei. Alle Beweise sprächen gegen mich. Für sie war ich der Täter. Darin waren sich alle einig. Genauso, wie ich für Dr. Trost nach wie vor der Täter bin. Trost sagte immer wieder, dass er die aus seiner Sicht schlüssige Argumentation der Staatsanwaltschaft nicht habe widerlegen können. Und neue Beweise, die aus heutiger Sicht zu einer anderen Beurteilung führen könnten, gäbe es nun mal nicht. Also keine Wiederaufnahme. Fertig.«
    »In den Medien stand zu lesen, dass Sie unzweifelhaft die Tatwaffe in der Hand hatten, Herr Wendel. Sie haben das stets bestritten. Wie erklären Sie sich Ihre Fingerabdrücke auf der Flasche, mit der Gossmann tödlich an seinem Hals verletzt wurde? In einem Wiederaufnahmeverfahren müssen wir zu diesem Punkt etwas sagen können. Es nützt nichts, die Fakten zu ignorieren.«
    Wendel schwieg einen Moment, ohne dass er sich mit Stephans Frage zu beschäftigen schien.
    »Was macht Ihre Lebensgefährtin, Herr Knobel?«, fragte er stattdessen unvermittelt.
    Stephan wich zurück. So kannte er Wendel. Die drängenden Fragen ließ er gern unbeantwortet im Raum stehen, wechselte nach seinem Belieben die Gesprächsebenen, brüskierte sein Gegenüber und gefiel sich offenbar darin, als Ignorant wahrgenommen zu werden.
    »Sind Sie noch zusammen?«, fragte Wendel. »Sie hieß Maria, wenn ich mich recht erinnere.«
    »Marie«, korrigierte Stephan. »Marie Schwarz. – Ja, wir sind noch zusammen«, bediente er Wendels Frage. »Wir sind Eltern einer kleinen Tochter. Sie heißt Elisa und ist jetzt acht Monate alt.«
    »Glückwunsch!« Wendel nickte anerkennend. »Ihr Leben baut sich weiter auf, meines reduziert sich. Das ist ein schlichter Befund. Mein Leben hatte gerade erst in neue Bahnen gefunden«, erinnerte er sich. »Etwa ein Jahr vor der vermeintlichen Tat habe ich meine spätere Frau kennengelernt. Wenige Monate danach haben wir geheiratet, und unmittelbar nach meiner Verurteilung hat sie die Scheidung
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